Mit der neuen, europaweit einmaligen Anlage wird die Wertschöpfungskette in Stade geschlossen. Sieben Millionen Euro werden investiert.

Stade. Die Erfolgsgeschichte der drei Buchstaben CFK (Carbonstofffaserverstärkter Kunststoff) wird in Stade fortgeschrieben. Der Verbundwerkstoff gewinnt für die Region weiter an Bedeutung. In wenigen Wochen beginnt der Bau des europaweit ersten CFK-Recycling-Centers. Bisher gibt es lediglich eine Pilotanlage zum Wiederverwerten des Kunststoffes auf dem Stader Dow-Gelände in Bützfleth. Betreiber der Anlage ist die CFK Valley Stade Recycling GmbH, eine einhundertprozentige Tochter des Wischhafener Unternehmens Karl Meyer. Der Umweltdienst Meyer investiert etwa 5,3 Millionen Euro in das Projekt. Das Land Niedersachsen bezuschusst das Center mit 1,7 Millionen Euro.

Wo das Recycling Center gebaut werden wird, ist noch offen, so Tim Rademacker, Vertriebsleiter von CFK Valley Stade Recycling: "Wir sind gerade in der Wirtschaftlichkeitsprüfung." Allerdings kann er bereits verraten, dass die Anlage im Landkreis Stade entstehen wird, wahrscheinlich in oder am Rand der Kreisstadt. Ende des kommenden Jahres soll das neue Recycling Center in Betrieb genommen werden.

Der Standort Stade bietet sich an, schließlich hat sich die Hansestadt zu einer regelrechten CFK-Metropole entwickelt. Das Stader Airbus-Werk ist bei der CFK-Verarbeitung Vorreiter, im CFK-Campus wird der Entwicklungs- und Forschungsnachwuchs ausgebildet und im zukünftigen Forschungszentrum wird der Kunststoff weiterentwickelt.

"In Stade wird die gesamte Wertschöpfungskette von CFK abgebildet", sagt Axel Herrmann, Vorstandsvorsitzender vom Verein CFK-Valley, der sich als Kompetenznetzwerk versteht. "Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Das gibt es weltweit nur in Stade." Die Bedeutung des Werkstoffes zeige sich ebenfalls bei der Ansiedlung von neuen Unternehmen, sagt der Professor: "In den vergangenen Jahren haben sich etwa 15 neue Unternehmen in Stade niedergelassen und damit rund 500 neue Arbeitsplätze geschaffen." Das Recycling Center sei ein gutes Beispiel für die Cluster-Wirkung, also die Bündelung der Aufgabenbereiche. Das betreffe sowohl den leichten und dabei stabilen Kunststoff, als auch den Verein. In dem Center werden weitere 50 Arbeitsplätze entstehen.

Die Anlage wird von 2011 an sämtliche CFK-Abfälle von den deutschen und spanischen Airbus-Werken sowie von der EADS-Tochtergesellschaft Premium Arotec verarbeiten, so Oliver Grundmann, Geschäftführer der CFK Valley Stade Recycling: "Wir rechnen mit 300 bis 350 Tonnen CFK pro Jahr."

Das könnte sich in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Schließlich nimmt der CFK-Anteil in Flugzeugen stetig zu. So wird der neue Flugzeugtyp A350, der von 2013 an in die Serienfertigung gehen soll und teilweise in Stade produziert wird, zu 53 Prozent aus dem Kunststoff bestehen. Aber auch in anderen Leichtbauindustriezweigen nehme die Anwendung zu, sagt Rademacker: "Der jährliche CFK-Zuwachs beträgt mehr als zehn Prozent." Dadurch werde nicht nur mehr Kunststoff benötigt, sondern auch der kostbare Abfall steigen: "Der Entsorgungsbedarf wird zunehmen."

Das Stader Center ist auf die Entwicklung vorbereitet. "Die industrielle Anlage wird pro Jahr bis zu 1000 Tonnen CFK-Abfälle verarbeiten können", so Grundmann.

Und Airbus ist sein Problem der Entsorgung los, das nicht zu unterschätzen ist. In Europa fallen beim Flugzeugbauer jährlichrund 500 Tonnen CFK-Reste an. Bisher seien die Überbleibsel verbrannt worden, sagt Rademacker: "Das ist teuer und belastet die Umwelt." Die Deponierung von CFK-Teilen ist seit 2005 in Europa verboten. Das Wiederverwerten sei die optimale Alternative.

"Mit dem Recycling-Verfahren können die Fasern fast vollständig wiederverwertet werden", so der Vertriebsleiter. Während des Pyrolyse-Verfahrens werden die aufbereiteten und zerkleinerten CFK-Teile in einem Ofen auf 500 bis 900 Grad erhitzt. Dabei verdampft das Harz und die Fasern bleiben ohne Rückstände zurück. Danach wird die Kohlenstofffaser veredelt und kann wiederverwendet werden.

Allerdings sind die sogenannten Recyclate nicht universell einsetzbar, so Rademacker: "Der recycelte Kunststoff ist nicht lang und stabil genug, um daraus tragende Flugzeugteile wie etwa Seitenleitwerke zu bauen." Weil die Recyclate deutlich preisgünstiger seien, würden sie bei anderen Flugzeugteilen und Leichtbaubranchen verarbeitet werden: "Denkbar sind Handgepäckablagen und Sitze in Flugzeugen. Aber auch in der Automobilindustrie werden sie verwendet werden. Überall, wo Treibstoff eingespart werden soll." CFK sei die Zukunft der Mobilitätsbranche, und damit Granat für eine erfolgreiche Zukunft des Recycling Centers.