Olf von Kroge, der Hafenmeister im Stader Jachthafen, macht im Juni Schluss. Dann will er den Ruhestand genießen und seine Familie besuchen.

Stade. Das Radio spielt klassische Musik. Es duftet nach Kaffee. Olf von Kroge sitzt, gemütlich zurückgelehnt, im Holzstuhl auf seiner Brücke. In der rechten Hand hat er einen Becher Kaffee. Von hier aus, sagt er, habe er den ganzen Hafen im Blick. Das muss er auch, denn er ist Hafenmeister im Stader Jachthafen. "Da entgeht mir nichts. Früher saß ich in der Besenkammer des Toilettenhäuschens und musste dort die Hafengebühr kassieren", sagt er. Aus dieser Zeit stammt seine Angewohnheit, immer zwei frische Rosen im Waschraum der Damentoilette in Vasen zu stellen. "Die duften so schön", sagt er. Olf von Kroge ist im Stader Hafen der Kassierer, der Ansprechpartner bei Problemen, der Herr über die Toilettenschlüssel, der Einweiser und die Anlegehilfe in Personalunion.

Und sein Seemannsgarn ist auch nicht von schlechten Eltern. Nach der Rasse seines Hundes Justus gefragt, antwortet der 79-Jährige: "Justus ist ein nordfriesischer Brandungslöwe. Die wurden dort speziell dafür gezüchtet, die Besatzung von den Schiffen, die bei Sturm an den Strand getrieben wurden, von Bord zu jagen. Dann konnten die Bauern die Schiffe ausräumen." Auch wenn diese Geschichte von Hafenmeister von Kroge überaus glaubhaft vorgetragen wird, Hafenhund Justus ist eine waschechte wadenhohe Promenadenmischung und in der Saison von morgens bis abends mit Olf von Kroge im Dienst.

Und dann erzählt der ehemalige technische Angestellte der Hansestadt Stade, wie er zu seiner Brücke, die sein Büro, sein Empfangszimmer und seine Küche in einem ist, kam. "Mir gefiel einiges nicht, als ich 1997 hier als Hafenmeister in Stade anfing. Seit nach dem Krieg hatte es im Stader Hafen keinen Hafenmeister mehr gegeben. Zuerst habe ich dafür gesorgt, dass Sanitärcontainer mit vernünftigen Toiletten und Duschen für die Hafengäste aufgestellt wurden. Dann habe ich die Kollegen von den Stadtwerken von meiner Idee überzeugt, eine echte Schiffsbrücke aufzustellen, von der ich alles im Blick haben würde."

Von Kroge klapperte die Abwrackbetriebe im Hamburger Hafen ab. Nach langer Suche fand er einen, der noch drei ausrangierte Schiffsbrücken auf dem Hof stehen hatte. Der Stader fuhr nach Hamburg. Was er sah, gefiel ihm: eine alte Teakholz-Schiffsbrücke, gebaut auf einer Werft in Lauenburg. Heute steht sie auf einem Pult aus Stahl am Rand des Stader Hafenbeckens. Und in den inzwischen befestigten Sanitärcontainern gibt es für die Segler, die hier in der Hansestadt festmachen, auch eine Waschmaschine mit Trockner. Sogar eine kleine Bibliothek hat der Hafenmeister eingerichtet.

Segler haben Olf von Kroge, der seinen richtigen Vornamen Adolf noch nie mochte und ihn deshalb schon vor vielen Jahrzehnten in Olf abänderte, eine Mikrowelle für seine Brücke geschenkt. "Als meine Frau noch lebte, bin ich zum Mittagessen immer nach Hause gegangen, aber jetzt wärme ich mir hier in meiner Mikrowelle Tiefkühlgerichte auf", sagt der passionierte Wassersportler. Immer mehr Segler steuern die Schwingestadt an. Segler aus Skandinavien, Frankreich, England und sogar aus den USA kommen. Olf von Kroge hat für jede Nationalität eine Flagge im Hafen gehisst. Ein Segler aus Neuseeland habe ihn sogar zu sich nach Hause eingeladen. Die meisten Segler kennt von Kroge schon seit vielen Jahren. Stammgäste bekommen von ihm eine Weihnachtskarte nach Hause geschickt. Man ist per Du im Stader Hafen.

+++ Bauarbeiten am neuen Terminal im Hafen im Zeitplan +++

Ein eigenes Schiff hat der Hafenmeister derzeit nicht. Das mache bei dem Job wenig Sinn. "Wenn alle mit ihren Schiffen aufs Wasser gehen, bin ich hier im Hafen und mache meine Arbeit", sagt er. Wehmütig klingt das nicht. Während er früher nur ein Schiff gehabt habe, so der gebürtige Hechthäuser, der seit 30 Jahren in Stade lebt, habe er jetzt 50 oder 60 Schiffe. Spaß am Wassersport sei eine ganz wichtige Voraussetzung, um diesen Job machen zu können.

Der gelernte Handwerker hat viel gesehen von der Berufswelt, hat als Messeausrichter und Techniker gearbeitet, hat viele Jahre Jugendliche im Fach Werken unterrichtet, zuletzt war er bei der Stadt angestellt. Kurz bevor er in Rente gehen sollte, wurde er gefragt, ob er nicht Lust hätte, als Hafenmeister weiterzumachen. Der Stader Hafen gehört der Stadt, verwaltet wird er von den Stadtwerken.

Und welche Voraussetzungen außer einem Hang zu Segelsport muss jemand haben, um als Hafenmeister arbeiten zu können? Olf von Kroge: "Man muss kontaktfreudig sein, muss Organisationstalent haben. Das ist wichtig, wenn hier in der Hochsaison der Hafen so voll ist, dass man nicht schwimmen muss, um von einem Ende des Hafenbeckens zum anderen zu kommen, weil ein Schiff neben dem anderen liegt. Das muss alles ein bisschen passen." Vor drei Jahren sei sein Organisationstalent wirklich gefragt gewesen. "Da lagen hier 108 Schiffe", sagt er. Die 40-Meter-Schlengelanlage wurde auf 100 Meter erweitert. Mehr sei nicht drin.

Es ist Mittagszeit. Bald ist wieder auflaufendes Wasser. Dann füllt sich der Hafen wieder mit Schwinge-Wasser, und die Schiffe können einlaufen. Aber jetzt ist noch der Schlickboden im Hafenbecken zu sehen. Olf von Kroge zeigt auf den Schlick. "Dort werden wir im Sommer Strandkörbe aufstellen", sagt er mit einem kaum merklichen Augenzwinkern. Dann schenkt Olf von Kroge noch mal Kaffee nach. Im Juni sei Schluss, sagt er. Nach zwei Schlaganfällen sei es an der Zeit. "Immerhin gehe ich jetzt haarscharf auf die 80 zu", sagt er.

Ein Nachfolger, ein echter "Pfundskerl", so der Hafenmeister, sei gefunden. Für ihn sei jetzt die Zeit, seine Stader Wohnung zu genießen. Von ihr aus kann er auf den Fischmarkt sehen. "Ich werde meine Kinder in Flensburg besuchen. Meine Tochter hat eine Jacht. Da kann ich mit an Bord gehen", sagt von Kroge. Und immerhin wohne er ja gar nicht weit vom Hafen entfernt. Da sei es ganz klar, dass er seinen Nachfolger auch mal besuche, ihm helfe oder eine Urlaubsvertretung übernehme. Von Kroge: "Er muss seinen eigenen Stil finden, sonst wird er doch nur mit mir verglichen."