Johann Schlichtmann, Vorsitzender des Kreisfinanzausschuss, will trotz 6000 Euro Plus im Haushalt 2012 sparen. Kein Geld für das Natureum.

Stade. Mit rund 200 Millionen Euro Schuldenlast und einem minimalen Ertragsüberschuss von 6000 Euro im Haushalt 2012 steht der Landkreis Stade noch immer weit entfernt von einem ausgeglichenen Haushalt dar. Auch wenn die Verwaltung für 2013 und 2014 mit einem Beginn des Schuldenabbaus plant, setzt der Vorsitzende des Finanz- und Personalausschusses im Kreistag, Johann Schlichtmann (Freie Wählergemeinschaft) weiterhin auf konsequente Sparmaßnahmen. Denn noch immer sei in den Gemeinden und Kommunen die Angst vor erhöhter Schlüsselzuweisung aus Hannover allgegenwärtig.

Auch wenn die Kreisumlage zumindest vorerst stabil bleibt, so müsse es dennoch Ziel sein, den rund 197 000 Einwohnern des Landkreises langfristig nicht noch mehr Kosten aufzubürden. "Dafür habe ich persönlich den Mut, auch unpopuläre Entscheidungen zu vertreten", sagte Schlichtmann gestern vor den 48 Kreistagsabgeordneten und appellierte an deren "Lernfähigkeit" beim Sparen.

Dazu gehört zum Beispiel das für rund zwei Millionen Euro geplante Projekt "Küstenwelten", welches am Natureum in Balje entstehen sollte. Der Finanzausschuss des Landkreises Stade hatte bereits einen Antrag der Grünen-Fraktion abgelehnt, Geld für das Projekt in den Haushalt einzustellen, weil Sicherheiten für einen Kredit fehlen. Zwar solle das Natureum weiter unterstützt werden, eine große Investition für den Neubau einer rund 2500 Quadratmeter großen Halle in Form einer Meerassel sein derzeit nicht zu realisieren, so Schlichtmann. "Mit Blick auf den Haushalt müssen wir gemeinsam auf die Spaßbremse treten", sagte Schlichtmann.

Wo das allerdings geschehen solle, konterte der Kreistagsabgeordnete Klaus Quiatkowsky (SPD), sei schleierhaft. "Dieser Haushalt ist kein Jubelhaushalt, aber die Finanzmisere entstand nicht aus spaßhaften Ausgaben", sagte Quiatkowsky. Die hohen Sozialausgaben, die den Haushalt prägen, seien nicht zu umgehen. Bei den laufenden Ausgaben werden etwa 95 Millionen Euro nach wie vor für die soziale Sicherung ausgegeben. Zudem sei nicht zu spüren, dass die Steuern in den Kommunen sprudeln würden. Der Schuldenabbau sei so nicht zu schaffen.

"Die Grünen und meine Freunde in Berlin haben da keine politischen Glanztaten vorzuweisen", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef. In Sachen Kultur mache der Landkreis viel, für den Neubau am Natureum könne es daher derzeit keine Unterstützung geben, so Quiatkowsky. Er sah Einsparpotenziale etwa bei der Goldap-Patenschaft, die aber nur mit 2600 Euro pro Jahr zu Buche schlägt. "Im Jahr 2012 ist es vorbei mit Patenschaften, die Leute können selber nach Goldap fahren."

Hans-Jürgen Detje (CDU) nannte dieses Ansinnen "wirklich kleinlich" und appellierte an das politische Verantwortungsbewusstsein "gegen das Vergessen". Der Grünen-Fraktionschef Ulrich Hemke sieht Einsparpotenziale, wenn auf die A 20 verzichtet würde und "das Unfug-Projekt" Rübker Straße als Abfahrt der A 26 vom Tisch käme. Fraktionskollege Dieter Kröger pflichtete dem bei und verwies auf die Nachteile für Anwohner und Vogelschutz wenn mit dem "Rübker Kreisel" drei Autobahnabfahrten rund um Buxtehude gebaut würden. Detje nannte es dagegen "völlig falsch", Mittel für den Autobahnzubringer zu streichen, um sie für den Natureum-Neubau einzuplanen.

Wichtig sei es vor allem, dass 2012 keine neuen Fehlbeträge im Haushalt stünden, so Detje. Er verwies zudem auf die hervorragenden Leistungen, die der Wirtschaftsstandort Landkreis Stade zeige. Auch wenn viele der geplanten Ausgaben auf den Prüfstand müssten, so stimme seine Fraktion der Haushaltssatzung dennoch zu. Auch SPD-Urgestein Hans-Uwe Hansen verwies darauf, dass die A 26 nötig sei, weil die Verkehrswege nach Hamburg völlig überlastet seien. Die Idee, die Rübker Straße als Anschlussstelle auszubauen, sollte als realistische Möglichkeit geprüft werden.

Der CDU-Fraktionschef Helmut Dammann-Tamke sagte, dass bis 2017 das von der Bundesregierung initiierte Neuverschuldungsverbot in die Landesverfassung aufgenommen werden solle. Und er verwies auf den deutlichen Unterschied zwischen Investitionskrediten und Kassenkrediten von derzeit 40 Millionen Euro im Kreishaushalt. "Die Investitionskredite sind beispielhaft in Schul- und Bildungsprojekte geflossen, das sind gute Investitionen", sagte Dammann-Tamke. Bei acht Gegenstimmen und einer Enthaltung wurde der Haushalt für das Jahr 2012 mit großer Mehrheit beschlossen.