Transplantationsbeauftragter des Universitätsklinikums Eppendorf hofft, dass sich künftig mehr Menschen mit dem Thema Organspende auseinandersetzen

Dr. Gerold Söffker, 42, ist seit 2009 Transplantationsbeauftragter der Uniklinik Eppendorf. Er spricht im Abendblatt-Interview über Voraussetzungen für Organtransplantationen.

Hamburger Abendblatt: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Organ gespendet werden kann?

Dr. Gerold Söffker :Zunächst muss eindeutig durch zwei unabhängige Ärzte der Hirntod festgestellt worden sein. Und vorausgesetzt, ein Organ ist funktionsfähig, muss vor allem eine Zustimmung zur Organspende vorliegen. Und das ist meistens das Problem.

Inwiefern?

Söffker: Die wenigsten Menschen haben sich zu Lebzeiten zu diesem Thema geäußert. Deshalb müssen wir uns bei den Angehörigen erkundigen, ob sie einer Organspende des Verstorbenen zustimmen können oder nicht. Das müssen wir zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt erfragen - dann, wenn sie den Hirntod ihres Verwandten verarbeiten müssen.

Kritiker sagen, der Hirntod sei nicht mit dem Tod gleichzusetzen. Macht sich die Medizin da etwas für Organspenden zunutze?

Söffker : Nein. Der Hirntod ist wie der Kreislauftod durch Herzversagen ein mögliches Organversagen bei Patienten mit sehr schwerer Hirnschädigung. Mit Organspende hat das zunächst einmal noch nichts zu tun. Der Hirntod führt auch immer zum Atemstillstand, und der folgende Kreislauftod wird nur durch die intensivmedizinische Beatmungstherapie zunächst verhindert. Ein kompletter Gehirnausfall rechtfertigt keine weitere Intensivtherapie mehr, denn was sollte das Therapieziel noch sein? Das deckt sich auch mit dem Empfinden der Patienten. Viele schreiben zum Beispiel in ihren Patientenverfügungen nieder, dass sie nicht mehr weiterleben möchten, sollte das Gehirn nicht mehr intakt sein. Was nutzt es mir, wenn zum Beispiel die Leber noch intakt ist, aber meine Gehirnfunktion erloschen ist? Mit einer derartigen Diskussion über den Hirntod wird den Leuten Angst gemacht. Aber das Schwierige ist auch, den Angehörigen den Hirntod begreifbar zu machen.

Warum?

Söffker: Beim Gedanken an den Tod stellen sich die meisten Menschen einen leblosen, kalten Körper vor. Aber im Falle eines Hirntods sieht der Patient durch die intensivmedizinische Therapie immer noch so aus wie vorher. Er ist warm, liegt weiter an der Beatmungsmaschine und hat immer noch Blutdruck. Den Hirntod können die Angehörigen nicht fühlen, sie müssen der Diagnose glauben.

Wird die neue "Entscheidungslösung" die Zahl der Organspenden steigern?

Söffker: Ich bezweifle, dass es einen rapiden Anstieg geben wird. Aber wir hoffen, dass sich die Leute mehr mit dem Thema auseinandersetzen und sich mitteilen, sodass nicht die Angehörigen die Last der Entscheidung haben.