Kircheninstrument in St. Nikolai ist beim Café zur Orgel wieder zu hören. “Restaurierung der historischen Orgel wurde unabdingbar.“

Jork-Borstel. Es war eine Hiobsbotschaft, die Orgelbauer Martin Hillebrand genau vor einem Jahr der Borsteler Kirchengemeinde überbringen musste. Er entdeckte bei Reinigungsarbeiten an der Orgel den gefürchteten Bleifraß, der die über 1000 Pfeifen des Kircheninstrumentes in der Sankt-Nikolai-Kirche zu zersetzen drohte. "Eine Restaurierung der historischen Orgel wurde unabdingbar, um sie vor verheerenden Korrosionsschäden durch giftiges Bleiweiß zu retten", sagt Jürgen Wiesecke vom Kirchenvorstand Lühekirchen. Nun sind die Restaurierungen abgeschlossen, Hillebrand hat 1021 Orgelpfeifen gerettet und das kostbare Instrument in der rund 600 Jahre alten Kirche kann wieder erklingen.

Ab Sonnabend, 21. April, gibt es wieder an jedem Wochenende bis zum Jorker Blütenfest das "Café zur Orgel", das die Kirchengemeinde von St. Nikolai organisiert. "Wir sind sehr froh und glücklich, dass dazu und in den Gottesdiensten nun wieder auf der Orgel gespielt werden kann", sagt die Borsteler Pastorin Anika Röling. Dass die vermutlich fast 500 Jahre alte Orgel wieder in voller Klangpracht zu hören ist, wurde durch eine rasche Finanzierung möglich.

Die Borsteler Kirchengemeinde mit der Vorsitzenden Karen Jäger engagierte sich, um das Finanzierungskonzept für die notwendigen 50 753,50 Euro zu stemmen. Unterstützung kam von Jürgen Wiesecke, der nach erfolgreichen Orgel-Restaurierungsprojekten in Mittelnkirchen und Steinkirchen unfangreiche Erfahrungen hat, Fördergeld einzuwerben. So konnte die Borsteler Orgelreparatur mit einer Unterstützung aus Leader-Mitteln der Europäischen Union in Höhe von 21 325 Euro sowie von der Landeskirche und Kirchengemeinde beigesteuerte 29 428,50 Euro geplant und realisiert werden, so Wiesecke.

Nachdem im März vorigen Jahres der Bleifraß bei den Reinigungsarbeiten entdeckt worden war, sei schnelles Handeln nötig gewesen, so Pastorin Röling. Der in vielen Kirchen längst zur Plage gewordene Korrosionsvorgang zersetzt die historischen Orgelpfeifen bis zum Zerbröseln. Schwankende Temperaturen in der Kirche führen zu Feuchtigkeit, die das Bilden von Bleikarbonat verursacht. Es entwickelt sich eine Korrosion, bei der sich recht schnell hellgraue und weiße Krusten von Bleikarbonat und Schwefelblei bilden, so Wiesecke. Es entstehen Löcher in den Bleipfeifen, die Pfeifen lösen sich förmlich auf, die Luft entweicht unkontrolliert und der Orgelklang leidet.

Pastorin Röling berichtet, dass lediglich die mit einer Zinnfolie überzogenen Prospektpfeifen an der Frontseite vom Bleifraß verschont geblieben seien. Orgelbauer Hillebrand hat die anderen Pfeifen ausgebaut und in seiner Werkstatt in Isernhagen bei Hannover restauriert.

Einige Orgelteile stammen bereits aus dem 16. Jahrhundert, das belegt eine Rechnung des Buxtehuder Orgelbauers Matthes Mahn aus dem Jahr 1584. Doch wie alt die Orgel genau ist, und wer sie erbaut hat, ist unbekannt. Nachgewiesen ist, dass Gottfried Fritzsche aus Altona-Ottensen in den Jahren 1637 und 1638 an der Orgel gearbeitet hat.. Fritzsche galt als ein wichtiger Vorgänger des berühmten Orgelbauers Arp Schnitger. Schnitger reparierte die Borsteler Orgel erstmals 1677. In den Annalen ist zu lesen, dass es Schnitgers erster Auftrag im Alten Land und gleichzeitig der erste selbstständige Auftrag des Orgelbaumeisters war.

Pastorin Röling hofft nun, dass nach der Orgelsanierung die Bauarbeiten in der spätgotischen Kirche mit barocker Innenausstattung abgeschlossen sind. Seit 2007 waren dort Restauratoren und Bauarbeiter am Werk. Denn erst zerbröselte das Mauerwerk, dann befiel der Gescheckte Nagekäfer den Dachstuhl der 600 Jahre alten Kirche. In den kommenden Jahren sollen noch das Gemeindehaus vor der Kirche und der 40 Meter hohe, holzverkleidete Glockenturm aus dem Jahr 1695 saniert werden, so die Pastorin.

Aber zunächst stehen die Konzerte im "Cafè zur Orgel" im Mittelpunkt der Veranstaltungen. Den Auftakt der Reihe machen am 21. April "Musik und Gesang in der Blüte", gestaltet von Annegret Holtgräve-Diercks und Gerhard Diercks, begleitet von Sabine Böshagen mit Flöten und Alwina Reichert am Klavier. Am 22. April folgt dann eine Orgel-Matinée mit der Organistin Susanne Wegener.

Am 28 April gibt der Kreiskantor Martin Böcker aus Stade ein Orgelkonzert, und am 5. Mai spielt Organistin Mari Fukumoto aus Japan in der Borsteler Kirche. Das Café zur Orgel ist sonnabends ab 12 Uhr und sonntags nach dem Gottesdienst ab 10.30 Uhr jeweils bis 17 Uhr geöffnet.