Murat Kurnaz wird am 19. März 1982 als Sohn türkischer Einwanderer in Bremen geboren und wächst in Deutschland auf. Er ist türkischer Staatsbürger. Nach seinem Hauptschulabschluss beginnt er eine Ausbildung als Schiffbauer. 2001 heiratet Kurnaz in der Türkei und beginnt, sich stärker mit seinen muslimischen Wurzeln auseinanderzusetzen. Er besucht regelmäßig die Abu-Bakr-Moschee in Bremen.

Wenige Wochen nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York fliegt Murat Kurnaz am 3. Oktober 2001 nach Pakistan. Dort möchte er sich der der sunnitisch-orthodoxen Bewegung Tablighi Jamaat anschließen und an einer Pilgerreise der Gruppe teilnehmen. Pakistanische Sicherheitskräfte nehmen den 19-Jährigen im November 2001 fest und verkaufen ihn für ein Kopfgeld an die US-Truppen in Afghanistan.

Die Amerikaner stufen den Bremer als "feindlichen Kämpfer" ein und verlegen ihn im Januar 2002 in das Gefangenenlager Guantánamo. Ohne Anklage, ohne Verfahren und zunächst ohne Kontakt zur Außenwelt wird er festgehalten. Auch Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) befragen Kurnaz. Während dieser Verhöre sei er misshandelt worden, sagt der Bremer nach seiner Rückkehr. Kurnaz ist in Guantánamo Hunger, Hitze und Kälte ausgesetzt. Später berichtet er von stundenlangen Verhören, Folterungen mit Elektroschocks durch amerikanische Militärs und monatelanger Isolationshaft. Während seiner Haft lässt sich seine Frau von ihm scheiden. Im August 2006 wird Murat Kurnaz entlassen.

Zwei Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages und ein Sonderausschuss des Europäischen Parlaments beschäftigen sich mit dem Fall Kurnaz. Kurz nach seiner Festnahme war gegen Murat Kurnaz in Deutschland wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt worden. Der BND hatte angeblich Beweise dafür, dass der Bremer Kontakt zu Terrororganisationen hatte. Im Jahr 2007 kam es zu einem Eklat im sogenannten BND-Untersuchungsausschuss: Unterlagen, die Beweise liefern sollten, waren plötzlich verschwunden. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Im Abschlussbericht des CIA-Sonderausschusses des Europäischen Parlaments wird 2007 festgestellt, dass die USA der Bundesrepublik bereits im Jahr 2002 die Freilassung des Bremers angeboten hätten, da beide Staaten von der Unschuld Kurnaz' überzeugt gewesen seien. Die Bundesregierung habe das Angebot damals abgelehnt mit dem Hinweis auf die türkische Staatsbürgerschaft des Häftlings. Frank Walter Steinmeier (SPD), damals Kanzleramtschef und später Außenminister, bestreitet diese Darstellung bis heute.

Die Bremer Innenbehörde hebt im Jahr 2004 Kurnaz' unbefristete Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland mit der Begründung auf, er habe sich mehr als sechs Monate außerhalb der Bundesrepublik aufgehalten. Das Verwaltungsgericht der Hansestadt urteilt später: Aufgrund seines unfreiwilligen Aufenthalts in Guantánamo habe Kurnaz sein Aufenthaltsrecht in Deutschland nicht verwirkt.

Heute lebt Murat Kurnaz wieder in Bremen und kümmert sich als Sozialarbeiter um kriminelle Jugendliche. Über seine Erfahrungen in Guantánamo hat der 29-Jährige das Buch "Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantánamo" geschrieben, das 2007 im Rowohlt-Verlag erschienen ist. Der Bremer engagiert sich außerdem bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. 2008 beantragt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

Im Jahr 2011 wird der Dokumentarfilm "Die Guantánamo-Falle" erstmals in Deutschland gezeigt. Inzwischen haben auch Zuschauer in Neuseeland, Polen, Norwegen, Kanada, Südafrika und Israel die mit mehreren Preisen ausgezeichnete Produktion gesehen.