Beim Instrumentenkarussell konnten sich Marmstorfer Grundschüler auch an Pauken und Trompeten ausprobieren. Musik ist mehr als ein Hobby.

Harburg. An dieser Nummer hätten die Rock-Opas der englischen Kult-Band Queen garantiert ihre helle Freude gehabt: Als die 16 Schüler des Vororchesters der Grundschule Marmstorf beim jüngsten Musikaktionstag "Instrumentenkarussell" mit Pauken und Trompeten den Gassenhauer "We will rock you" schmetterten, bebte die Pausenhalle am Ernst-Bergeest-Weg in ihren Grundfesten. Die zahlreichen Zuhörer stampften im Takt mit den Füßen und klatschten in die Hände, dass es niemanden mehr auf seinem Platz hielt. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass Musik an dieser Schule Trumpf ist - dieser Auftritt lieferte ihn. Sicht-, vor allem aber hörbar.

"Zu musizieren ist weit mehr als ein Hobby, das viel Freude bereitet und das ganze Leben ungemein bereichern kann. Es fördert ein Kind auf vielfältige Weise und trägt so wesentlich zu seiner ganzheitlichen Entwicklung bei", sagt Wilhelm Klindworth, der als Klassenlehrer der 4d die Musikangebote der Schule koordiniert. Musik spielt im Lernkonzept der Lehreinrichtung eine zentrale Rolle - weit über den Rahmen des regulären Unterrichts hinaus. Das dokumentiert sich vor allem in dem schulübergreifenden Projekt Marmstorfer Schülerorchester (MSO). Hervorgegangen ist es 1972 aus einem Blockflötenkursus. Auf Anregung und Initiative von Schülern selbst. In Lehrerin Heidi Böhnke und dem Trompetenlehrer Bob Lanese fanden sie engagierte Förderer der Idee. Der gebürtige US-Amerikaner war viele Jahre erster Trompeter beim bekannten Orchester von James Last.

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Seit fast 20 Jahren leitet nunmehr Claudia Sommerfeld, Musiklehrerin des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums, das MSO. In dieser Zeit hat es sich weit über Hamburg hinaus einen Namen gemacht. Konzertreisen führten das Orchester unter anderem 2001 nach Schweden, 2004 nach England und 2007 nach Litauen. Im Repertoire finden sich neben klassischen Werken vor allem Film- und Musicalmelodien, aber auch bekannte Nummern aus den Bereichen Jazz, Latin und Pop.

Fast alle jungen Musiker gingen früher tatsächlich am Ernst-Bergeest-Weg zur Grundschule. Doch auch nach dem Wechsel in weiterführende Schulen blieben sie dem Orchester treu. So finden sich dort Schüler des Humbold-Gymnasiums Sinstorf, des Ebert-Gymnasium, des Heisenberg-Gymnasiums (beide Heimfeld), des Kant-Gymnasiums Eißendorf, der Stadtteilschule Harburg, der Stadtteilschule Sinstorf/Hanhoopsfeld. "So gesehen könnte man fast von einem Regionalorchester sprechen", sagt Klindworth.

Damit dem MSO die jungen Talente nicht ausgehen, gibt es alle zwei Jahre das "Instrumentenkarussell". Dort präsentieren sich nicht nur das sogenannte Vororchester und die beiden Bläserklassen der Grundschule Marmstorf. Auch jene 20 Instrumentallehrer, die interessierten Schülern ganzjährig Einzelunterricht in Klassenräumen geben. "Durch eine Sondergenehmigung der Schulbehörde können wir diese Möglichkeit anbieten. Von der nicht nur viele Schüler, auch einige Eltern regen Gebrauch machen", wie Schulleiterin Birgitta Lindhorst dem Abendblatt sagte.

So war auch jüngst der Andrang groß. Unweit der Pausenhalle stellte der gebürtige Japaner Hiroaki Sasaki (34) das Euphonium, eine kleine Tuba, vor. "Man sieht gleich, ob das Instrument zu einem Kind passt, oder nicht", so der freiberufliche Musiklehrer, der seit elf Jahren in Deutschland lebt. Dass Johanna Reinschild und Dion Kaliqanaj ihr Lieblingsinstrument bereits gefunden haben, bewiesen sie beim Auftritt der Bläsergruppe. Inbrünstig bliesen die beiden Neunjährigen beim "Räubertanz" in ihr Waldhorn. "Das ist groß und es ist laut, das passt super zu mir", erklärte Dion im Brustton tiefster Überzeugung.

Nach jedem "Instrumentenkarussell" registrieren die Organisatoren 70 bis 80 Anfragen von Schülern und Eltern. "Etwa 50 Prozent fangen dann tatsächlich an, das ist eine guter Schnitt", sagt Wilhelm Klindworth. So spielt momentan knapp die Hälfte aller 402 Marmstorfer Schüler ein Instrument.

Wie erfolgreich die Grundschule Marmstorf agiert, wird auch in einer Vielzahl von Auszeichnungen deutlich. 2009 beim Landeswettbewerb "Jugend jazzt" belegt das MSO auf Anhieb Rang zwei. 2010 wurde MSO-Leiterin Claudia Sommerfeld nicht nur mit dem "Harburger Musikpreis", sondern auch mit dem "Hamburger Kinder- und Jugendkulturpreis" der Dr. Langner-Stiftung geehrt. Und am vergangenen Donnerstag gab es beim jüngsten Musikaktionstag auch noch 25 neue Instrumente im Wert von mehr als 30 000 Euro, darunter acht Klarinetten, je vier Posaunen und Querflöten und drei Trompeten. Damit war die Schule großer Gewinner der mit 100 000 Euro dotierten Initiative "Jugend an die Instrumente" der Hamburger Sparkasse.