Ländliche Erwachsenenbildung organisiert Informationsnachmittag am Mittwoch in Fredenbeck. Interesse in Stade groß.

Stade/Buxtehude. Einfach zuhören, der Stimme des Erwachsenen lauschen und dabei in eine Fantasiewelt eintauchen. Zu vielen Kindern im Landkreis blieben die Vorzüge des Vorlesens zu Hause verwehrt, sagt Monika Polle. Deswegen koordiniert sie im Auftrag der Ländlichen Erwachsenenbildung (LEB) Stade Vorlesepaten für Kindergärten in Himmelpforten, Harsefeld, Oldendorf und Fredenbeck.

Die ehrenamtlichen Vorleser sind bereits kreisweit im Einsatz - gesucht werden aber fast überall weitere. Morgen werben erfahrene Vorlesepaten in Fredenbeck für das schöne Ehrenamt. Künftige Paten sind zu dem Informationsaustausch eingeladen.

Einer, der an diesem Treffen teilnimmt und zu den erfahrenen Ehrenamtlichen gehört, ist Wolfgang Weh. Der 63-Jährige aus Fredenbeck liest den Kindern aus dem Kindergarten "Haus für Kinder" seit einem halben Jahr einmal in der Woche vor. Mit Erfolg. Kommt er durch die Tür des Kindergartens, laufen die Kinder auf ihn zu. Geht er die Treppe hinauf, folgen ihm die Kleinen. Setzt er sich auf den Stuhl im Vorleseraum, lehnt sich Carlotta, 3, an ihn, die anderen Kinder setzen sich um ihn herum, sie haben nur noch seine Lippenbewegungen im Blick.

+++ Jede Kita braucht Vorlesepaten +++

"Ich hatte gehört, dass Lesepaten gesucht werden, und seit ich Rentner bin, habe ich die Zeit. Es macht mir wirklich Spaß, den Kindern eine Freude zu bereiten", sagt der pensionierte Lehrer. In drei Gruppen sind die Kinder, denen er vorliest, aufgeteilt. Welches Buch Weh vorliest, sucht er selbst aus, eine kleine Auswahl von Büchern bringt er immer aus der Gemeindebücherei mit.

Ob der Pate eine Geschichten bis zum Ende erzählt, hängt allerdings von den Kindern ab. "Es kommt vor, dass ich nur zehn Minuten vorlese. Die Fünfjährigen haben beim letzten Mal zum Beispiel nur gegackert, da konnte ich nicht viel lesen. Dann muss ich flexibel reagieren", sagt Weh, der sowohl seinen beiden Töchtern als auch seinen Schülern immer schon gern vorgelesen hat.

Schwierigkeiten mit den Kindern hatte Weh nie, allerdings sei das Über-Kopf-Lesen Übungssachen. Weh hält die Bücher nämlich so, dass die Kinder die Geschichte anhand der Bilder verfolgen können und muss deswegen über Kopf in das Buch schauen. Heute liest Weh eine Geschichte über Familie Troll vor. Carlotta meint, das sei "gut", Justin, 4, sagt dazu "toll" und Alexandra, 4, findet die Erzählung "lustig".

"Das ist ein tolles Angebot für die Kinder. Lesen ist etwas so Wichtiges für das spätere Leben und viele Kinder kennen das nicht von zu Hause", sagt Silke Wellbrock, die Leiterin des Kindergartens. Die Gemütlichkeit, die in der Vorlesesituation entstehe, könnten sie und ihre Kollegen den Kindern im Alltag nicht bieten. "Dass Wolfgang Weh zu uns kommt, ist ein Geschenk für uns und die Kinder. Das merken wir auch daran, dass wir durchweg positives Feedback von den Eltern erhalten, die Kleinen erzählen also zu Hause davon."

Auch in anderen Regionen des Landkreises läuft das Projekt der Vorlesepaten bereits. In Zusammenarbeit mit den Familienservicebüros kommen einige Kinder - beispielsweise in Drochtersen, dem Alten Land und Horneburg - schon jetzt in den Genuss, vorgelesen zu bekommen. "Auch wenn wir schon einige Paten im Einsatz haben, für unseren Kindergarten in Hüll suchen wir noch einen Freiwilligen", sagt die Leiterin des Familienservicebüros Drochtersen, Claudia Huntenborg.

Anders sieht es in der Hansestadt Stade aus, hier sind zurzeit mehr als zwanzig Ehrenamtliche im Einsatz. "Schon seit 2006 gibt es dieses Projekt in Stade. Alle Kindergärten, die mitmachen, nehmen das zusätzliche Angebot sehr dankbar an", sagt die Koordinatorin für Stade, Gisela Kleinschnittger. Überwiegend seien es Frauen ab 50 Jahren, die den Kindergartenkindern vorlesen, aber auch vier Männer haben sich für die Hansestadt gemeldet. Insgesamt gebe es in Stade genug Interessierte, sagt Kleinschnittger, die es schade findet, wenn sie nicht alle unterbringen kann.

Zu wenig Vorlesepaten gibt es dagegen in den Samtgemeinden Fredenbeck, Himmelpforten, Oldendorf und Harsefeld. "In Zusammenarbeit mit den Gleichstellungsbeauftragten der Samtgemeinden wollen wir das Vorlese-Projekt von der Stadt auf das Land bringen", sagt Monika Polle. Bislang gebe es inklusive Wolfgang Weh acht Freiwillige in dieser Region. "Das reicht nicht. Wir hoffen, dass wir für jeden Kindergarten mindestens einen Vorlesepaten finden. Das Interesse der Kitas ist nämlich sehr groß."

Polles Aufruf hat Marlene Wichern bereits vernommen. Die 63 Jahre alte Rentnerin stellt sich in dieser Woche in zwei Kindergärten in Hammah und Düdenbüttel als Vorlesepatin vor. "Ich habe viel Zeit und fühle mich nicht ausgefüllt", sagt Wichern. Sie freue sich auf die Zeit mit den Kindern, schließlich würden Kinder ihre Freude unmittelbar zeigen. "Es soll auch mir gut tun", sagt Wichern.

Wer wie Marlene Wichern Interesse hat, Kindern vorzulesen, kann sich bei Monika Polle unter Telefon 04149/ 81 62 melden oder morgen zum Treffen der Vorlesepaten kommen. Beginn ist um 15 Uhr im Rathaus Fredenbeck, Schwingestraße 1.