Bewegendes Kriegsdrama setzt sich gegen 60 Mitbewerber durch: Autor Markus Zusack (34) erhält den renommierten Jugendbuchpreis für seinen Roman “Die Bücherdiebin“.

Buxtehude. Die Frauen machen es spannend. Nacheinander öffnet die stellvertretende Bürgermeisterin Christel Lemm die Umschläge mit den Bewertungen der Jury und verliest, auf welchen Platz die Juroren die Autoren gehoben haben. Zum 38. Mal wurde am Dienstagabend in der Stadtbibliothek der Literaturpreis "Buxtehuder Bulle" für das beste Jugendbuch verliehen.

Ulrike Mensching, Leiterin der Stadtbibliothek Buxtehude, und Sibylle Bruns-Decker, stellvertretende Leiterin der Fachgruppe Kultur und Tourismus, notieren eifrig mit, vergleichen. So manche Juroren geben ein enttäuschtes "Ooch" von sich, weil die anderen Jury-Mitglieder offenbar nicht ihrer Meinung waren.

Dann zückt Mensching den Taschenrechner und zieht sich zum Rechnen zurück.

Elf Jugendliche und elf Erwachsene haben sich seit vergangenem Herbst durch knapp 60 neue Jugendromane gelesen und neun Titel in die Endrunde geschickt. Die Bücher sind sehr unterschiedlich, aber so ziemlich alle Titel haben eines gemeinsam: Sie sind bewegend. "In den Büchern wird geliebt, gestorben, gelitten", sagt Ulrike Mensching. "Ich finde es erstaunlich, was sie auf die vordersten Plätze gewählt haben", sagt sie zu Beginn der Preisverleihung in Richtung Jury. Diese Meinung teilen auch einige Jugendliche unter den Jurymitgliedern. "Die Bücher sind sehr emotional und wirken nach. Über etliche davon habe ich noch später viel nachgedacht", sagt Anna Schwedt (17) aus Buxtehude. Nach kurzer Zeit kehren Lemm, Mensching und Bruns-Decker mit ihrem Zahlenwerk zurück und nehmen wieder Platz vor dem Jury-Publikum und verraten, wer den "Bullen" in diesem Jahr bekommt: Markus Zusak für "Die Bücherdiebin". Die Handlung spielt im Deutschland vor und während des Zweiten Weltkriegs. Bemerkenswert ist, dass der Erzähler des Romans der Tod ist. Er sammelt die Seelen der Menschen ein. Er begegnet aber auch Überlebenden, nämlich der neunjährigen Liesel Memminger im Jahr 1939. Davon handelt das Buch.

Aus kindlicher Perspektive werden ihre Erlebnisse in Molching bei München während der Zeit des Nationalsozialismus geschildert. Bruns-Decker überbrachte Zusak die Gewinner-Nachricht per Telefon. Denn Zusak lebt in Australien. 20 Uhr Ortszeit in Buxtehude am Dienstagabend heißt etwa 6 Uhr Ortszeit in Sydney. Die Nachricht war dann wohl die erste, die Zusak gestern Morgen von seinem Anrufbeantworter abgehört hat. Ein Australier berichtet über den Zweiten Weltkrieg? Das ist nicht so überraschend wie man annehmen mag. Zusak wuchs als Sohn deutsch-österreichischer Eltern auf. Die Erzählungen seiner Eltern über die Bombenangriffe auf München im Zweiten Weltkrieg verarbeitete er in dem Roman.

Jurymitglied Luca Lüneburg (16) aus Buxtehude findet, dass "Die Bücherdiebin" den "Buxtehuder Bullen" verdient hat. "Schon wieder Zweiter Weltkrieg" war seine erste Reaktion. "Aber das Buch hat mich dann sehr überrascht. Zusak hat es geschafft, das Thema neu aufzulegen und mitreißend zu erzählen." Auch Anja Kulmus (40) ist hingerissen. "So etwas habe ich noch nie gelesen."