Stade/Jork. Entscheidende Fakten über gemeinsame Pläne der Wirtin und ihres Kochs im Jorker Traditionslokal Herbstprinz lieferte ein Telefonmitschnitt vom 9. April 2011 im Stader Schwurgerichtssaal. Zehn Tage nach der beinahe tödlichen Messerattacke auf den Lebensgefährten der Herbstprinz-Wirtin tauschten sich der vermeintliche Drahtzieher des Mordkomplotts, Marc Kevin W. und sein "brüderlicher Freund" Kevin S. über wichtige Details aus.

Die Brüder Rick und Kevin S. strapazierten gestern im "Herbstprinz-Prozess" als Zeugen die Geduld der 13. Großen Strafkammer des Stader Landgerichts. Die beiden jungen Männer gehörten zur Pflegefamilie, in der Marc Kevin W. als Kind und Jugendlicher zeitweise lebte. Der Kontakt sei regelmäßig dienstags mit Treffen in der Wohnung von Kevin S. gepflegt worden. So war es auch vor und nach dem Überfall im Herbstprinz.

Wie Brüder hätten sie einander nahe gestanden, so die noch übereinstimmenden Aussagen der 22 und 27 Jahre alten Männer. Dann verwies der 22-jährige S., mit Justin-Bieber-Frisur, lax lächelnd, in showverdächtigen Einlagen auf sein schwaches Gedächtnis. Es habe ihn nicht interessiert, dass der Chef seines Quasi-Bruders Marc Kevin W. einen Überfall nur knapp überlebte. Es habe auch keine Gespräche dazu gegeben, obwohl S. unmittelbar nach der Tat für einige Wochen in der Wohnung bei Marc Kevin W. in Osterjork lebte. "Es war Tagesgespräch in Jork und es hat sie nicht interessiert?", hakte der Vorsitzende Richter Bähre nach. Mehr als ein "Nö", war dem Zeugen nicht zu entlocken. Auch an eine engere Beziehung des W. zur Wirtin Sandra T. könne er sich nicht erinnern. "Sie waren wie Kollegen, und das Opfer der nächtlichen Messerattacke Andreas S. hielt ich für den Chef des Lokals", so S.

Das sagte auch sein älterer Bruder Kevin S. aus, der Marc Kevin W. besonders nahe stand. Allerdings von einer Liebesbeziehung zur Herbstprinz-Wirtin habe man nie gesprochen. Und auch als W. in Haft kam und kurze Zeit aus der U-Haft entlassen wurde, habe ihn weder die Tat noch der Verdacht gegen W. interessiert. "Hat er Ihnen nicht gesagt, ich bin unschuldig, Sie waren sein Vertrauter?", versuchte Richter Bähre den Zeugen auf den Pfad der Wahrheit zu führen. Doch der Zeuge S. blieb dabei, keine Erinnerungen zu haben und auch nach der Tat nichts von einem Verhältnis zwischen Marc Kevin W. und Sandra T. bemerkt zu haben.

Ertappt hörte der Zeuge S. sich im Telefonat mit seinem "Bruder" über die gemeinsamen Pläne der Wirtin und ihres Kochs im Herbstprinz sprechen. Der Koch Marc Kevin W. berichtet darin, dass er die ganze Woche bei Sandra ist. Auch dass Sandra in einem Brief ihren Ex und Vater der gemeinsamen Tochter aufgefordert habe, bis zum "15." das Gelände in Jork zu verlassen. Ebenso wurden Sandras Antrag um das alleinige Sorgerecht fürs Kind, aufgelöste Mietverträge und die endende Rolle von W. als Geschäftsführer besprochen, und dass man einen zuverlässigen Spion in Jork habe.