Jamal Said hat Geräte und Arzneimittel nach Kabul gebracht. Der Radiosender “Voice of America“ hat den Apotheker zum “Menschen der Woche“ gewählt. Spätestens im Mai will der Stader wieder nach Kabul fliegen.

Kabul/Stade. Am ersten Weihnachtstag war er weg. Als ganz Deutschland das Weihnachtsfest beging, verabschiedete sich der Stader Apotheker Jamal Said von seiner Familie und flog im Auftrag der Hamburger "Robin Aid"-Stiftung und in Zusammenarbeit mit dem DRK zu einem humanitären Einsatz nach Kabul. Jetzt ist er wieder zurück in Deutschland. Und er ist zufrieden. "Der Einsatz hat sich wirklich gelohnt, ich habe mehr geschafft, als ich dachte", sagt Jamal Said.

Er sitzt in seiner Apotheke in Wilhelmsburg und winkt mit einem USB-Stick. Der Speicherstab ist gefüllt mit Fotos. Hunderten von Bildern aus Kabul, aus dem Kinderkrankenhaus, dem er Medikamente und Infusionslösungen überbracht hat, Bilder von Kindern, die im Krankenhaus vor dem Tod gerettet werden konnten, Bilder von Familien, die sich nicht einmal ein Laib Brot am Tag leisten können, Bilder aus Kabul, einer Stadt, die trotz oder gerade wegen der überall sichtbaren Zerstörung faszinierend wirkt. Bilder, die zeigen, dass sich die Menschen nicht unterkriegen lassen.

"Der Unterschied zwischen Deutschland und Afghanistan ist enorm, gerade im medizinischen Bereich", sagt der gebürtige Afghane Said. Das Fachwissen fehle in vielen Bereichen. Dass es keine großen Fortschritte in dem von jahrzehntelangen Kriegen geplagten Land gebe, habe vor allem mit der anhaltenden Korruption zu tun. 17 Millionen Dollar, die als Aufbauhilfe für Kabul dienen sollten, seien inzwischen in den dunklen Kanälen der Verwaltung verschwunden.

Das Ergebnis dieser Fehlentwicklung sei überall sichtbar. Die Straßen spotten ihrer Bezeichnung, tausende Häuser sind immer noch mit Einschusslöchern übersät, während sich nur wenige hundert Meter entfernt sogenannte Warlords Prachtbauten errichten lassen. "Die Stadt ist voller Bettler. Dutzende von Akademikern, die in die Drogenabhängigkeit abgerutscht sind, lungern am Fluss herum", sagt Said. Hunderte unterernährter Kinder und verzweifelter Witwen trieben sich auf den Wegen der afghanischen Metropole herum.

Doch es gibt auch Positives zu berichten. "Die Polizeipräsenz ist gut, die Sicherheit in der Region nimmt zu", sagt der Apotheker. Die Region rund um das "French Medical Institute for Children" (FMIC) sei gut geschützt, die Ärzte könnten in Ruhe ihre Arbeit in dem Kinderkrankenhaus erledigen. Und es gebe viel Arbeit für die Ärzte vor Ort. "In zwölf Stunden werden in dem Krankenhaus rund 35 Patienten behandelt", sagt Said. Das sei recht gut zu handhaben. Wenn es jedoch unvorhergesehene Notfälle gibt, werde es schwer, mit der Arbeit hinterherzukommen. Vor allem deshalb, weil viele medizinische Geräte immer noch fehlen oder nur einmal im Krankenhaus vorhanden seien. Dennoch gebe es immer wieder Erfolge für die Ärzte. "Als ich im Krankenhaus war, wachte dort ein Junge nach über zwölf Monaten endlich aus dem Koma auf. Das hat die Ärzte und auch mich sehr glücklich gemacht", sagt der Apotheker. Auch die Nachuntersuchung eines kleinen Mädchens, das vor rund einem halben Jahr in Deutschland in Erlangen am Herz operiert wurde, stimmte Said zufrieden. Die Operation, die von der "Robin Aid"-Stiftung bezahlt wurde, war ein Erfolg, das Kind wird nach der überstandenen Operation wieder ein normales Leben führen können.

Die Erfolge des Krankenhauses sprechen sich herum, die Ärzte genießen offenbar ein sehr hohes Ansehen und das Vertrauen der Bürger. Und auch Jamal Saids freiwillige Arbeit in dem Land am Hindukusch spricht sich herum. "Kürzlich wurde ich vom Radiosender 'Voice of America' zum Menschen der Woche gewählt", sagt Said. "Das hat mich wirklich überwältigt, denn mit solch einer Resonanz meiner Arbeit hatte ich gar nicht gerechnet."

Dass seine Mission in Afghanistan noch längst nicht abgeschlossen ist, weiß der Stader nur zu gut. Deshalb wird er auch weiterhin regelmäßig medizinische Spenden sammeln und diese nach Afghanistan fliegen. "Spätestens im Mai werde ich wieder in Kabul sein", sagt er, "denn die Menschen brauchen mich dort".