Die vermeintliche Drahtzieherin des Herbstprinz-Mordkomplotts fühlt sich jetzt vom Opfer bedroht. Ihm droht ein Ermittlungsverfahren.

Stade/Jork. Aggressiver Auftakt und Unruhe im Saal beim gestrigen Verhandlungstag im Herbstprinz-Prozess: "Meine Mandantin fühlt sich von Herrn S. bedroht", sagte Jens Meggers, Verteidiger von Sandra T., die als vermeintliche Drahtzieherin eines Mordkomplotts gegen ihren Lebenspartner und Vater des gemeinsamen Kindes angeklagt ist. Das Opfer dieses Komplotts, Andreas S., der im Prozess als Nebenkläger auftritt, soll im Gerichtsflur Sandra T. vor der Damentoilette abgepasst und angefeindet haben.

"Du bist schneller tot, als du gucken kannst", schilderte Sandra T. dem Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer, Matthias Bähre den Wortlaut, der ihr nun Angst mache. Ihre Schwester könne alles bezeugen, sie sei dabei gewesen, habe die Gefahr gespürt und um Hilfe gerufen, zumal Andreas S. direkt hinter Sandra T. die Treppe hinauf gestiegen sei.

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Auf die Nachfrage des Vorsitzenden bestritt Andrea S. vehement die Anschuldigung. Nach seiner Darstellung habe Sandra T. im Flur zu ihm gesagt: "Jetzt nehme ich dir alles weg." S. war, nachdem fünf der sechs Angeklagten wieder auf freiem Fuß sind, das erste Mal wieder im Gericht. Nun drohen ihm eine Anzeige von der Angeklagten und möglicherweise ein Ermittlungsverfahren.

Die Hauptverhandlung zum versuchten Mord am ehemaligen Lebenspartner der Wirtin des Jorker Lokals Herbstprinz wurde dann mit Fakten und Indizien fortgesetzt. Verlesen wurden Passagen aus Liebesbriefen, die Sandra T. aus der Untersuchungshaft ihrem Liebhaber Marc Kevin W. geschrieben hat.

W. war als Koch und Geschäftsführer im Herbstprinz gemeinsam mit der Wirtin Sandra T. seit Anfang 2009 tätig. Als einziger der sechs Angeklagten ist er noch immer in Haft. In den Briefen offenbart sich Sandra T. so, als sei ihrem heimlichen Liebhaber vieles vor der nächtlichen Messerattacke gar nicht bekannt gewesen.

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Sie sei in Jork nicht glücklich gewesen, habe Angst vor jedem Tag gehabt. "Dabei habe ich mir nie was zu schulden kommen lassen. Ich bin wach geworden, sehe, was er (gemeint ist Andreas S.) mir angetan hat und all denen die von ihm geschlagen wurden." Wirtin Sandra T. schreibt von Indern, die im Herbstprinz arbeiteten und schlecht behandelt wurden und von Menschenhandel. "Ich weiß, dass du mich schützen wolltest, nun bin ich getrennt von meinem Kind. Ja, wir hatten eine schöne Zeit, ich danke für Deine Hilfe. Diese Tat steht zwischen uns" verlas der Vorsitzende aus den beschlagnahmten Briefen. Darin bekannte T. ihrem Liebhaber, dass zwischen ihr und dem Vater ihrer Tochter "nie was passiert ist, was man Liebe nennt".

Dennoch war Sandra T. fast acht Jahre mit dem Gastronomen Andreas S. zusammen und in ein undurchschaubares Geflecht aus Konten und Krediten, Schulden und Ungereimtheiten verstrickt. Der inzwischen eingeschaltete Insolvenzverwalter Christian-Michael Sch. sagte im Zeugenstand: "Es passte hinten und vorne nicht." Gemeint sind Erträge und Steuern aus der Herbstprinz-Wirtschaft oder dass die Umsätze nicht zeigen, wovon die Wirtin gelebt habe. Sandra T. hatte unter der Schuldenlast von etwa 398 000 Euro allein vom Herbstprinz, plus offener Kaufsumme ihres zweiten Lokals, des "Altländer Hofes", der kurz vor der Zwangsversteigerung abbrannte, Insolvenz beantragt. Das Verfahren wurde vor vier Wochen eröffnet.

Vom abgebrannten "Altländer Hof" in Jork könnte die Eigentümerin T., die den Kaufpreis nie an die Bank bezahlte, unter Umständen profitieren, so der Insolvenzverwalter. Ein Verkauf des Grundstücks ohne denkmalgeschütztes Gasthaus könnte einen Erlös erzielen, der Sandra T.s noch offene Summe bei der Bank deckt.