Jahrzehntelang wurde sie unsachgemäß behandelt. Jetzt wird sie für 600 000 Euro von Grund auf repariert.

Hollern-Twielenfleth. Sie tut einem einfach nur leid und sie tut in den Ohren weh: Die letzte nicht restaurierte Orgel des barocken Instrumentenbaumeisters Arp Schnitger. Jahrzehntelang wurde der Orgel, die in der Hollern-Twielenflether Kirche St. Mautitius steht, regelrecht Gewalt angetan. Bei jedem Umbau musste die Kirchenorgel leiden.

Die einst frei stehenden Pfeifen wurden mit einer massiven Brüstung zeitweilig abgedeckt, das Brustwerk wurde ausgetauscht, die mit Eisenwinkeln versehene Mechanik wurde gegen billigen, bröckelnden Kunststoff ausgetauscht, das mechanische Gebläse wurde gegen ein pfeifendes, elektrisches Gebläse ausgetauscht und die Orgel wurde wie ein Sportwagen einfach tiefergelegt. Und die Banausen, die sich an der Orgel vergriffen hatten, haben stolz ihre Insignien auf die Orgel geklebt, als unübersehbares Zeugnis ihres "handwerklichen Könnens". Die Teile, die nach den Umbauten übrig waren, wurden zu einem guten Teil weggeworfen und sind unwiderruflich verloren.

Diesen Pfusch an der Orgel rückgängig zu machen, das ist die Aufgabe, die nun der Orgelbauer Hendrik Ahrend zu bewältigen hat. Der Mann aus Leer in Ostfriesland ist die letzte Hoffnung für das Kircheninstrument, das bis Donnerstagabend trötete wie ein dutzend defekter und von Dilettanten gespielter Dudelsäcke. Die Missklänge werden von nun an nicht mehr zu hören sein, denn der Benefizabend am Donnerstag, der für die Orgelsanierung veranstaltet wurde, war die "Last Night Of The Pipes". Kurz vor 20 Uhr schritt Ahrend vor rund 200 Unterstützern der Orgel zur Tat und begann mit dem Abbau der verbeulten und korrodierten Orgelpfeifen. Er soll und will die Orgel wieder zu dem machen, was sie einst war: eine klar klingende Orgel im Sinne ihres Schöpfers: Arp Schnitger.

"Die ganze Aktion kostet knapp 600 000 Euro", sagt Pastor Peter Golon. Das Geld hat der lokale Förderkreis in jahrelanger Arbeit gesammelt und hofft, dass alles nach Plan verlaufen wird. "Die Pfeifen kommen jetzt mit einem Lastwagen nach Leer, dann wird das Gehäuse begutachtet und Stückweise restauriert".

Das Problem für Ahrend ist: Es gibt keine historischen Aufzeichnungen darüber, wie die Orgel ursprünglich zusammengesetzt war. "Das müssen wir jetzt mühsam erarbeiten", sagt der Orgelbauer, der mit insgesamt sieben Kollegen die marode Orgel von Grund auf erneuern wird. "Natürlich helfen uns die noch bestehenden Orgeln Arp Schnitgers bei dieser Arbeit. Von ihnen können wir Rückschlüsse auf den Ursprungszustand dieses Instruments ziehen", sagt Ahrend.

Pastor Peter Golon und auch der Leiter der Stader Orgelakademie, Martin Böcker, haben volles Vertrauen in den ostfriesischen Orgelbauer, denn der hat bereits mehreren Orgeln des barocken Meisters zu altem Glanz verholfen. "In knapp einem Jahr wird die Orgel wieder richtig gut klingen", ist Böcker überzeugt.

Damit es dabei bleibt, wird Ahrend alle Schritte der Restaurierungsarbeiten akribisch aufzeichnen. "Das ist nötig, damit die Orgel auch für die Zukunft bewahrt und fachgerecht repariert werden kann", sagt Ahrend. Zunächst wird er die Orgelpfeifen reinigen, zurechtbiegen und, falls nötig, mit originalgetreuen Pfeifen ersetzen. Anschließend wird die mechanische Luftzufuhr wieder hergestellt, dann die Mechanik detailgetreu erneuert und das Gehäuse von dem derzeit hässlichen grauen Anstrich befreit und in seinen glanzvollen barocken Zustand zurückversetzt - braun mit goldenen Verzierungen. Als letzter Schritt werden die hunderte Einzelteile wieder zusammengesetzt und die Orgel intoniert. Alleine das werde, so Ahrend, mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

Peter Golon und Martin Böcker freuen sich schon jetzt auf den Moment, wenn die Orgel wieder im vollen Glanz erstrahlen wird. "Dann hört man hier auch endlich mal wieder richtige Musik", sagt Böcker.