Die große Telefonaktion des Hamburger Abendblatts mit Ärzten des Krankenhauses Groß-Sand zum Thema “Schmerzen in Hüfte und Knie“.

Wilhelmsburg. Experten sagen, welche Diagnosemöglichkeiten es gibt, welche Behandlungsmöglichkeiten sinnvoll sind und wann operiert werden sollte.

Die Telefone standen nicht still. Zahlreiche Leserinnen und Leser haben bei der großen Telefonaktion des Hamburger Abendblattes mit Ärzten des Wilhelmsburger Krankenhauses Groß-Sand zum Thema "Schmerzen in Hüfte und Knie" teilgenommen. Dr. Wolfgang Reinpold, Chefarzt der Abteilung für Chirurgie, und Dr. Martina Milewski, Oberärztin der Abteilung für Chirurgie, hörten sich die Probleme der Leserinnen und Leser an und gaben nützliche Ratschläge. Das Abendblatt führte Protokoll.

Horst B., 84, aus Harburg: Ich habe immer Sport betrieben - Turnen, Fußball, Feldhandball, Leichtathletik. Noch immer spiele ich leidenschaftlich gerne Tennis, der Fußboden in der Halle ist sehr hart. Ich habe Beschwerden im rechten Knie und bekomme Spritzen mit Hyaluronsäure. Mein Arzt sagt, im Knie sei nichts kaputt. Soll ich mich weiter spritzen lassen?
Dr. Wolfgang Reinpold: Das halte ich für sinnvoll. Die Hyaluronsäure ersetzt die normale Gelenkflüssigkeit und hat einen schmierenden Effekt. Sie macht den Knorpel geschmeidig. Die Behandlung hilft bei rund zwei Drittel der Patienten - der positive Effekt hält ein bis zwei Jahre an, manchmal auch länger. Allerdings zahlt die gesetzliche Krankenkasse diese Leistung nicht. Jede Spritze kostet rund 50 Euro.

Marlies S. aus Schierhorn: Meine 80 Jahre alte Mutter wünscht sich zwei neue Hüften. Sie wird jedoch von den Ärzten immer wieder vertröstet, weil sie herzkrank ist und einen Bypass trägt. Was würden Sie ihr raten? Dr. Martina Milewski: Das ist kein Hindernisgrund. Man würde nicht beide Hüften auf einmal operieren, sondern im Abstand von drei oder sechs Monaten. Für den Kreislauf würde ein zusätzliches Medikament eingenommen werden. 80 Jahre ist heutzutage ein normales Alter für Hüftoperationen. Ich würde ihrer Mutter Mut machen und auf jeden Fall die chirurgische Sprechstunde in Anspruch nehmen.

Ingrid B., 82, aus Borgfelde: Mit meinem Rücken und meinem Knie war ich lange in Behandlung. Ich hatte einen Schlaganfall und sitze seit zwei Jahren im Rollstuhl. Ich habe sehr starke Schmerzen im Kniegelenk, wenn ich mich hinsetze oder mit Hilfe des Rollators aufstehe. Ist eine Knieoperation nach einem Schlaganfall noch möglich?
Dr. Wolfgang Reinpold: Bei ihnen dürfte eine große Operation mit dem Implantieren künstlicher Gelenke problematisch sein. Da sie schon lange im Rollstuhl sitzen, ist ihre Beinmuskulatur schon sehr schwach und auch die Blutgefäße sind nicht mehr gesund. Da stellt eine Operation ein erhöhtes Risiko dar. Nichtoperative Maßnahmen zur Schmerzlinderung dürften sinnvoller sein. Eine Ultraschalltherapie, eine Elektro- oder Magnetfeldtherapie, Spritzen mit örtlichen Betäubungsmitteln und Cortison ins Gelenk und eine lokale Wärme-/Kältebehandlung sind weniger belastend als eine große Operation. Wenn Sie nicht mehr gehen können, werden Sie nicht von einer Knieoperation profitieren können.

Angelika E., 55, aus Egestorf: Nach einem Bandscheibenvorfall habe ich trotz Akupunktur-Behandlung und dem Tragen von Schuheinlagen speziell beim Liegen Schmerzen in der linken Hüfte. Die ziehen sich vom hinteren Oberschenkel bis hin zur Wade. Was kann ich tun, damit die Schmerzen aufhören?
Dr. Martina Milewski: Es hört es sich für mich eher so an, als ob die Probleme mehr vom Rücken her kommen. Nichtsdestotrotz sollte die Hüfte, die weh tut, geröntgt werden. Es könnte sein, dass sich der Bandscheibenvorfall verschlimmert hat oder sogar ein neuer hinzugekommen ist. Im Zweifel empfehle ich dann eine Kernspinuntersuchung der unteren Lendenwirbel.

