Initiator Gunter Demnig kommt am 19. April in die Stadt, um die Messingplatten ins Pflaster vor den Häusern der Ermordeten einzulassen.

Stade. Am 19. April ist es soweit. Dann werden die Stolpersteine nach langen und unrühmlichen Debatten in der Politik für die Stader Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Der Initiator der Gedenkaktion, Gunter Demnig, wird in die Hansestadt kommen und die Steine in das Pflaster einlassen, wie etwa in den Bürgersteig vor dem roten Backsteinhaus an der Straße "Im Neuwerk 9" im Stadtteil Campe.

Dort wohnte Fritz Friedlaender, der am 3. Februar 1920 in Stade geboren wurde. Der Sohn eines jüdischen Bankkaufmanns verließ das Gymnasium und flüchtete 1938 in die Niederlande, um von dort aus nach Palästina auszuwandern. Doch 1941 wurde er in den Niederlanden verhaftet, und in das Konzentrationslager Mauthausen deportiert. Die Nationalsozialisten ermordeten Friedlaender dort am 11. September 1941.

An den jungen Juden wird ebenso wie an 20 weitere Opfer aus Stade am 19. April außerdem mit einer kleinen Gedenkfeier erinnert, die derzeit von der Stader Verwaltung vorbereitet wird. "Wir werden bei der Verlegung eines Steines zusammenkommen, der in der Innenstadt eingelassen wird", sagt Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof. Geplant sei, dort eine zentrale Gedenkfeier zu halten, die allerdings keinen großen Rahmen beanspruchen soll.

Bis es soweit ist, soll auch ein Begleitheft fertig sein, das von Stades Stadtarchivar Jürgen Bohmbach sowie Stades Stadtarchäologen und Kulturbeauftragten Andreas Schäfer erarbeitet wird. Das Heft wird über die Schicksale der NS-Opfer informieren, die Gedenkaktion erläutern und die jeweiligen Standorte der Steine angeben.

Die Paten der Stolpersteine werden zudem vor dem 19. April bei einem Treffen im Rathaus über ihre Pflichten informiert. Sie übernehmen zum einen die Kosten in Höhe von knapp 100 Euro für die zehn mal zehn Zentimeter großen Gedenktafeln aus Messing. Zum anderen verpflichten sich die Paten, die Stolpersteine zu reinigen und zu pflegen.

Ursprünglich meldeten sich 25 Stader bei der Stadtverwaltung, um eine Patenschaft zu übernehmen. Somit gab es mehr Freiwillige als bislang bekannte Stader Opfer des Nationalsozialismus.

Während die Stader also von der Gedenkaktion überzeugt waren, sorgten einige Ratsmitglieder im vergangenen Sommer für heftige Diskussionen. Die beiden CDU-Politiker Karsten Behr und Dieter-Theodor Bohlmann lehnten die Stolpersteine ab mit der Begründung, es werde ausreichend an die NS-Opfer erinnert. Zudem wolle sich der Künstler Gunter Demnig an den Steinen bereichern, so die CDU-Ratsherren. Das stieß wiederum auf heftige Kritik im Rat und in der Öffentlichkeit. Schließlich ruderten die beiden Politiker zurück und der Stader Rat machte den Weg für die Verlegung der Stolpersteine frei.

Die Zustimmung für die Stolpersteine war notwendig, weil sie ausschließlich in das öffentliche Pflaster vor einem Haus eingelassen werden, in dem ein NS-Opfer vor seiner Deportation oder Verhaftung zuletzt gewohnt hat. Weil es öffentliche Wegflächen sind, braucht es die Erlaubnis der Stadt.

Die Messingtafeln werden für alle NS-Opfer verlegt, also unter anderem für ermordete Juden, politisch Verfolgte, Homosexuelle, Behinderte und Sinti. Auf den Tafeln, die Demnig in Handarbeit herstellt, steht: "Hier wohnte", dann folgt der Namen des Opfers, das Geburtsjahr, das Jahr der Deportation, der Todestag und der Ort. Der Kölner Künstler Demnig hat europaweit bereits über 20 000 Steine verlegt. Sie setzen in mehr als 480 Städten in Deutschland, Belgien, Österreich, Polen, Ungarn, der Ukraine und Niederlande Zeichen, die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht zu vergessen und der Opfer zu gedenken. Und solch ein Zeichen wird von April an nun auch in Stade gesetzt.