Perspektiven für ehemaliges Kaufhaus am Pferdemarkt. Firma AVW erwägt, sämtliche Hertie-Häuser in Schleswig-Holstein zu übernehmen.

Stade/Buxtehude. Die Verkaufschancen für das leer stehende Hertie-Haus in Stade steigen. Die Albrecht Vermögensverwaltungs AG in Buxtehude zeigt Interesse an dem 33 Jahre alten Gebäude am Stader Pferdemarkt. Die AVW AG bestätigt gegenüber dem Abendblatt, Interesse am Kauf der Immobilie zu haben. "Ja, wir prüfen das Haus in Stade", sagt Willy Koch, Vorstandsmitglied der AVW AG. Allerdings versetzt er den Hoffnungen vieler Stader, die Sache sei so gut wie sicher, auch einen Dämpfer: "Wer den Eigentümer kennt, kann das Thema erst final bestätigen, wenn die Tinte auf dem Papier trocken ist. Der Verkäufer spielt hierbei eine Schlüsselrolle."

Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof würde es jedenfalls freuen, wenn AVW das Hertie-Haus kaufen möchte. "Ich begrüße jedes Interesse eines Unternehmens, sich hier niederzulassen, und AVW ist in Stade ein gern gesehener Partner", sagt Riekhof. Das Immobilienunternehmen engagiert sich mit Bauprojekten nicht zum ersten Mal in Stade. Unter anderem hat AVW in Stades Hafen-City ein Seniorenpflegeheim und viele Wohnungen errichtet.

AVW erwägt nicht nur, die Immobilie in Stade, sondern auch der Hertie-Standorte in Schleswig-Holstein (Rendsburg, Schleswig, Niebüll, Itzehoe, Mölln, Husum und Elmshorn) zu übernehmen. Für alle Häuser hat AVW das gleiche Konzept - angepasst an den jeweiligen Standort - entwickelt: Ein Einkaufscenter mit vielen kleinen Geschäften und einem italienischen Flair nach dem Vorbild des "Mediterraneo" in Bremerhaven. Das Ambiente im "Mediterraneo" erinnert an ein Stadtzentrum in Südeuropa. In dem Center sind unter anderem eine Piazza, Arkadengänge und Fassaden von Altstadthäusern integriert. Über das Investitionsvolumen schweigt sich Koch aus.

Mit dieser Erlebniseinkaufswelt verfolgt die AVW AG deutlich andere Vorstellungen als die Kiefaber Bauprojekt GmbH aus Hamburg, die auch als potenzieller Käufer in Frage kommt. Kiefaber will das Haus abreißen lassen und eine dreigeschossige Ladengalerie auf dem 3873 Quadratmeter großen Grundstück bauen. Die Verhandlungen mit dem Hamburger Projektentwickler stünden kurz vor Vertragsabschluss, sagt Christoph Meyer von der Geschäftsleitung der Berliner Maklerfirma "BNP Paribas Real Estate", die für den Verkauf der Stader Immobilie verantwortlich ist.

Zuvor hatte sich der Verkauf allerdings immer wieder verzögert. Meyer war Ende März noch davon ausgegangen, dass der Verkauf des Hertie-Hauses, das seit dem 11. August 2009 leer steht, im April abgeschlossen werden könnte. Doch jetzt sagt Meyer: "Ich glaube nicht mehr an den April." Am Eigentümer, dem niederländisch-englischen Unternehmen "Dawnay-Day", läge es jedoch nicht, so Meyer. Über den Kaufpreis bestehe Einigkeit und der Vertrag sei auch fertig. Der Käufer müsse aber unter anderem noch die Vermietung der künftigen Läden klären.

Sollte am Ende nicht Kiefaber, sondern AVW beim Kauf des Hertie-Hauses zum Zug kommen, würde Stade einen Investor gewinnen, den Buxtehude verloren hat. Für das Buxtehuder Rathausviertel hatte AVW ein ähnliches Konzept vorbereitet wie für das Hertie-Haus in Stade. Am Ende waren die monatelangen Verkaufsverhandlungen zwischen der Stadt Buxtehude und AVW über die Sanierung des Buxtehuder Rathausquartiers jedoch gescheitert. Ende Februar hatten die Buxtehuder Fraktionen einstimmig entschieden, das Vergabeverfahren aufzuheben.

Der Grund für diese Rolle rückwärts: Die AVW AG wollte sich unter anderem ein Rücktrittsrecht für den Fall vorbehalten, dass sie aufgrund unvorhergesehener Bauauflagen mehr als 300 000 Euro zusätzlich ausgeben müsste. Buxtehudes Bürgermeister Jürgen Badur sagt dazu: "AVW wollte das Risiko auf die Stadt übertragen."

Sollte die AVW AG in Stade sein Einkaufserlebnis-Projekt verwirklichen können, sieht Badur darin keinen Nachteil für die Stadt Buxtehude. "Wenn sich ein Unternehmen nicht hier, sondern woanders verwirklichen kann, kann ich nur Erfolg wünschen." Die Bedingungen, unter denen AVW AG das Rathausquartier entwickeln wollte, seien für die Stadt Buxtehude nicht ausreichend gewesen.

Brisanter Nebeneffekt: Spätestens jetzt hält AVW nichts mehr in Buxtehude. Zwar denkt das Unternehmen schon länger über einen Umzug nach Hamburg nach. Dort gebe es eine bessere verkehrliche Anbindung und ein ganz anderes wirtschaftliches Umfeld, sagt Udo Schuster, Vorstandsmitglied der AVW AG. "Aber in der Stadt Buxtehude hat uns auch keiner versucht aufzuhalten", so Schuster. "Wir sind nicht glücklich darüber, wie unser Engagement in Buxtehude gewürdigt wurde."