Der Kreis ließ die Fläche in Hagen roden. Als Ausgleichsfläche ist die Wiese wertlos, weil sie im Grundbuch als Wald geführt wird.

Stade. Die Sache gleicht einem Schildbürgerstreich. Ein Wald wurde für die K 30 gerodet. Gebraucht wird die Fläche aber nicht. Und wertlos ist sie nun auch. Im Jahr 2008, als die Bauarbeiten für die Kreisstraße 30 begannen, holzte der Landkreis Stade als Bauträger auch einen Fichtenwald ab. Der Wald gegenüber des Stader Tierheimes im Ortsteil Hagen musste weichen, weil der Landkreis für die Landwirte einen neuen Wirtschaftsweg bauen wollte.

Die neue K 30, die das damals geplante Industrie- und Gewerbegebiet südlich von Ottenbeck mit der B 73 verbinden sollte, zerschnitt alte Wirtschaftswege (das Abendblatt berichtete). Um den Wald abholzen zu können, hat der Landkreis die Fläche damals gekauft. Inzwischen sind Kreisstraße 30 und der Wirtschaftsweg gebaut. Allerdings verläuft der neue Wirtschaftsweg nicht etwa auf der Fläche des ehemaligen Waldes, sondern daneben. Dort, wo der Fichtenwald stand, und Lebensraum für Wildtiere bot, ist immer noch brache Fläche.

Jetzt versucht der Landkreis die Fläche von rund 12 000 Quadratmetern an die Stadt Stade zu verkaufen, damit die die Fläche wieder aufforstet. Zwischen Landkreis und Hansestadt, die K 30 war ein gemeinschaftliches Projekt, besteht die Vereinbarung, dass die Hansestadt die Flächen des Kreises übernimmt, die für die Kreisstraße wider Erwarten nicht gebraucht wurden. Aber Stade hat in diesem Fall wenig Interesse an der Fläche. Die Gespräche dauern an, heißt es aus der Kreisverwaltung und aus dem Stader Rathaus.

Dieser Wald sei beim Kreis nicht als Wald geführt worden, hieß es aus dem Kreishaus in Stade. Im Nachhinein habe man feststellen müssen, dass der Wald doch unter das Waldschutzgesetz gefallen wäre. Es sei nicht klar gewesen, dass es sich hierbei um schützenswerten Waldbestand gehandelt habe, so ein Mitarbeiter aus dem Kreishaus in Stade. Laut Waldschutzgesetz ist aber damit eine Aufforstung des Waldes im Verhältnis eins zu eins vorgeschrieben. Aus Sicht der Kreisverwaltung sei der abgeholzte Fichtenwald kaum ein Verlust, weil Fichtenwald kein hochwertiger Wald sei.

Als der Wald damals dem Erdboden gleich gemacht wurde, war Ernst-Heinrich Abel aus Stade Vorsitzender der Jägerschaft Stade. Abel sagt heute: "Wir dachten, die Waldfläche würde für die K 30 gebraucht. Als wir aber sahen, dass die Trasse parallel zu der Fläche verlief, waren wir bass erstaunt. Und auch der Wirtschaftsweg verläuft nicht über die Waldfläche, sondern parallel dazu. Die ganze Rodung", so Abel, sei "also sinnlos" gewesen. Abel weiter: "Schon im Zusammenhang mit dem Bau der Kreisstraße sei dem Wild wertvoller Lebensraum genommen worden." Dass dort eine weitere Fläche aus ökologischer Sicht wertlos gemacht worden sei, und das auch noch ohne jede Not, so der Jäger, sei überhaupt nicht nachvollziehbar und eigentlich eine Behördenposse.

Ausgleichsflächen sind im Landkreis Stade knapp, da sei es, nach Auffassung der Stader Kreisverwaltung, nur sinnvoll, wenn die Hansestadt Stade diese Fläche übernähme, aufforste und als Ausgleichsfläche für Bauvorhaben an anderer Stelle nutze. Aus Sicht der Stadt macht diese Regelung allerdings wenig Sinn. "In den Grundbüchern wird die Fläche als Wald geführt. Als Kompensationsfläche ist sie für uns damit relativ wertlos", sagt Stades Stadtbaurat Kersten Schröder-Doms. Wenn eine Kommune beispielsweise eine Straße baut, muss sie dafür den Flächenverbrauch an anderer Stelle kompensieren. Je geringwertiger diese Ausgleichsfläche ist, um so ist höher der Wert als Ausgleichsfläche. Schröder-Doms: "Ideal ist, man hat einen Maisacker, den man entweder aufforstet oder auf dem man ein Biotop anlegt. Das bringt bei der Kompensation die meisten Punkte. Würden wir aber aus einer Waldfläche eine Ausgleichsfläche machen und diese Fläche auch noch aufforsten müssen, verliert die Fläche für uns dramatisch an Wert. Das Aufwertungspotenzial ist gleich Null."

Der Fichtenwald war also aus Sicht der Behörden wertlos. Die gerodete Fläche ist nun ebenso wertlos, weil sie wieder aufgeforstet werden muss. Inzwischen soll, nach Informationen des Abendblatts aber der Bund Interesse an der Fläche angemeldet haben.