Nach einer Prognose wird sich der Güterverkehr mit der Erweiterung des Hafens verdreifachen. Wer die Kosten von 20 Millionen Euro bezahlt, ist völlig unklar.

Stade. 700 Meter lange Güterzüge rattern über die Bahnschienen im Stader Quartier Campe. Noch sind es etwa 15 Stück pro Tag. Doch das wird sich mit der Erweiterung des Seehafens in Bützfleth ändern. Ein Fachbüro aus Hannover prognostiziert, dass in den kommenden Jahren 40 bis 50 Güterzüge über die Schienen rollen werden. Das ruft die Camper auf den Plan, die eine Initiative gegründet haben. Die Anwohner an der Trasse haben Angst vor einem Zugunglück. "Der Verkehr nimmt zu und damit steigt auch das Unfallrisiko. Ein Zugunglück ist nur eine Frage der Zeit", sagt Henning Hoins.

Der Ingenieur hat die Initiative ins Leben gerufen, die bisher im Hintergrund gearbeitet hat. Doch aus Sorge um die Sicherheit geht sie jetzt stärker an die Öffentlichkeit.

Die Stadt Stade will den Güterverkehr umleiten, damit die Züge aus Bützfleth künftig nicht mehr durch das Stadtgebiet fahren müssen. Eine neue Trasse soll parallel zur sogenannten Ostumgehung (L 111) gebaut werden und in Höhe des Kreisverkehrs Kaisereichen an die Bahnstrecke zwischen Cuxhaven und Stade anschließen. Wer die Kosten von 20 Millionen Euro bezahlt, ist allerdings noch völlig unklar.

Das muss aber zügig geklärt werden, weil die Trasse zum Hafen mit dem fünften Bauabschnitt der Autobahn 26 zwischen Stade und Drochtersen kollidiert. Der Planfeststellungsbeschluss für das Autobahnteilstück soll noch vor dem Sommer eingeleitet werden. Steht der Beschluss, bedeutet er das Aus für eine neue Trasse.

Doch trotz des Zeitdrucks ist kein Investor in Sicht. "Wir suchen mit Hochdruck einen Partner für das Finanzierungskonzept", sagt Stades Stadtbaurat Kersten Schröder-Doms. Denkbar sei die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn, der EVB und dem Land Niedersachsen. Allerdings hat die Bahntochter DB Netz der Stadtverwaltung eine Absage erteilt.

Daher ist offen, ob Stade die Planungen für die Trasse zum Seehafen bei einem Fachbüro in Auftrag geben wird. Die Planungsarbeit, die das Problem der Überschneidung der Schiene mit der Autobahn lösen soll, kostet nach Angaben der Stadt 700 000 Euro. Jetzt muss das Rathaus entscheiden: Gibt es 700 000 Euro für ein Gleis aus, bei dem nicht klar ist, ob es tatsächlich realisiert wird?

Die Antwort der Camper ist eindeutig. "Die Stadt darf sich den Weg für eine neue Schiene nicht verbauen", sagt Henning Hoins. Den Campern sei zwar bewusst gewesen, dass sie in die Nähe der Bahnschienen wohnen, aber der Güterverkehr habe eine neue Dimension angenommen. Die Initiative geht davon aus, dass der Industrieverkehr mit dem vergrößerten Seehafen um 800 Prozent zunehmen wird. "Wir sind nicht gegen Industrie oder den Hafen, aber die Trasse ist unabdingbar", sagt Bodo Cordes.

Der Apotheker Gerd Meincke sagt, warum: "Die Mehrheit der Güterzüge transportiert Gefahrengut, und das ist entweder hoch giftig, hoch entzündbar oder beides." Weil die Züge aus Bützfleth im Stader Bahnhof rangieren müssten, sei die Kollisionsgefahr besonders hoch. "Bei einer Explosion würde eine Feuerwalze über das Gebiet bis zur Harbuger Straße sowie bis zur Seniorenwohnanlage an der Salztorscontrescarpe hinwegziehen", sagt Meincke aus Campe.