Rainer E., 69, aus Tostedt: Ich habe eine lange Leidensgeschichte: 2002 hatte ich eine Arthrose im rechten Kniegelenk, 2005 dann eine bakterielle Entzündung im Knie wegen einer chronischen Entzündung der Mandeln. Seitdem habe ich erhebliche Beschwerden. Mein Knie ist nicht operiert worden. Wiederholt wurden Kniegelenkspiegelungen gemacht. Mittlereile habe ich auch große Schmerzen in der Lendenwirbelsäule - es handelt sich um eine Vorstufe zum Bandscheibenvorfall. Die Schmerzen werden stärker und stärker. Daher bin ich eingeschränkt im Sport und in der Gartenarbeit. Was soll ich tun?
Dr. Wolfgang Reinpold: Sie sollten zuerst zu einem Wirbelsäulenspezialisten gehen und einen Neurochirurgen hinzuziehen. Es müsste eine genaue Untersuchung durchgeführt werden, ob an der Wirbelsäule operative Maßnahmen in Frage kommen. Als nichtoperative Maßnahme käme eine Spritzenbehandlung mit örtlichen Schmerzmitteln unter computertomografischer Kontrolle - eine sogenannte Facettengelenkinfiltration an der Wirbelsäule - in Frage. Ein Kniegelenkersatz ist angezeigt, wenn andere Behandlungsmöglichkeiten nicht mehr zu einer Besserung führen. Allerdings sollte man mit einer Operation nicht zu lange warten, sonst geht Lebensqualität für Jahre verloren. Bei Ihnen handelt es sich um einen infektbedingten Verschleiß, da kann ein Gelenkersatz angezeigt sein. Allerdings sollten die Schmerzen schon sehr stark sein, wenn man sich für eine OP entscheidet. Wenn die Schmerzen im Rücken im Vordergrund stehen, würde ich erst einmal dort ansetzen.

Christa S., 68, aus Wilhelmsburg: Mein größtes Anliegen sind meine starken Schmerzen, die ich seit vier Wochen in beiden Fußballen habe. Seitdem kann ich nicht mehr richtig gehen. Ich habe das Gefühl, ich laufe auf meinen Knochen. Auch tut mir die Wirbelsäule von oben bis zum Steiß weh. Meine Hüfte schmerzt und da keine Gelenkschmiere mehr vorhanden sein soll, sagt mir nun mein Arzt, dass er nichts mehr für mich tun kann. Ist das wirklich so?
Dr. Martina Milewski: Ihre Probleme scheinen vielschichtig zu sein. Dabei hört es sich sehr nach Verschleiß an. Damit wir weiter Klarheit schaffen können, müssten wir Sie sehen und uns persönlich ein Bild von ihren Problemen machen. Deshalb empfehle ich ihnen, mit uns einen Termin abzustimmen und mit den vorhandenen Röntgenbildern und einer Einweisung vom behandelnden Arzt in die chirurgische Sprechstunde zu kommen.

Dieter A., 74, aus Neugraben: Ich soll auf Anraten meines Orthopäden ein neues Kniegelenk bekommen. Ich habe Angst davor, denn ich bin 70 Prozent schwerbehindert, hatte Kinderlähmung und nehme nun Medikamente gegen Herzprobleme. Muss ich mir Sorgen um die Knie-Operation machen?
Dr. Martina Milewski: Sicherlich ist ein erhöhtes Risiko da. Vor der Operation wird jedoch genau gecheckt, ob es für sie besteht oder nicht. Die Technik ist heutzutage sehr gut. Wichtig ist, dass sie hinterher noch laufen können. Ich würde an ihrer Stelle an die Sache herangehen.

