Bauern befürchten, dass Nutzwasser nach der Elbvertiefung unbrauchbar wird. Enak Ferlemann vom Verkehrsministerium stellt sich der Diskussion.

Jork. Die geplante Elbvertiefung bietet zu vielen Sorgen Anlass. Anwohner fürchten um die Sicherheit der Deiche, Sportbootfahrer darum, dass ihre Häfen in den Elbnebenarmen verschlicken könnten. Für die Obstbauern im Alten Land geht es um ihre berufliche Existenz, die auf dem Spiel stehen könnte. Sie befürchten, dass nach der Ausbaggerung der Salzgehalt im Mündungsbereich der Elbnebenarme ansteigen wird - und damit auch in den vielen Kanälen, aus denen die Obstbauern das Wasser für die Bewässerung ihrer Plantagen nehmen. Steigt der Salzgehalt über einen bestimmten Wert, kann es für den Obstanbau nicht mehr verwendet werden.

Zu den Sorgen der Obstbauern nahm jetzt der CDU-Politiker Enak Ferlemann Stellung, der als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium direkt mit der Planung der Elbvertiefung befasst ist. Auf Einladung der Fachgruppe Obstbau im Landesbauernverband kam er nach Jork und stand rund 50 Bauern Rede und Antwort. Dabei machte er gleich zu Beginn der Veranstaltung eine Äußerung, die für Erstaunen sorgte: "Nach Meinung unserer Fachleute wird es zu dem Problem nicht kommen." Messungen der Bundesanstalt für Wasserbau, die das Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben hat, hätten ergeben, dass es nach der Vertiefung zu keiner "signifikanten" Erhöhung des Salzgehaltes kommen werde.

Ferlemanns Äußerung steht im Gegensatz zu den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte. Denn nach den letzten Elbvertiefungen in den Jahren 1978 und 1999 kam es jeweils zu einer Ausweitung der sogenannten "Brackwasserzone" der Elbe, in der sich salziges Wasser aus der Nordsee mit Süßwasser aus dem Landesinneren mischt. Früher lag die Brackwasserzone im Bereich von Wischhafen, mittlerweile hat sie bereits die Lühe erreicht.

Wie Dirk Köpcke von der Obstbauversuchsanstalt Jork ausführte, werde im Bereich von Kehdingen teilweise bereits der kritische Grenzwert von 0,5 Gramm Salz pro Liter Wasser überschritten. Nach Aussage von dortigen Landwirten sei das eine direkte Folge der Elbvertiefung von 1999. Das bekräftigte ein Kehdinger Obstbauer bei der Veranstaltung : "Teilweise messen wir sogar 1,2 Gramm auf den Liter Wasser."

Dass die Ergebnisse der Forscher der Bundesanstalt für Wasserbau den Erfahrungen der Landwirte widersprechen, schien auch Enak Ferlemann, der sich als direkt gewählter Abgeordneter für den gesamten Landkreis Stade zuständig fühlt, überaus klar zu sein. Er sprach deshalb viel darüber, was denn zu tun sei, wenn es wider Erwartens doch zu einer größeren Steigerung des Salzgehaltes käme. "Wir werden Sie dann nicht hängen lassen. Der Bund müsste den Bauern helfen", sagte Ferlemann, der vor seiner Berufung in das Bundesverkehrsministerium noch als Gegner der Elbvertiefung galt, jetzt aber die Position des Bundes vertritt, der gemeinsam mit der Hamburg Port Authority Planungsträger der Elbvertiefung ist.

Dirk Köpcke stellte einige der Maßnahmen vor, die ergriffen werden könnten, wenn sich die Brackwasserzone ausweitet. So sei es denkbar, das Wasser an anderen Stellen aus der Lühe, der Este oder der Schwinge zu entnehmen. Außerdem könnten die Wasserreservoirs vergrößert werden. Doch die Bauern schienen diese Möglichkeiten wenig zu beruhigen. "Wir brauchen schon jetzt vorbeugende Maßnahmen. Wenn wir erst dann etwas tun, wenn das Problem da ist, ist es für unsere Plantagen zu spät", sagte ein Landwirt aus Hollern-Twielenfleth.

Dass der Bund Geld für vorbeugende Maßnahmen zur Verfügung stellt, ist nach der Faktenlage allerdings wenig wahrscheinlich. Das verdeutlichte Hans-Heinrich Witte, Leiter der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord (WSD), die auf Seiten des Bundes ebenfalls mit dem Verfahren befasst ist. "Unsere Zahlen sprechen nicht dafür, dass die Obstbauern betroffen sein werden. Deshalb können wir jetzt kein Geld in die Hand nehmen", sagte Witte.

Lediglich eine Möglichkeit gebe es, im Vorwege etwas zu tun. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens könnten die Vorhaben als "ökologische Ausgleichsmaßnahmen" deklariert werden. Dieser Variante müsste allerdings das Naturschutzamt des Landkreises Stade zustimmen, das sich bisher nicht zu dem Thema geäußert hat.

Den Obstbauern bleibt die Möglichkeit, im Planfeststellungsverfahren selbst auf ihre Anliegen hinzuweisen. Nach der Auslegung der aktuellen Pläne, mit der Enak Ferlemann für Juni rechnet, haben sie dazu Gelegenheit. Doch bisher bleibt die Skepsis auf Seiten der Landwirte groß: "Ich bin entsetzt, dass der Bund die Folgen der letzten Elbvertiefungen nicht anerkennt", sagte etwa Dirk Quast, Obstbauer aus Jork, nach der Veranstaltung.