Die Wehren leiden darunter, dass immer weniger junge Feuerwehrmänner aktiv sind. Sie werben deshalb besonders um weiblichen Nachwuchs in der Region.

Stade. Die Klagen sind nicht neu. Seit Jahren haben die freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Stade Sorge, dass ihnen der Nachwuchs ausgeht. "Obgleich wir endlich einen Anstieg der Mitgliederzahlen verzeichnen können, brauchen wir langfristig deutlich mehr Nachwuchs, um unsere Arbeit flächendeckend aufrechterhalten zu können", sagt Kreisbrandmeister Gerhard Moldenhauer. Denn in den Jahren zuvor war die Zahl der Feuerwehrleute stetig gesunken.

Die Feuerwehrleitung hat mittlerweile deshalb reagiert: Im vorigen Jahr haben Moldenhauer und seine Mitstreiter begonnen, verstärkt um Frauen, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie Neubürger zu werben. "Die Projekte laufen, wir hoffen, dass sich dies auch bald in den Mitgliederzahlen positiv niederschlägt", sagt Moldenhauer. Derzeit würden gerade Informationsbroschüren in mehreren Sprachen fertiggestellt, um Anwohner unterschiedlichster Sprachherkunft für die Feuerwehrarbeit zu gewinnen.

Auch die Anwerbung von Feuerwehrfrauen laufe auf Hochtouren. "Die Zahl derer, die wir dazugewinnen konnten, ist noch überschaubar, aber im Jugendbereich gibt es bereits Wehren, in denen mehr Mädchen als Jungs vertreten sind", sagt Feuerwehrsprecher Stefan Braun. Bei der Feuerwehr in Stade sei die Zahl der jüngeren Frauen in der Wehr bereits beträchtlich, nun müssten auch die anderen Ortswehren nachziehen.

Problematisch sei für die Feuerwehren weiterhin die Altersspanne zwischen 18 und 30 Jahren. "Viele junge Männer gründen dann eine Familie oder treten zum Beispiel in Hamburg einen Arbeitsplatz an. Sie haben weniger Zeit zur Verfügung und wollen sich daher nicht bei der Feuerwehr betätigen", sagt der Kreisbrandmeister. Dramatisch ist auch die Zahl bei den unter 21-Jährigen. Sie liegt laut dem Statistischen Landesamt mit 43,4 von 1000 deutlich unter dem niedersächsischen Landesschnitt von 52,4. Dass die Zahl der Feuerwehrleute insgesamt mit 19,1 pro 1000 Einwohner im Landesvergleich über dem Mittelwert von 15,9 liegt, verdeutlicht die schleichende Überalterung der hiesigen Feuerwehren.

Dass der Nachwuchs fehlt, hänge aber nicht nur mit Arbeit und Familie zusammen. Auch die derzeitige Ausstattung der Wehren trage angeblich dazu bei. "Die qualitative Ausbildung der Wehren ist gut, aber um mehr junge Leute für die Wehren zu gewinnen, benötigen diese auch Räume, in denen man sich gern aufhalten möchte", sagt Moldenhauer.

Kleine Räume, marode Garagen, veraltetes Mobiliar und teilweise mehr als 30 Jahre alte Technik würden den Nachwuchs eher abwimmeln denn begeistern. "Die Wehren tun alles, was sie können, um in Eigenleitung die Räume instand zu halten", sagt Braun. "Aber wenn die finanzielle Basis nicht stimmt, sind Nachwuchsprobleme eine logische Folge".

Dass die Arbeit der Wehren trotz all der Probleme weiterhin gut funktioniere, sei vor allem ein Ergebnis der guten Ausbildung der Feuerwehrleute. Im vergangenen Jahr rückten die Wehren unter anderem zu 460 Bränden und 669 Hilfeleistungen aus. "Unsere Leute haben insgesamt 1936 Einsätze absolviert", sagt Moldenhauer. Bei den 460 Bränden, davon 16 Großbrände, starben im vorigen Jahr drei Menschen, 16 Menschen wurden verletzt und 34 unbeschadet geborgen. "Das ist ein gutes Ergebnis. Die Zahl der Großbrände jedoch ist für meinen Geschmack deutlich zu hoch", sagt Moldenhauer.

Mehrere Einsätze sind im vergangenen Jahr von Brandstiftern gelegt worden. Allerdings sei die Zahl nicht besorgniserregend - ganz anders als das Verhalten mancher Bürger gegenüber der Feuerwehr. "Wir wurden mehrfach wegen angeblich unterlassener Hilfeleistung angezeigt", sagt Moldenhauer. Die Anzeigen seien absurd gewesen und daher zu Recht von der Staatsanwaltschaft abgeschmettert worden. "Dennoch", sagt Moldenhauer, "stimmt uns diesen Verhalten sehr nachdenklich".