Die Wirtschaftsförderer des Kreises sind sich einig: Es gab in der Region keine Wirtschaftsflaute wie von der Industrie- und Handelskammer behauptet.

Stade. Die aktuelle Studie, die am Dienstag von der Industrie- und Handelskammer (IHK) präsentiert wurde, verkündet stolz das Ende der Wirtschaftskrise im Landkreis Stade. Doch der Wert der Studie muss nach Ansicht von Wirtschaftsförderern in Zweifel gezogen werden. Es sei überaus fraglich, ob es im Landkreis Stade überhaupt eine Wirtschaftskrise gegeben habe.

Michael Seggewiß von der Wirtschaftsförderung Landkreis Stade GmbH relativiert die Euphorie und den Wert der IHK-Studie. "Für große Industrieunternehmen wie die Dow in Stade gab es sicherlich in den letzen Monaten eine Delle nach unten", sagt er. "Doch im Handwerk gab es in den meisten Bereichen keine Auftragseinbrüche." Und das Handwerk beziehungsweise die mittelständischen Unternehmen seien nach wie vor der Motor der Wirtschaft im Landkreis. Die Krise sei am Landkreis vorbeigegangen.

Auch in Buxtehude kann die Wirtschaftsförderin Kerstin Maack nicht bestätigen, dass dort die Rezession durchgeschlagen habe. Die große Weltwirtschaftskrise sei in Buxtehude nicht zu spüren gewesen. Im Gegenteil: "Die Stadt ist wirtschaftlich seit Monaten sehr gut aufgestellt", sagt sie.

Die IHK-Studie reflektiert vor allem die Stimmung einzelner Branchen - und die sei, so Seggewiß, nur bedingt als Indikator für die Wirtschaftslage brauchbar. "Da stehen letztlich kaum gesicherte Zahlen dahinter, solch eine Studie lebt vor allem von einem Bauchgefühl." Heute könne noch gute Laune herrschen, morgen aus anderen Gründen die Stimmung wieder schlechter sein, ohne dass es sich in Umsatz, Renditen und Gewinnen niederschlagen würde. Auch eine allgemein verringerte Kreditvergabe sei so nicht erkennbar. "Bei der gesamten Diskussion darf nicht außer Acht gelassen werden, dass neben der allgemeinen Konjunktur auch Branchenentwicklungen und Firmenkonjunkturen eine Rolle bei der Vergabe von Krediten spielen." Für das Land Niedersachsen könne, nimmt man die Daten der N-Bank, dem Förderinstitut des Landes Niedersachsen, als Grundlage, keine verringerte Kreditvergabe für 2007 und 2008 festgestellt werden. In den ersten beiden Quartalen 2009 sei sogar, so Seggewiß, eine leicht gesteigerte Kreditvergabe feststellbar.

Gegen die Darstellung der IHK und für die Infragestellung der Studie spricht teils auch, dass die Zahl der Arbeitslosen im Juli dieses Jahres praktisch identisch mit der des Vorjahres ist. Im Juli 2008, kurz bevor die Wirtschaftskrise in Deutschland durchschlug, lag die Arbeitslosenquote im Kreis Stade bei 7,2 Prozent. Sie hat sich damit im Vergleich zum Vorjahresmonat nicht verändert. Anders sah es in den Jahren 2005 bis 2007 aus. Damals lag die Arbeitslosenquote im Kreis Stade bei acht bis zehn Prozent.

Torsten Oliver Deecke, Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Stade, begründet die konstant niedrige Arbeitslosenquote damit, dass im Kreis Stade gerade diejenigen Industrien, die von der Krise betroffen sind - das sind vornehmlich der Maschinenbau und die Automobilzuliefererindustrie - praktisch nicht vertreten sind. "Die Wirtschaftskrise hat den Landkreis Stade darum auch nur geschrammt", bilanziert die Agenturleiterin Dagmar Froelich die Lage in der Region. Um ein Ende der Wirtschaftskrise auszurufen, sei es noch zu früh. "Da müssen wir noch die Arbeitsmarktzahlen vom Herbst abwarten", so Froelich.

Ein Grund für die Stagnation bei den Arbeitslosenzahlen sieht Michael Seggewiß darin, dass einige Unternehmen die Krisenzeit für Fortbildungsmaßnahmen nutzen. Ein weiterer Grund sei, so Dagmar Froelich, die Kurzarbeit, die mehrere Unternehmen bisher vor Entlassungen bewahrt habe.

Dennoch wird die Studie der IHK vorsichtig positiv gewertet. Sie bestätigt nach Ansicht der Wirtschaftsförderer, dass der Landkreis eine besonders gute wirtschaftliche Ausgangssituation besitze und mit seinen innovativen Technologien weiterhin ein wirtschaftliches Zugpferd in Niedersachsen sei. Agenturleiterin Dagmar Froelich beurteilt die Aussage der IHK-Studie zunächst einmal positiv, auch wenn sie vieles derzeit nicht ganz so optimistisch beurteile.