“Texas Lightning“-Frontfrau Jane Comerford begann Karriere mit Musikern aus dem Alten Land. Wahl-Hamburgerin ist auch Stimmtrainerin.

Harsefeld/Hamburg. Australier haben eine sehr sonnige, lockere Seite. Das sagt Jane Comerford. Die Hamburgerin ist der beste Beweis dafür, denn Jane Comerford ist genau genommen gar keine Hamburgerin sondern Australierin und sie ist sonnig, locker und unkompliziert. Wer mit der Sängerin, Komponistin und Gesangsdozentin einmal zusammentrifft, der hat schnell das Gefühl, einen guten Freund zu treffen. Das liegt auch mit daran, dass sie sich, wie sie sagt, wunderbar in Hamburg und Norddeutschland eingelebt hat. Die Musik hat ihr dabei geholfen.

Comerford sitzt bequem in einem Ledersessel in ihrem Lieblingscafé im Hamburger Schanzenviertel. Sie besucht das Café regelmäßig. Und sie kommt regelmäßig zu früh dort hin, nämlich immer dann, wenn die Gastronomie offiziell noch gar nicht geöffnet hat. Doch die Sängerin und das Personal kennen sich, die kleine Marotte der Australierin wird mit einem gütigen Lächeln quittiert. Böse kann man dieser Frau einfach nicht sein. Erst recht nicht, seit sie der Welt einen schönen Ohrwurm spendiert hat, der fast täglich im Radio gespielt wird: "No no never". Es ist der Hit, mit dem Jane Comerford als Frontfrau der Musikgruppe "Texas Lightning" im Mai 2006 beim Eurovision Song Contest auf Platz 15 landete und der in der Folgezeit Platz eins der deutschen Popcharts erklomm und Dreifach-Gold-Status erhielt.

"Ich mag den Song immer noch hören, auch nach sechs Jahren", sagt die Wahl-Hamburgerin, die das Stück selbst komponierte. Auch wenn viele das Lied als Gute-Laune-Stück ansähen, es enthalte auch wehmütiges, erklärt sie. "Dass das Lied dennoch im Alltag so vieler Menschen eine Bedeutung hat und Freude verbreitet, das macht mich glücklich. Es zeigt, dass ich die Menschen erreicht habe", sagt Comerford. Und darauf kommt es ihr ganz besonders an, sowohl wenn sie singt als auch wenn sie eine ihrer anderer Tätigkeiten als Stimmtrainerin im "Popkurs Hamburg" an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater nachgeht.

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"Wenn ich meine Schüler nicht erreiche, dann kommen weder sie noch ich voran", sagt sie. Daher sei nicht nur das Ausbilden der Gesangsstimme zentraler Teil ihrer Arbeit, nein auch das Psychologische spiele eine Rolle. Der Gesang eines Menschen offenbare, welche Wünsche, Träume, aber auch psychologischen Probleme im Hintergrund wirken und jemanden vielleicht daran hindern, das Maximum aus einer Stimme und Kreativität herauszuholen. Nicht nur die Freude am musizieren sondern auch Aggression, Kommunikation, das Selbstbild eines Menschen, seine Identität, all dieses werde beim Stimmtraining allmählich ans Tageslicht gebracht, je länger und intensiver trainiert wird.

"Jeder hat eine andere Biografie und damit auch andere Probleme, die ihn bewusst oder unbewusst ablenken", sagt sie. Gerade sehr kreative, sensible Künstler, die in einer künstlerischen Traumwelt leben, würden oftmals psychologische Probleme mit sich herumtragen. Diese auszuhebeln und dabei die Psyche dieser Menschen zu stärken, ist Teil ihrer Arbeit, damit sich die Künstler kontrolliert gehen lassen können und Höchstleistungen erreichen. "Ich kann aber nicht alle Schwachstellen der Sänger beim Vocalcoaching korrigieren. Es gibt Momente, wo ein ausgebildeter Psychologe nötig wäre "sagt Comerford.

Die Mehrzahl ihrer Schützlinge hat die Stimmtrainerin aber gut im Griff und auch zu Spitzenleistungen getrieben. Nicht umsonst zählt daher ein "Who is who" der Pop-Szene zu ihren Schülern. Wir sind Helden, Die Happy, Peter Fox, Boy und andere haben bei Deutschlands derzeit wohl bekanntestem Vocal Coach in Seminaren gesessen und dort erfolgreich an sich und ihrer Stimme gearbeitet.

