Beide Städte haben offiziell die Jahrhunderte lange Fehde beigelegt. 80 000 Besucher nahmen am Wochenende an der maritimen Feier teil.

Stade. Nun ist es offiziell: Stade und Hamburg haben ihre Jahrhunderte lange Fehde beigelegt und endlich Frieden geschlossen. Am Freitagnachmittag unterschrieben Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof und der hamburgische Bürgerschaftspräsident, Berndt Röder, die Friedensurkunde. Und gaben damit den Startschuss für das dreitägige Hansefest, das etwa 80 000 Besucher anlockte.

Zuvor liefen die beiden Politiker mit zwei historischen Koggen in den Stader Stadthafen ein. Hunderte Schaulustige standen bei strahlendem Sonnenschein auf den Deichen der Schwinge und am Hafenbecken, bejubelten die Schiffe und riefen "Stade Ahoi, Hamburg Ahoi". Die Stader Delegation fuhr mit der "Ubena von Bremen" voran. Die Hamburger Gäste kamen mit der "Roland von Bremen" hinterher. "Auch bei den Koggen sind wir den Hamburgern den entscheidenden Schritt voraus", sagte Rieckhof schmunzelnd.

Grund für den Streit war das Stapelrecht von 1259. Schiffe auf dem Weg nach Hamburg mussten drei Wasserzeiten, also eineinhalb Tage, ihre Waren im Stader Hafen zum Verkauf anbieten, sagte Rieckhof auf der Bühne am Stadthafen. Weil sich Hamburg diese Kampfansage nicht bieten lassen wollte, fälschte es eine Urkunde von Kaiser Barbarossa, die das Stapelrecht aufhob. Obwohl ein Gericht 1619 den Betrug aufdeckte und Stade Recht gab, ignorierte die Metropole das Stapelrecht. Der Streit führte sogar soweit, dass Stade aus dem Hansebund ausgeschlossen wurde.

Aber nicht nur diese Urkunde sei im Mittelalter gefälscht worden, sondern etwa 90 Prozent der Papiere, so Stades Stadtoberhaupt: "Der Hamburger Hafengeburtstag basiert auf einer falschen Urkunde und dürfte so gar nicht gefeiert werden." Dennoch wolle Rieckhof in die Zukunft schauen, denn die Gemeinsamkeiten und Zusammenarbeit der beiden Städte stünden im Vordergrund.

Röder war sich der Geschichte seiner Stadt bewusst: "Ich bin hier in heikler Mission." Er sei froh, dass die damalige wirtschaftliche Kriegserklärung nun der Vergangenheit angehöre. Heute seien Stade und Hamburg wirtschaftlich und touristisch eng verbunden. Der Flugzeugbauer Airbus sei für beide Regionen ein wichtiger Arbeitgeber. Hamburger würden gerne Stade und das Alte Land besuchen. Die Metropolregion wachse zusammen und werden zunehmend bedeutender.

Bevor das Hansefest eröffnet wurde, überreichte Wolfgang Drusell von der Arbeitsgemeinschaft Aktuelles Stade (AAS) Rieckhof ein Hansesegel, das nun vor dem Rathaus steht. Schüler der Fachschule für Gestaltung in Stade hatten es bemalt. Insgesamt sind 20 Segel von der Aktion "Stade segelt" für ein Jahr in der Innenstadt zu sehen. Drusell will die Segel danach an Partnerstädte ausleihen: "Sie könnten auch auf dem Hamburger Rathausplatz stehen und wir bekommen dafür den Wasserträger Hummel."

Danach gab der AAS-Vorsitzende mit einem Glockenschlag den Startschuss zum Hansefest, das im Zeichen des Wassers und der Seefahrt stand. Das Küstenmotorschiff Greundiek und die beiden Koggen konnten besichtigt werden. Fleetkähne schipperte auf dem Burggraben. Ein original Helgoländer Bördeboot machte ebenfalls in Stade fest. Der Drochterser Modellbauclub ließ seine Schiffe zu Wasser, Rettungsschwimmer der DLRG und Feuerwehr demonstrierten im Hafenbecken ihr Können. Shanty-Chöre sangen alte und neue Seemannslieder. Hansestädten und der neue Verein Hansecontor Stade präsentierten sich. Historisch verkleidete Gästeführer gingen mit Touristen bei den Rundgängen "Auf die Spuren der Hanse" durch die Altstadt .

Geschichtlich ging es auch auf dem mittelalterlichen Markt neben dem Schwedenspeicher-Museum zu. Kinder schmiedeten aus Kupferdrähten Gewandfibeln und filzten aus Wolle Bälle. Andere übten sich im Bogenschießen und siedeten Salz. Die mittelalterliche Küche bot Buchweizengrütze mit Beerenmus, Kräuterbrötchen und Zitronenmelisse-Tee nach hanseatischen Rezepten an.

Einer der Glanzpunkte war die Lichtershow "Flames of Water", die am Freitag- und Sonnabendabend den Hansehafen jeweils für 30 Minuten bunt erleuchtete und Hunderte Gäste in die Innenstadt gelockt hatte. Rund 700 Düsen spritzten passend zur Musik Fontänen in unterschiedlichen Variationen und Farben bis zu 30 Meter hoch. Etwa 80 000 Liter Wasser sorgten für ein Lichtermeer, das einige Besucher zu Tränen rührte. Ergriffen war auch Wolfgang Tannenberg von der AAS, der das Wasserspektakel organisiert hatte: "Das ist wunderschön und entschädigt für die viele, Nerven aufreibende Arbeit. Und ist noch schöner als ein Feuerwerk, weil es etwas Neues ist." Abends wurde zudem der Hafen in eine blaues Licht getaucht.

Nerven aufreibend war auch der Sonntag. Die Kaufleute öffneten ihre Geschäfte zum verkaufsoffenen Sonntag. In der Innenstadt herrschte dichtes Gedränge. Viele Hamburger kamen zum Bummeln, weil am autofreien Sonntag der HVV kostenfrei genutzt werden konnte. Auf der Shopping-Ebene herrscht also auch Frieden zwischen den beiden Hansestädten.