Die Leitung des Elbeklinikums Stade sucht gemeinsam mit Medizinern und Hygiene-Experten intensiv nach dem Verbreitungsweg der Keime.

Stade. Wissenschaftler und Mediziner bestätigen es in den neuesten Studien: Der Anstieg von Infektionen durch MRE, wie "Multi-Resistente-Erreger" genannt werden, sei in Deutschland derzeit dramatisch, so die Expertin für Krankenhaushygiene und Umweltmedizin, Professor Petra Gastmeier von der Berliner Charité.

Nun wurde eine spezielle Art von Keimen des Darmbakteriums E.coli auf der Frühchenstation im Stader Elbeklinikum inzwischen bei acht Babys festgestellt. (Das Abendblatt berichtete.)

Kommentar: Unheil schon im Keim ersticken

"Die Zahl hat sich von fünf auf acht erhöht, weil wir nun alle Abstriche ausgewertet haben", sagt der ärztliche Direktor, Professor Benno Stinner. "Das Wichtigste dabei, die Kinder sind nicht erkrankt, nur Träger der Keime und müssen, wenn das so bleibt, auch nicht behandelt werden."

Nun konzentriert sich die Arbeit der Mediziner und Hygiene-Wissenschaftler auf die Suche nach dem Ursprung der Keime und ihren Verteilungsweg auf der Stader Intensivstation für Neugeborene. So viel sei klar: Sie werden durch direkten Kontakt übertragen, fliegen nicht wie Grippeviren durch die Luft, so Stinner.

"Durch Zufall haben wir die Keime vergangene Woche zunächst bei einem der Frühchen gefunden, das wegen einer Bindehautentzündung genauer untersucht wurde", sagt Oberarzt Dr. Martin Zellerhoff, Leiter der Intensivstation für Neugeborene. "Bei dem gefertigten Abstrich vom Augensekret wurde ein besonderes Darmbakterium festgestellt." Dabei handele es sich um einen so genannten MRSA-Keim, der sich besonders widerstandsfähig gegen Antibiotika zeige. Es werde damit gerechnet, dass in vier bis sechs Wochen die Keimnachweise bei den Frühchen wieder normal seien. Käme es zum Ausbruch einer Krankheit, seien die bislang nachgewiesenen Darmkeime auch behandelbar, so Zellerhoff.

Dennoch habe man mit Blick auf die im Bremer Klinikum Mitte im vergangenen Jahr an Darmkeimen verstorbenen drei Frühchen sofort Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen ergriffen, so der Geschäftsführer des Elbeklinikums Siegfried Ristau.

"Es handelt sich bei den in Stade gefundenen Keimen jedoch nicht um die gleichen, wie in Bremen", sagt Ristau. Man habe entschieden, vorsorglich die Frühchenstation für weitere Aufnahmen zu schließen, und Frauen mit einer Risikoschwangerschaft oder in Erwartung einer Risikogeburt müssen nun ins Altonaer Kinderkrankenhaus oder ins Mariahilf in Harburg ausweichen.

+++Fünf Babys im Elbeklinikum mit Darmkeim infiziert+++

Die betroffenen Babys wurden umgehend entsprechend der vorliegenden Hygienepläne isoliert. Bei allen Patienten der Station, beim Personal und den Eltern wurde eine Screening-Abstrich-Untersuchung veranlasst, deren endgültige Ergebnisse frühestens in einer Woche vorliegen, so Stinner. Die persönliche Betroffenheit und Kooperationsbereitschaft der 40 Mitarbeiter sei groß. "Es ist ein hochsensibler Bereich, damit gehen unsere Teams nicht nur professionell sondern auch sehr emotional um", sagt Professor Stinner. Die Gefahr sei besonders für zu früh geborene und unreife Babys sehr groß, da ihr Immunsystem sehr geschwächt ist. Deshalb werden nun alle Kontaktpersonen und Bereiche besonders streng geprüft, um ein weiteres Verbreiten der Keime zu verhindern.

Das größte Problem sei, dass diese Darmkeime überall zu finden sind, jeder könne Träger sein, ohne zu erkranken, so Dr. Gerhard Pallasch, Leiter des Gesundheitsamtes des Landkreises Stade. Man habe es inzwischen mit einer Durchseuchung der Bevölkerung zu tun, deren Ausmaß gar nicht bekannt sei. Man habe die Keime in der Darmflora, aber man entdecke sie nicht sofort, da sie nicht in jedem Falle krank machen. Für gesunde Neugeborene auf der Wöchnerinnenstation, seien diese Keime keine Gefahr, so der ärztliche Direktor Stinner.

"Obwohl diese Keime nicht meldepflichtig sind, wurden wir von den Elbekliniken sehr früh in alle Maßnahmen eingebunden", sagt Pallasch. Gemeinsam wolle man alles tun, um weitere Verbreitung der Keime zu verhindern. "Das Gesundheitsministerium in Hannover wurde frühzeitig informiert und das niedersächsische Landesgesundheitsamt hat über das Zentrum für Gesundheits- und Infektionsschutz (ZGI) weitere Unterstützung angeboten", sagt Siegfried Ristau.