Bürgerinitiativen legen detaillierte Pläne vor, wie Schiffe und Bahnen die geplante Küstenautobahn ersetzen könnten

Stade/Buxtehude. Der Gegner der geplanten Küstenautobahn A 22 haben erstmals ein detailliertes Alternativkonzept präsentiert. Nach Ansicht des sogenannten Koordinationskreises der Initiativen gegen die A 22 ist die neue Autobahn, die von CDU, FDP und Wirtschaftsverbänden gefordert wird, nicht nötig. Es gebe einfachere und günstigere Möglichkeiten, die derzeitigen und künftigen Verkehrsprobleme zu meistern. In einem jetzt vorgestellten Papier haben die Initiatoren ihre Pläne zur Verkehrsvermeidung und einer Stärkung der bestehenden Infrastruktur erarbeitet. "Wir haben damit unseren Teil getan, nun muss die Politik unsere Ideen aufgreifen und schauen, was sich machen lässt", sagt Hans-Otto Meyer-Ott vom Koordinationskreis.

EVB-Strecken sollen auf zwei Spuren ausgebaut werden

Vorrangige Bedeutung wird dem Ausbau des Schienen- und Wasserverkehrs zugemessen. Eine Erneuerung und ein Ausbau vorhandener Schienenstrecken der Deutschen Bahn und der EVB-Verkehrsbetriebe, ein Neu- und Ausbau von Ost-West-Verbindungen und abgebauter Schienentrassen sowie eine Wiederinbetriebnahme stillgelegter Eisenbahnabschnitte könnte neue Optionen im Güterverkehr eröffnen. Die EVB-Strecken, darunter die zwischen Bremerhaven und Buxtehude, sollten zu zweispurigen Strecken ausgebaut werden, um die Hinterlandanbindung der Häfen zu stärken.

Für die Bahnstrecke Cuxhaven-Stade, die im Besitz der Deutschen Bahn ist, setzt die Initiative auf einen zweigleisigen Ausbau des gegenwärtig eingleisigen Streckenabschnitts zwischen Hechthausen und Himmelpforten. Langfristig sollten hier alle Langsamfahrstellen beseitigt werden.

Für die Querung der Weser schlägt die Gruppe vor, die Nutzung einer Röhre des Wesertunnels für den Eisenbahngüterverkehr zu prüfen. Nach dem Vorbild der Hamburger Kattwyk-Brücke könnte auch hier eine gemeinsame Nutzung des Streckenabschnitts für den Eisenbahn und den Kraftverkehr erfolgen. Das Projekt sei bei gutem Willen der Politik sicherlich umsetzbar, schätzt Meyer-Ott.

Zusätzlich zur Bahn sei der Güterverkehr per Schiff eine leicht umzusetzende und kostensparende Alternative. Das Schiff stelle, so Meyer-Ott, nach wie vor die preisgünstigste Option dar, um große Gütermengen zügig zu transportieren. Eine stärkere Nutzung der Schifffahrt stehe zudem, so die Initiative, in "Übereinstimmung mit den Zielsetzungen zu Klimaschutz und Harmonisierung des Güterverkehrs". Allerdings sollten die Anstrengungen für einen Einsatz sauberer Treibstoffe für Seeschiffe verstärkt werden.

"Vor allem der Feederverkehr, also der Warenaustausch per Schiff, muss zwischen den norddeutschen Häfen gestärkt werden", sagt Meyer-Ott. Dass es hier Widerstände von großen Reedereien geben werde, sei zu erwarten, denn die Container- und Feederschiffe (Schiffe, die anderen Schiffen und Häfen als Zulieferer dienen) werden von eben jenen Reedereien betrieben, die mit ihren Großcontainerschiffen bereits jetzt Hamburg und Bremerhaven ansteuern.

Damit der Gütertransport auf See und Schiene vernünftig funktioniert, bedürfe es optimierter Verladesysteme, die eine schnelle und reibungslose Be- und Entladung der Schiffe und Güterzüge ermöglichen. "Diese zu entwickeln, wäre nun die Aufgabe der Experten auf diesem Gebiet", so Meyer-Ott.

Die Initiative setzt zudem auf einen optimierten Straßenverkehr, insbesondere der Beseitigung von lokalen Verkehrsengpässen, wie der Ortsdurchfahrt Bremervörde. Hier böte sich eine Umgehungsstraße als vergleichsweise kostengünstige Alternative zur Milliarden Euro teuren Küstenautobahn an. An anderen Stellen könnte außerdem der Ausbau des bestehenden Straßennetzes zu einem dreispurigen (zwei Spuren mit Wechselspur, ähnlich vielen französischen Nationalstraßen) für eine Abhilfe sorgen.

Da außerdem die A 1 zu einer sechsspurigen Autobahn ausgebaut wird, sei es sinnvoller, den Schwerlastverkehr dorthin zu verlegen. Damit dies funktioniert, müssten mehrere als Ausweichrouten genutzte Straßen Abschnittsweise bemautet werden, unter anderem die B 71 zwischen Loxstedt und Bremervörde, die B 74 zwischen Bremervörde und Stade und die B 73 zwischen Horneburg und der A 7.

Für die Bundesstraßen 73 und 74 ist eine Lkw-Maut im Gespräch

Dafür, dass der Bau der Küstenautobahn umgangen werden kann, spreche auch, dass die Kapazitätsgrenzen der vorhandenen Straßen mit Ausnahme einiger lokaler Engpässe nicht erreicht seien. Diese würden gemäß der Verkehrsprognose zur A 22 auch im Jahr 2020 nicht erreicht. Danach werde aufgrund des demografischen Wandels zudem ein Rückgang des Verkehrsaufkommens erwartet.

Auch der laut einem Verkehrsgutachten erwartete geringe Verkehr auf der A 22 mache das Projekt fragwürdig. Die Prognose, die dem Bau der A 22 zugrunde liegt, sei zudem zweifelhaft. Sie geht von Zahlen für das Jahr 2020 aus.