Neues Gaststättengesetz: Seit Januar ist es verboten, in Diskotheken Alkohol an Betrunkene auszuschenken. Ein Besuch im MicMac in Moisburg.

Moisburg. Two for one. Den Slogan kennt jeder aus Klamottenläden. Man bezahlt eine Unterhose und bekommt zwei. Im Moisburger MicMac heißt das: zwei Mischungen zum Preis von einer. Dafür stehen die jungen Leute vor der Diskothek Schlange, warten junge Männer in Jeans und junge Frauen in kurzen Röcken und Pumps auf den Einlass, während der Regen auf ihre Köpfe prasselt.

"Two for one" - die Aktion scheint darauf abzuzielen, Alkohol unters Volk zu bringen. Wie verträgt sich dieses Rabatttrinken mit dem neuen niedersächsischen Gaststättengesetz, das im Januar in Kraft getreten ist? Nach Paragraf neun, Absatz zwei, ist es "im Gaststättegewerbe verboten, alkoholische Getränke an erkennbar betrunkene Personen abzugeben".

+++ "Nicht einmischen" +++

Es ist Mitternacht. Der Bass dröhnt dumpf aus dem Inneren der Disco und vermischt sich mit spitzem Kreischen junger Frauen. Partystimmung. Kumpel begegnen einander. Ein Klaps in den Nacken, ein Zwick-Zwack in die Wange im MicMac. Darauf die Frage: "Bist du voll?" Die bleibt unbeantwortet. Der Klapser verschwindet im Klo.

Kurz vor der Kasse dreht sich alles um den Sprit. Neben den Eintrittskarten gehen hier auch die Getränkekarten über den Tisch. Junge Männer mit nach oben gezwirbelten Haaren beratschlagen, welche Getränkekarte sie kaufen sollen. Die sind im Wert von fünf bis 25 Euro zu haben. "15 Euro", sagt einer entschieden, "20 Euro ist zu viel." "Was nehmt ihr denn? Southern oder Korn?" Einer aus der Gruppe erwägt, Wein zu trinken. "Geh mir weg mit Wein", heißt es darauf. Korn lautet schließlich das einstimmige Votum. Der ist für zwei Euro zu haben - das günstigste Angebot unter den Mixgetränken. Und dann gibt es ja noch eine "Mischung" umsonst obendrauf.

+++ "Grenzen setzen" +++

Wer sich für das Maximum entscheidet, also 25 Euro investiert, bekommt am Tresen insgesamt 24 Cola-Korn-Mixgetränke und schüttet damit fast einen halben Liter Korn in sich hinein. Ein ziemlicher Garant für einen Filmriss. Weitaus genug, um einen Mann von Mitte 30 besoffen zu machen. Wer mehr als eine Getränkekarte will, bekommt sie auch. Wer den Wert nicht vertrinkt, bekommt kein Bargeld ausgezahlt, sondern kann wiederkommen.

Am Tresen herrscht dichtes Gedränge. "Geht es so oder Tablett?", fragt Britta Scharf, die Tresenkraft. Die Tabletts, auf die acht Gläser mit alkoholhaltigen Mixgetränken passen, sind ein rares Gut an diesem Abend. Wem sie nicht schnell genug leergeräumt werden, der langt über den Tresen und bedient sich selbst. Seit 1992 steht die 39-Jährige im MicMac hinter dem Tresen. Trotz des Stresses bleibt sie ruhig und freundlich. Nahezu im Sekundentakt füllt sie die Gläser. Mit der rechten Hand kippt sie den Alkohol ins Glas. Mit der linken Hand füllt sie gleichzeitig das Glas mit dem Softgetränk auf. Wodka-Orangensaft, Bacardi-Cola, Wodka-Red- Bull, Southern-Comfort-Cola und immer wieder Cola-Korn. Auf dem Tresen reihen sich die leeren Strothmann-Flaschen. Jugendliche bekommen nur Wein und Bier. Britta Scharf kann sie am fehlenden Stempel ausmachen. Hat sie schon jemandem einen Drink verweigert? "Wer zu viel hat, kriegt von mir nichts mehr. Ich diskutiere da nicht lange", sagt sie.

+++ "Der Kumpel bestellt" +++

Doch wann hat wer zuviel? Ein 22-Jähriger, der seinen Namen nicht verraten möchte, will vier Cola-Korn bestellen. "Also acht", sagt der blonde Mann und grinst. Als im Hintergrund "Yippie, Yippie, Yeah, Krawall und Remmidemmi" von Deichkind ertönt, reißt er seinen Arm in die Höhe, wippt im Takt und wartet tanzend auf Britta Scharf. Es dauert, bis sie auf seiner Höhe ist. "Die können hier mal ein paar mehr Leute hinstellen", sagt er. Er lallt. Als er das Tablett entgegennimmt, gleitet es ihm beinahe aus der Hand. Ihm sei noch nie ein Getränk verwehrt worden. "Die wollen doch auch was verdienen hier", fügt er hinzu und verschwindet Richtung Tanzfläche. Der Mann fällt wohl in die Kategorie "erkennbar betrunken". "Manchen sieht man es an, manchen nicht", sagt Britta Scharf.

Michael Fritz, der Betreiber der Disco, ist überrascht. Der 46-Jährige hört zum ersten Mal von dem neuen Passus im niedersächsischen Gaststättengesetz. "Der eine ist nach zwei Bieren betrunken, der andere erst nach mehreren Cocktails", sagt der Mann im schwarzen Harley-Davidson-Shirt. Die bisherige Tresenstrategie: Wer schwankend bestellt oder seinen Kopf auf der Tresenplatte ablegt, bekommt keinen Alkohol mehr.

+++ "Lieber Taxi rufen" +++

Doch ist die Two-for-one-Aktion nicht eine Aufforderung zum Trinken bis zum Vollrausch? "Ich muss mir ja was einfallen lassen, um den Laden voll zu kriegen", sagt Fritz. In den ersten Monaten seit der Neueröffnung hat er versucht, die Leute mit bekannten DJs und normalen Mottopartys zu locken. Ohne Erfolg. "Seitdem ich Getränkespecials habe, läuft der Laden", sagt er. Und die Specials hat er geschickt im englischem "Two for one" verpackt. Ein-Euro-Partys wurden ihm zuvor nämlich von der Behörde untersagt. Das Motto habe nichts mit Flatrate-Saufen zu tun, sagt Fritz. "Wir gehen mit den Preisen etwas herunter, und das zusätzliche Getränk ist mein Geschenk."