Apfelbaumpatin Heike Kohl pflegt Baum Nummer 85. Zwanzig Kilogramm Ernte sind garantiert

Heike Kohls Patenkind steht in erster Reihe, ist knorrig, gerade etwas kahl und trägt die Nummer 85. Es dauert eine halbe Stunde, bis die Frau aus Jork ihren schon ziemlich hoch gewachsenen Schützling ausgemacht hat. Zuerst muss sie Hunderte von anderen Apfelbäumen passieren.

Die 42-Jährige ist seit drei Jahren Patin eines Apfelbaumes auf dem Obsthof von Axel Schuback im Alten Land. Sie und ihr Mann Steffen Kohl, 43, möchten, dass ihre sieben Jahre alte Tochter Jule mehr über die Äpfel erfährt, als dass es das Obst im Supermarkt zu kaufen gibt. "Ich bin als ein richtiges Stadtkind in Ludwigshafen am Rhein groß geworden und wusste nicht viel über die Natur", sagt Steffen Kohl. "Unserem Kind soll es anders ergehen."

Jetzt kommen die Eltern jedes Jahr zur Erntezeit auf den Hof, um zusammen mit ihrer Tochter die Früchte vom Baum zu pflücken. Dieser Tag ist einer der Höhepunkte. Die Ernte in der Apfelpatenschaft ist das, was die Geburtstagsfeier für den Paten eines Kindes ist. Sie ist aber zugleich eine Art Belastungsprobe für die Beziehung zwischen Mensch und Apfel. Dann wird nämlich knallhart ermittelt: Wirft der Baum auch genug Früchte ab? Lohnt sich diese Patenschaft überhaupt?

Doch damit die Liebe zum Baum nicht leidet, garantiert Obstbauer Axel Schuback einen Mindestertrag von 20 Kilogramm und gibt das, was der Baum nicht leistet, aus seiner Ernte selbst dazu. "Die Natur ist nun einmal keine Schraubenfabrik. Es kann schon mal vorkommen, dass nur wenige Äpfel auf dem Baum sitzen", sagt Axel Schuback.

Vor neun Jahren hat der 40 Jahre alte Betreiber des 15 Hektar großen Obsthofes die Apfelpatenschaft im Alten Land eingeführt und inzwischen rund 1500 Paten die Urkunde ausgehändigt. Jeder Apfelbaum wird mit einer Nummer versehen, damit die Paten ihn auch bei einem Besuch leicht ausfindig machen können. Etwa die Hälfte der Paten kommt aus der Region. Aber ein Großteil ist über ganz Deutschland verteilt. Manche kommen aus Schweden und Belgien. Selbst ein Australier zählt zu den Paten.

Die Apfelpatenschaft, übrigens eine beliebte Geschenkidee, ist online per Mausklick zu haben. Sie kostet 44 Euro. Für jedes weitere Jahr sind 40 Euro fällig. Ein Apfelpate wird regelmäßig mit Informationen rund um die Frucht versorgt, erfährt etwa, welche Rolle die Honigbiene spielt. Neben dem Erntefest gibt es noch andere Ereignisse wie etwa den Baumschnitt, zu dem Schuback den Apfelpaten einlädt.

Heike und Steffen Kohl lassen es sich aber nicht nehmen, auch auf Spaziergängen durch das Alte Land bei ihrem Baum mit der Nummer 85 vorbeizuschauen. "Viele wollen sich davon überzeugen, dass sich der Baum auch entwickelt", erklärt Obstbauer Axel Schuback. Es ist wie in einer menschlichen Beziehung - sie muss nun einmal gepflegt werden.