Renate K., 65, aus Tostedt : Ich bin begeisterte Skifahrerin und habe Arthrose im rechten Knie. Normalerweise behindert mich das nicht. Jetzt war ich gerade wieder Skifahren. Ich hatte zwei Nächte lang innen im Knie sehr große Schmerzen. Ich möchte aber noch länger Abfahrten fahren, weil der Spaß überwiegt.
Dr. Wolfgang Reinpold : Sie sollten eine genaue Diagnostik bei einem Orthopäden oder Unfallchirurgen machen. Dazu hört eine körperliche Untersuchung, Röntgen und eine Kernspinthomografie. Wenn alle Befunde vorliegen, bedarf es vielleicht auch noch einer Kniegelenkspiegelung. Schmerzen in der Knieinnenseite deuten auf einen Verschleiß des innenseitigen Kniehauptgelenkes hin. Hier muss man gucken, ob ein Meniskusriss vorliegt. Wenn nur der Meniskus defekt ist, dann müssen nur die defekten Teile entfernt werden, weil sie wie Sand im Getriebe wirken und den Knorpel oft unwiederbringlich zerstören. Danach wäre Skifahren auch wieder möglich. Allerdings bedeutet alpines Skifahren eine große Belastung für die Gelenke. Radfahren und Laufen sind hingegen kein Problem.

Wilhelm S., 79, aus Evendorf: Ich bin am Rücken operiert worden, doch die Schmerzen sind wiedergekommen. Nach Auskunft der Ärzte soll Verschleiß die Ursache sein. Da würden sie nichts mehr machen können. Auch Spritzen helfen nicht. Nun bekomme ich noch starke Schmerzmittel, doch die andauernd zu nehmen, ist nicht mein Ziel. Bin ich wirklich zu alt für eine zweite Operation?
Dr. Martina Milewski : Vorerst sollte eine Untersuchung vom Neurologen erfolgen, um zu schauen, ob die Nerven in Ordnung sind. Dann sollten sie ihrem Wunsch nachgehen und eine zweite Meinung einholen, ob eine weitere Operation sinnvoll sein könnte. Eine ausführliche Beratung könnte der Neurochirurg in unserem Haus geben.

Elke B., 68, aus Buchholz : Vor drei Jahren habe ich eine Hüftprothese bekommen - noch immer habe ich leichte Schwierigkeiten beim Gehen. Darf ich dieses Jahr endlich wieder Skilaufen oder sollte ich endgültig die Finger davon lassen?
Dr. Martina Milewski : Es spricht im Moment nichts dagegen, nur sollten sie vorsichtig beginnen und nicht gleich auf Risiko gehen und die schwarze Piste nehmen. Auch ist eine Vorbereitung der körperlichen Fitness wichtig. Dabei sollten sie vor Augen haben, dass man beim Skifahren immer stürzen könnte. Ich empfehle, die Hüftprothese noch mal durch Röntgen in dem Krankenhaus überprüfen zu lassen, in dem sie operiert worden sind. Es könnte sein, dass die Schmerzen von einer eventuellen Lockerung des Gelenks herrühren.

Dierk v. B., 68, aus Marmstorf : Ich mache viel Sport und Dehnübungen im Reha-Zentrum. Im Grunde bin ich noch ganz fit, ich komme noch mit den Hacken bis zum Hintern, aber ich habe ständig Schmerzen. Ich hatte links und rechts Kniegelenkspiegelungen. Jetzt mache ich Akupunktur, ich habe noch fünf Anwendungen vor mir. Die Beschwerden sind etwas zurückgegangen. Wie lange hält das an?
Dr. Wolfgang Reinpold : Das ist schwer zu sagen. Manche Patienten bleiben Jahre lang schmerzfrei, bei manchen schlägt die Akupunktur gar nicht an. Sie sollten die Akupunktur auf jeden Fall fortsetzen. Auch Spritzen mit Hyaluronsäure könnten Ihnen helfen, wenn nicht schon Knochen auf Knochen reibt. Zwei bis drei von 100 Patienten werden mit ihren künstlichen Kniegelenken trotz einer optimalen Operation nicht glücklich, deswegen sollte man eine Operation so lange wie möglich hinauszögern. Wenn sie eine Prothese implantieren, bleibt eine endgeradige Bewegungseinschränkung, die aber im Alltag nicht behindert. Wandern, Radfahren, Schwimmen und Gymnastik kann man machen.

Christiane G., 45, Seevetal : Ich leide unter starken Schmerzen im linken Knie. Nichts hat mir bisher geholfen. Weder Bandagen, noch Krankengymnastik und Schmerzmittel. Es soll ein Knorpelschaden vorliegen. Werde ich nie wieder schmerzfrei werden?
Dr. Martina Milewski : Knorpelschäden sind eine Art Arthrose und in ihrem Alter sowie nach ihrer Krankheitsgeschichte nichts Ungewöhnliches. Ich rate ihnen vorerst zu einer Kniegelenkspiegelung, bevor größere Eingriffe, wie zum Beispiel die Priedie-Bohrung und letztendlich das Einsetzen einer Knieprothese vorgenommen werden. Auch empfehle ich Bewegung wie Schwimmen, Spaziergänge auf möglichst weichem Boden mit gefedertem Schuhwerk und Radfahren.