Auch wenn Comerford viele Gesangsfehler beheben kann, alle kann sie nicht ausmerzen. "Wenn jemand absolut nicht singen kann, also kein tonales Gehör besitzt, kann das auch bei intensivem Training nur bis zu einem gewissen Grad korrigiert werden", erklärt Comerford. Denn dafür sei vor allem eine intensive, anstrengende Arbeit notwendig, die viele doch abschreckt, den Weg bis zu Ende zu gehen.

Trotz der vielen schiefen Töne, die da in ihr Gehör dringen, habe sie gerade an jenen Kursen besonders viel Spaß, in denen solch selbsterklärte Nichtsänger sitzen. "Diese Kurse sind erfahrungsgemäß der Renner und sind für mich immer eine schöne Herausforderung", sagt sie. Zudem freue es sie, wenn einem Nichtsänger nach dem Coaching dann ein Licht aufgeht. Das sei dann für beide Seiten ein schönes Erfolgserlebnis.

Auch wenn Comerford in Hamburg doziert, nicht alle ihre Kurse finden in Hamburg statt. Immer wieder zieht es die Sängerin in die Provinz, um die Talente dort abzuholen, wo sie noch versteckt sind. Am Sonntag, 15.Januar, kommt sie in Zusammenarbeit mit der Musikschule Kalinski nach Harsefeld und gibt dort einen Gesangsworkshop in der Friedrich-Huth-Bücherei. Wegen der großen Nachfrage wird es ein zweiten Workshop am 29. Januar geben, für den noch einige Plätze frei sind.

Am Sonnabend, 14. Januar, wird sie ihr neues Solo-Programm "This is me" von 21 Uhr an im Harsefelder "Hotel Eichhorn" an der Marktstraße vorstellen.

"Das Programm wird ein Querschnitt aus meinem musikalischen Schaffen sein", sagt sie. Lieder aus ihrem Solo-Album und dem Musical "Les Miserables", fetzige Rock- und Countrysongs, schöne Balladen und natürlich auch "No no never". Dabei zeigt sie auf einer Leinwand Bilder aus ihrem Leben und erzählt dazu amüsante Anekdoten. Begleitet wird sie von Musikern aus Hamburg und aus dem Alten Land, zu dem sie eine besondere Beziehung hat.

Als Jane Comerford ihre Ausbildung am Newcastle Konservatorium in Australien abgeschlossen hatte, zog es sie in die weite Welt, sie wollte in andere Länder und Kulturen reinschnuppern. Nach Umwegen kam sie 1980 nach Deutschland. Sie konnte kein Wort Deutsch. Als Barpianistin hielt sie sich in Hamburg über Wasser. Durch die Musikszene lernte sie viele Menschen kennen und gründete mit Musikern aus dem Alten Land ihre erste Band. Der Name Comerford sprach sich herum, so dass 1984 die Hochschule für Musik und Theater bei ihr anklopfte. Comerford nahm den Dozentenposten an.

Das Alte Land und Norddeutschland hat sie seit dieser Zeit lieb gewonnen. In der kleinen St.-Nicolai-Kirche in Jork-Borstel heiratete sie, als die Obstbäume in voller Blüte standen. Regelmäßig besucht sie ihre deutsche Verwandtschaft im Alten Land, auch, um dort Energie zu tanken. Und genauso regelmäßig freut sie sich über die deutsche Küche. Deftiger Grünkohl und Rouladen mit Bratkartoffeln und Rotkohl, davon schwärmt sie. Und auch von den Menschen.

"Ich mag die norddeutsche Art", sagt sie. Der trockene Humor, der sympathische Hamburger Schnack, das sei schon toll. Zudem sei das Land sauber, die Busse beheizt, die Taxis in einem Top-Zustand und es gebe ein ausgesprochenes Gerechtigkeitsgefühl. "Ich denke oft, dass viele Deutsche gar nicht erkennen, wie gut sie es eigentlich haben", sagt sie. Weg aus ihrer norddeutschen Heimat will sie daher auch nicht - auch wenn das Heimweh nach Australien ständig da ist.