Das Unternehmen will Ausbildungsinhalte vermitteln und erwägt sogar, Mathe-Unterricht zu geben.

Apensen. Über Apensen geht ein Stern auf - der von Mercedes-Benz. Das Hamburger Werk geht auf eigene Initiative eine Kooperation mit dem Schulzentrum Apensen ein. Das zeigt, dass sich die Vorzeichen offenbar umgedreht haben. Jetzt sind es nicht mehr die Auszubildenden, die um die Lehrstellen kämpfen. Die Firmen buhlen nun um junge Ausbildungsanwärter - und zwar schon deshalb, weil die Zahl der Jugendlichen wegen des demokratischen Wandels schrumpft.

Den Auftakt der Kooperation macht ein Projekt vom 12. bis 16. April. Auszubildende des Mercedes-Benz-Werks bringen den Schülern im Schulzentrum Apensen bei, ein Werkstück - ein Solitär-Brettspiel aus Metall - herzustellen. Damit will das Unternehmen den Schülern einen Einblick in die Ausbildungsinhalte der Berufe Industriemechaniker und Elektroniker für Automatisierungstechnik gewähren. "Viele Schüler sehen Mercedes-Benz als Ausbildungsunternehmen als unerreichbar an", sagt Bernd Löhn, Ausbildungsmarketingleiter im Mercedes-Benz-Werk Hamburg. "Wir wollen den Schülern zeigen, dass wir auch nur Menschen sind und ihnen unser Unternehmen näherbringen."

In der Projektwoche bekommen die Schüler einen Eindruck davon, worauf es bei der handwerklichen Ausbildung zum Industriemechaniker und Elektroniker für Automatisierungstechnik bei Mercedes-Benz ankommt. Künftig soll die Kooperation aber noch tiefer gehen: Bernd Löhn schwebt vor, an der Schule auch gelegentlich Matheunterricht zu geben. "Wenn der Unterricht mit praktischen Erfahrungen verknüpft wird, ist es für die Schüler besonders interessant", bestätigt Günter Bruns. Der Leiter des Schulzentrums Apensen merkt aber auch an, dass die Schulen für die Firmen nicht zum Rekrutierungsmarkt für Auszubildende werden dürften. "Wir bilden nicht Arbeitnehmer, sondern Menschen aus."

Bei den Schülern waren die Projektplätze sehr begehrt. Die Acht- und Neuntklässler der Schule stürzten sich auf das Angebot, so dass die Plätze innerhalb von drei Tagen vergeben waren. "Mich hat interessiert, mit welchen Maschinen bei Mercedes gearbeitet wird und wie die Arbeit genau abläuft", sagt der Apensener Schüler Nick-Ruven Wagner.

Zwölf Schüler nehmen an dem Projekt teil. Sie scheuen sich offenbar auch nicht davor, ihre Freizeit dafür zu opfern. Denn die Projektwoche läuft am Nachmittag von 15 Uhr bis 18 Uhr. In der Zeit findet kein Unterricht an der Schule statt.

Auch die Eltern will Mercedes-Benz mit in das Projekt einbinden. Sobald das Werkstück fertig ist, werden sie in das Schulzentrum geladen. Die Jugendlichen stellen ihren Müttern und Vätern dann vor, was sie fabriziert haben.

Es sind noch weitere Vorhaben geplant: Damit sich die richtigen Schüler von der Ausbildung angesprochen fühlen, will Mercedes-Benz etwa auf Berufsinformationsabenden im Schulzentrum Apensen genau aufzeigen, welcher Notendurchschnitt gefordert ist. Auch eine Einführung in die Online-Bewerbung bei Mercedes-Benz sieht Löhn vor.

Doch warum hat sich das Hamburger Werk des renommierten Industrieunternehmens ausgerechnet das kleine Apensen ausgesucht, um in der dortigen Schule für ihre Ausbildungsberufe zu werben? "Wir schlagen einen Radius von 35 Kilometern um unsere Firma herum", sagt Löhn, der selbst in Apensen wohnt. Mit Schulen aus Buchholz, Tostedt und Winsen führt der Ausbildungsmarketingleiter ebenso Gespräche.

Schulleiter Bruns verspricht sich von der Kooperation, die Neugier der Schüler zu wecken. "Es geht mir nicht um den Stern", sagt Bruns. Für die Kinder sei es eine einmalige Erfahrung, Berufsinhalte konkret vermittelt zu bekommen. "Das kann die Schule so nicht bieten."