Günther P., 61, aus Drage : Ich bin sportlich, nicht übergewichtig. Ich hatte eine Meniskus-Operation und habe Arthrose in den Knien. Jetzt habe ich Schmerzen. Ich habe gehört, dass es Meniskusprothesen für die Knie gibt.
Dr. Wolfgang Reinpold : Das ist noch experimentelle Chirurgie, das machen wir nicht am Krankenhaus Groß-Sand. Sie sollten sich erst einmal körperlich untersuchen lassen, mit Röntgen und einer Kernspinntomografie. Danach wissen wir, wie ihre Knorpel beschaffen sind und ob ein Meniskusschaden vorliegt, der durch eine Kniegelenkspiegelungsoperation behoben werden könnte. Eigentlich sind sie noch zu jung für eine Knieprothese.

Reimer C., 80, aus Buchholz : Seit zehn Jahren habe ich ein neues, linkes Hüftgelenk. Nun leide ich seit mehreren Wochen unter Schmerzen in der rechten Kniekehle. Ich kann es nur unter Schmerzen krümmen. Optisch ist das Knie in Ordnung, aber es wird einfach nicht besser. Ein neues Kniegelenk möchte ich nicht. Was kann ich tun?
Dr. Martina Milewski : Bevor erst Rückenprobleme auftauchen, sollten sie das Knie vom Hausarzt oder von einem Orthopäden gründlich untersuchen lassen. Eine Röntgenaufnahme würde zeigen, ob ein Verschleiß vorhanden ist. Würde man nichts erkennen, wären weitere Untersuchungen möglich. 80 Jahre ist kein Schreckensalter für eine Knie-Operation, wie es noch vor 100 Jahren der Fall gewesen wäre. Doch vorher könnten sie auch Linderung durch Krankengymnastik oder Spritzen bekommen.

Christiane N., 41, aus Neu Wulmstorf : Seit meiner Kindheit leide ich unter der Fehlform meiner Kniescheiben - Patella-Dysplasie - und habe Schmerzen. Ich habe Krankengymnastik bekommen, allerdings keine Folgerezepte für eine weitere Behandlung von meiner Krankenkasse erhalten. Auch Spezial-Schuhe habe ich mir angeschafft. Ich bin nicht scharf auf eine Operation, aber kann ich damit Arthrose-Schäden vorbeugen?
Dr. Martina Milewski : Eine operative Umstellung der Kniescheiben ist nicht immer mit Erfolg gekrönt. Deshalb rate ich ihnen vorerst, mit der Krankengymnastik weiterzumachen, auch wenn sie diese aus ihrer eigenen Tasche bezahlen müssen. Auch wenn es schwer fällt, sollten sie ihr Gewicht um rund zehn Kilo reduzieren, denn auch Übergewicht trägt zu den Beschwerden bei. Leichtes Wandern, Schwimmen und das Tragen von Spezial-Schuhen würde ich ebenfalls als vorbeugende Maßnahme vor einer Operation empfehlen.

Bärbel B., 54, aus Maschen : Ich rufe wegen meiner Mutter an. Sie ist 75 Jahre alt und hatte im Oktober 2010 einen Schlaganfall. Seitdem sitzt sie im Rollstuhl. Eigentlich ist sie schon so weit, dass sie laufen könnte - ein Knie ist schon vor dem Schlaganfall operiert worden. Jetzt wird das Bein mit dem kaputten Knie zum X-Bein. Operieren Sie auch Patienten, die einen Schlaganfall hatten und Marcumar nehmen?
Dr. Wolfgang Reinpold : Es ist durchaus möglich, auch noch nach einem Schlaganfall eine Knie-Operation durchzuführen. Dazu müsste Marcumar abgesetzt und durch niedermolekulare Heparinspritzen ersetzt werden. Zuerst einmal müsste geprüft werden, ob ihre Mutter mit dem bereits operierten Bein bereits stehen könnte. Wenn sie in der Wohnung noch ein paar Schritte laufen kann, wenn sie der Lebensmut nicht verlassen hat und sie bereit ist, einen größeren Eingriff auf sich zu nehmen, ist eine Operation in Erwägung zu ziehen. Allerdings sind dabei auf jeden Fall das Operations- und das Narkoserisiko abzuwägen.