Vereine fürchten um ihren Wassersport und bereiten Klagen vor. Die Kosten für die Skipper steigen wegen der zunehmenden Verschlickung von Jahr zu Jahr. Jetzt soll ein “Elbefonds“, der von der Stadt Hamburg gegründet wurde, die Wassersportvereine im Landkreis Stade finanziell unterstützen.

Stade/Buxtehude. Für einen Bootsbesitzer ist es einer der schönsten Augenblicke, wenn der eigene Kahn wieder zu Wasser gelassen werden kann. In wenigen Tagen ist es wieder soweit. Dann beginnt für die meisten Skipper im Landkreis Stade die Saison. Doch bevor es losgeht, müssen die Wassersportvereine die meisten Häfen im Landkreis Stade zunächst von einer braun-grauen Masse befreien: dem Schlick. Und die Vereine rechnen fest damit, dass ihnen die nächste Elbvertiefung noch weitaus mehr Schlick bescheren wird. Deshalb drohen bereits mit dem Gang vor Gericht.

In der Tat prognostiziert die Bundesanstalt für Wasserbau in Hamburg in einem Gutachten, dass die Verschlickung nach der nächsten Elbvertiefung um bis zu fünf Prozent in den kleinen Häfen zwischen der Stör- und Schwingemündung zunehmen wird. Das "Regionale Bündnis gegen Elbvertiefung" schätzt diese Angabe jedoch als viel zu gering ein. "Das ist eine reine Fantasiezahl", sagt Walter Rademacher, Sprecher des "Regionalen Bündnisses gegen Elbvertiefung".

Fast sämtliche der zehn Wassersportklubs aus dem Landkreis Stade haben sich bereits Rechtsbeistand geholt. Der Hamburger Senat hat schon fest Klagen einkalkuliert, die den für Ende 2010 geplanten Baubeginn der Elbvertiefung um bis zu neun Monate in den Herbst 2011 verzögern könnten. Insgesamt 38 Millionen Kubikmeter Baggergut sollen ausgehoben werden, damit Containerschiffe mit bis zu 14,50 Meter Tiefgang den Hamburger Hafen problemlos ansteuern können.

Die Stader Skipper fürchten, dass sie danach ihrem Wassersport nur noch eingeschränkt nachgehen können. Schon die jüngste Elbvertiefung, bei der 1999 insgesamt 14 Millionen Kubikmeter Baggergut aus der Elbe geholt wurden, habe ihren Tribut gefordert, sagt Jürgen Schröder, Vorsitzender des Altländer Yachtclubs. Sie sei schuld daran, dass die kleinen Sportboothäfen zunehmend verschlicken. Schröder erklärt, warum das so sei: Wegen der Ausbaggerung bekomme die Elbe mehr Raum und fließe schneller. In der Folge reiße der Fluss mehr Schlick mit, der sich dort ablegt, wo der Fluss zur Ruhe kommt - in den Sportboothäfen und Nebengewässern. "Der Entschlackungsaufwand in den kleinen Sportboothäfen hat sich seit der Vertiefung verzehnfacht", bilanziert Rademacher vom "Regionalen Bündnis gegen Elbvertiefung": "Die Strömungsgeschwindigkeit ist gestiegen und die Wucht des Wassers reißt gröbere Ablagerungen los."

Meist helfen sich die Vereine selbst, um ihre Häfen wieder auf Tiefe zu bringen. Sie befestigen etwa eine Egge, vergleichbar mit einem Pflug in der Landwirtschaft, an einem Boot und wühlen den Boden auf. Die Strömung spült den Schlick aus dem Hafen.

Auf diese Weise werden etwa die Seglervereinigung Freiburg, der Segler-Verein Stade und der Altländer Yachtclub jedes Jahr ihren Schlick wieder los und zahlen dafür pro Verein jährlich 5000 bis 10 000 Euro. Mit einem ähnlichen Verfahren will der ehemalige Kapitän Gerhard Siemens aus Buxtehude dieses Jahr den Schlick aus Stichkanälen der Este beseitigen (siehe Artikel unten). Denn auch im Buxtehuder Hafen hätten sich die Bedingungen für die Wassersportler drastisch verschlechtert, sagt Friedrich Renner, Vorsitzender des Buxtehuder Wassersportvereins Hansa. Die Zeiten, in denen Freizeitkapitäne den Hafen ansteuern und wieder verlassen können, hätten sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre um anderthalb auf mittlerweile nur noch fünf Stunden reduziert.

Detlef Wittmüß, Leiter des Wasser- und Schiffahrtsamtes (WSA) Hamburg, bestreitet nicht, dass die Elbvertiefung ihren Beitrag zur Verschlickung kleiner Häfen in den Nebengewässern leistet. "Aber nicht nur sie", sagt Wittmüß. Auch der Bau von Sperrwerken und Vordeichungen sowie die Umwandlung von Hafenbecken in Landflächen seien schuld.

Für den Widerstand der Wassersportler hat der Mann wenig Verständnis. Die erwartete Zunahme der Ablagerungen nach der nächsten Elbvertiefung sei mit bis zu fünf Prozent marginal, sagt Wittmüß. "Wir gehen davon aus, dass die Verschlickung, die von der Fahrrinnenanpassung verursacht wird, am Ende kaum messbar sein wird, weil sie so gering ist."

Der WSA-Chef ist der Ansicht, dass mit dem 2007 von der Stadt Hamburg gegründeten Elbefonds eine geeignete Lösung gefunden sei, um die Sportbootvereine finanziell zu entlasten. Aus dem mit zehn Millionen Euro ausgestatteten Fonds sollen Sportboothäfen an der Unterelbe, die bei der nächsten Elbvertiefung von einer Verschlickung betroffen sind, Zuschüsse erhalten.

Doch für die Skipper ist der Fonds ein schwacher Trost, da nur bis zu 30 Prozent der Gesamtkosten der Arbeiten gegen die Verschlickung übernommen werden. "Das Geld im Fonds reicht nicht aus, um die 80 Sportboothäfen an der Unterelbe finanziell zu unterstützen", sagt Walter Rademacher vom "Regionalen Bündnis gegen Elbvertiefung". Auch Jürgen Schröder, der Vorsitzende des Altländer Yachtclubs, kann dem Fonds nichts abgewinnen: "Das Geld ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir wollen ernst genommen werden."