Abendblatt-Interview mit Dehoga-Chef Rainer Balke, der die Regelung begrüßt

Rainer Balke ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Niedersachsen und äußert sich zum neuen niedersächsischen Gaststättengesetz, das am 3. Januar in Kraft getreten ist. Danach dürfen Kneipenbesitzer keinen Alkohol an Betrunkene ausschenken.

Hamburger Abendblatt:

Herr Balke, Wirten ist nach dem neuen niedersächsischen Gaststättengesetz verboten, an erkennbar betrunkene Personen alkoholische Getränke abzugeben. Doch ab wann ist jemand erkennbar betrunken? Und wie erkennen die Gastwirte überhaupt einen betrunkenen Menschen?

Rainer Balke:

Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Es gibt also keine eindeutige Definition. Ein Alkoholiker zum Beispiel, der täglich mit 2,5 Promille unterwegs ist, erscheint nach einem weiteren Glas Bier noch nicht betrunken. Der Jugendliche, der sich schon an der Theke festklammern muss, hat vielleicht nur 0,8 Promille im Blut. Ob jemand erkennbar betrunken ist oder nicht, ist immer aus der Sicht des Gastwirtes zu beurteilen. Dieses Gesetz hat eher mahnenden als repressiven Charakter.

Warum wurde es überhaupt eingeführt?

Balke:

Der Gesetzestext geht einher mit den Bemühungen der niedersächsischen Landesregierung, gegen den Alkoholmissbrauch vorzugehen. Im Gaststättengewerbe sieht man die Wirte in der besonderen Pflicht, dafür zu sorgen, dass sich die Menschen nicht bis zur Bewusstlosigkeit betrinken. Das war aber zuvor auch schon geregelt.

Inwiefern?

Balke:

Das Ausschenken von Alkohol in einer Gaststätte ist von der so genannten Zuverlässigkeitsprüfung abhängig. Im Rahmen dessen wird abgeklopft, ob der Gastwirt im Umgang mit Alkohol selbst auffällig geworden ist, ob er selbst eine nötige Distanz zum Alkohol hat, ob ihm zum Beispiel schon einmal der Führerschein wegen Alkoholmissbrauchs entzogen wurde.

Was passiert, wenn der Gastwirt alle Bestellungen erfüllt? Wenn sein Gast also ein Bier nach dem anderen trinkt, dann aufsteht und umfällt. Kann der Gastwirt aufgrund des neuen Gesetzes zur Verantwortung gezogen werden?

Balke:

Die zuständige Gaststättenbehörde muss dem Gastwirt ein Verstoß gegen das Verbot nachweisen. Und dann könnte dieser Verstoß eine Geldbuße von bis zu 10 000 Euro nach sich ziehen.

Oft beschäftigt ja ein Betreiber einer Disco oder einer Gaststätte Aushilfen, die unter Umständen gar nichts von diesem Verbot wissen. Geht die Geldbuße dann an die Adresse des Betreibers?

Balke:

Die Härte des Gesetzes trifft denjenigen, der den Alkohol ausschenkt. Die Behörde wird aber die Zuverlässigkeit des Betreibers infrage stellen. Wenn der nur ungelernte Fachkräfte beschäftigt und nicht in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass Verbote des Gaststättengesetzes eingehalten werden, kann es dazu führen, dass seine Gaststätte oder Disco dichtgemacht wird.

Wie finden Sie, dass Wirte Betrunkene davon abhalten, Auto zu fahren?

Balke:

Es gibt in der Tat Stimmen, die behaupten, den Gastwirt treffe eine Garantenpflicht, keinen betrunkenen Gast Autofahren zu lassen. In der Regel erfährt der Gastwirt nicht, dass der Gast ins Auto steigen will, und der Gastwirt darf dem Gast ja nicht einfach den Schlüssel abnehmen. Wie soll er den Gast also abhalten? Die Polizei rufen? Ich meine, da handelt es sich eher um abnorme Einzelfälle.

Das neue niedersächsische Gaststättengesetz macht es nun auch Vereinen und Zeltfeten-Veranstaltern schwerer, ihre Partys zu realisieren, oder?

Balke:

Ja, wer eine Veranstaltung wie etwa die Feier zum 100-jährigen Bestehen des Vereins XY plant, muss dieselben Maßstäbe erfüllen wie eine Gaststätte. Das ist eine enorme Erschwernis. Zuvor war es möglich, für einen besonderen Anlass eine Erlaubnis für gastwirtliche Tätigkeit zu bekommen. In dem Fall galten erleichterte Bedingungen etwa in Bezug auf Feuerschutz und Toiletten. Jetzt ist die Jahresabschlussfete auf der großen Wiese nicht mehr so einfach möglich. Und das ist auch gut so. Ich sehe viel größere Probleme, etwa Hygienestandards sicherzustellen, wenn ein Büfett im Freien aufgestellt wird als in einer Gaststätte.