50 Vertreter von Wirtschaft, Verbänden und Kommunen machen sich für ein Ende der Dauerstaus stark: Sie wollen die Bundesstraße 73 ausbauen.

Stade/Buxtehude. Die Industrie- und Handelskammer Stade hat einen neuen Vorstoß gewagt, die Bundesstraße 73 auszubauen. Anlässlich einer Wirtschaftsstudie, in der sie einen "Welthafen Unterelbe" propagiert, macht sie sich dafür stark. Diese Forderung stößt auch bei Cuxhavens Landrat Kai-Uwe Bielefeld auf offene Ohren. Er befürwortet einen baldigen Ausbau der Bundesstraße 73. Eine dreispurige Straße, so seine Ansicht, ließe sich realisieren und würde die Region zugleich besser erschließen und verkehrlich entlasten. Gemeinsam mit 50 weiteren Vertretern von Wirtschaft, Verbänden und Kommunen ist Bielefeld an das Bundesverkehrsministerium herangetreten, um die Pläne zu forcieren.

Jahrzehntelang wurde über die Entwicklung der Infrastruktur in den Landkreisen Stade und Cuxhaven geredet. Etwas Vorzeigbares kam dabei lange Zeit nicht heraus. Erst in den vergangenen Jahren ist deutlich Bewegung in die Verkehrsentwicklung gekommen.

Der S-Bahn-Anschluss nach Stade, der Bau der Bundesautobahn 26 und die Pläne für die Küstenautobahn A20 samt neuem Elbtunnel haben eine ganze Region aus ihrem Dornröschenschlaf geholt und die Wirtschaftsverbände etwas befriedigt. Das kleinste Nadelöhr ist aber trotz allem immer wieder bei den Verkehrsplanungen hinten an gestellt worden: die Bundesstraße 73, eine der verkehrsreichsten Straßen in ganz Deutschland.

Die etwa 130 Kilometer lange Strecke von Hamburg über Stade nach Cuxhaven ist seit jeher hoffnungslos überlastet: Jeden Tag rollen hier im Schnitt mehr als 40 000 Autos und Lastwagen über den Asphalt. Die Zahl der Unfälle auf der noch immer als "Todesstrecke" bekannten Straße ist unvermindert hoch, ebenso wie die Lärmbelastung für die Anwohner der Orte, die an der Bundesstraße liegen.

Bereits vor 24 Jahren waren sich Politiker und Behörden einig, dass der einzige Ausweg aus dem Dilemma von hohem Verkehrsaufkommen, Unfällen und gefährlichen Ortsdurchfahrten in Umgehungsstraßen und einem vierspurigen Ausbau der Bundesstraße besteht. Alle Initiativen in diese Richtung versandeten aber schnell, der Status Quo blieb bestehen.

Für ihr Vorhaben können die Initiatoren aus den Landkreisen Stade und Cuxhaven auf einen wichtigen Verbündeten zählen: Enak Ferlemann. Der aus Cuxhaven stammende Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, der sich bereits hinter die Pläne für die A20 gestellt hat, begrüßt den Vorstoß der IHK und der Kommunen.

"Es ist richtig und gut, was hier gewünscht wird und genießt natürlich mein Wohlwollen", sagt Ferlemann. Die Strecke gehöre, so der CDU-Politiker, in den "vordringlichen Bedarf" des Ministeriums. Das Problem: Die Straße ist hier derzeit nicht eingeordnet, sondern nur in den "dringenden Bedarf", denn mit dem geplanten Bau der A26 und A20 genießen hier zwei weitere Infrastrukturprojekte Vorrang.

Dennoch, so Staatssekretär Ferlemann, werde er sich für das Projekt einsetzen. Er fordert dafür aber von den Kommunen, dass diese die Raumordnungsprogramme in die Wege leiten. "Es darf nicht sein, dass wir in Berlin alles vorbereiten und später einzelne Kommunen sagen, so haben wir uns das mit der Trasse aber nicht gedacht", sagte Ferlemann bei einem Treffen der B73-Initiative in Hemmoor.

Ferlemann will die Kommunen in die Pflicht nehmen, eine mögliche Trasse für eine neue Bundesstraße zu finden, denn die Zeit dränge: "Wenn Sie mich auf den Weg schicken, müssen Sie sich darauf einstellen, dass da auch etwas kommt." Vor allem müssten die Gemeindeverwaltungen ihren Bürgern reinen Wein einschenken und über die Details informieren - zum Beispiel über etwaige Grundstücksverkäufe.

Auch die Kooperation zwischen den beiden Landkreisen Stade und Cuxhaven müsse verbessert werden. Die Cuxhavener Gemeinden fühlen sich seit dem Bau der A26 von der Stader Verwaltung im Stich gelassen. Der Nordkreis habe zugunsten des A26-Baus seine Verkehrsinteressen zurückgeschraubt, nun müsse auch endlich Cuxhaven zum Zuge kommen, meinen etliche Gemeindevertreter.

Kai-Uwe Bielefeld kündigte an, dass er mit Stades Landrat Michael Roesberg Kontakt aufnehmen wolle, um für den B73-Ausbau mehr Rückendeckung zu bekommen. Diese müsste Bielefeld eigentlich erhalten, denn nicht nur bei Cuxhaven, sondern auch im Landkreis Stade ist die B73 ein Nadelöhr und zugleich die Lebensader der regionalen Wirtschaft.

Da die Fertigstellung der Autobahn 26 noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird, liegt es im eigenen Interesse des Kreises und der dort angesiedelten Unternehmen, dass der Verkehrsfluss verbessert wird und die oft kilometerlangen Staus in beide Richtungen beseitigt werden.

Zugleich soll eine mögliche Anbindung der B73 an die A26 bei Drochtersen gefunden werden. Die bisherigen Pläne würden der Gemeinde Drochtersen etwa 26 000 Pendler pro Tag bescheren, die sich durch die Ortsdurchfahrt zwängen würden. Ferlemann befürwortet zur Lösung des Problems eine Art Straßenbogen, der den Verkehr nördlich über die B495 in Richtung Hemmoor leiten soll. "Das ist eine sinnvollere Lösung, als den Verkehr durch Drochtersen zu schicken", sagt Enak Ferlemann.

Dass die Zeit für die Verkehrsprojekte drängt, wissen alle Beteiligten. Ende des Jahres wird der Bundesverkehrswegeplan geprüft. Wenn der Ausbau bis dahin nicht einheitlich in den "vordringlichen Bedarf" eingestuft wird, wird es wahrscheinlich wieder nichts mit dem Ausbau der B73 - selbst dann nicht, wenn die gesamte Region hinter dem Projekt steht.