Die Krankheit lässt Blätter und Zweige austrocknen. Bezirksförster Heiko Brunkhorst: “Es geht bergab.“

Stade/Buxtehude

Forstleute und Waldbesitzer sind in Sorge: Ein Pilz macht die Eschen krank. Europaweit ist von einer Epidemie die Rede, in Mecklenburg-Vorpommern gilt bereits ein Pflanzverbot. Fachleute sprechen vom Eschentriebsterben.

"Wir stehen vor einem ziemlichen Problem", sagt Gerhard Otto, bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen zuständig für Forstwirtschaft. Die Zahl der befallenen Bäume in den Wäldern im Landkreis Stade steigt stetig. So tritt das Eschentriebsterben schon bei jungen Bäumen auf. "Leider geht es mit unseren Eschen nur bergab. Die Frage nach einer Besserung muss man verneinen", sagt Heiko Brunkhorst, Bezirksförster aus Schwinge. Er betreut seit zehn Jahren 2800 Hektar Wald zwischen Stade und Cuxhaven sowie die 400 Besitzer dieser Wälder. Zwischen fünf und zehn Prozent der Fläche ist in seinem Bereich mit Eschen bepflanzt.

Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) in Göttingen forscht intensiv nach der Ursache des Eschentrieb-Sterben. Gingen die Experten lange vom Schlauchpilz "Chalara fraxinea" als todbringendem Parasiten aus, so beschreibt die Fachwelt diesen Pilz neuerdings als eine Nebenfruchtform des Weißen Stengelbecherchen ("Hymenoscyphus albidus"), der bereits seit 1850 bekannt ist.

In jedem Fall dringt der Erreger in die Leitungsbahnen der Bäume ein und unterbindet den Transport von Nährsalzen und Wasser von der Wurzel bis in die Krone, was den Baum regelrecht ausbluten lässt. Blätter und Zweige trocknen so aus. Die Blätter der Eschen werden daher entweder gar nicht oder erst viel später grün. Brunkhorst: "Schaut man in die Kronen der befallenen Eschen hinein, dann sieht das wenig grün und nicht gesund aus." Der Bezirksförster hat zudem erkannt, dass die erkrankten Eschen Nottriebe an unüblichen dunklen Stellen entwickeln, die jedoch nutzlos seien.

Das Phänomen gibt den Fachleuten insofern Rätsel auf, als der Pilz schon lange in den Eschen vorhanden war, bisher jedoch nie tödlich gewirkt hat. "Pilze gibt es latent immer. Bei Eschen ist es jetzt ungewöhnlich, dass sie durch die Pilze Schaden nehmen", so Otto. Die Esche braucht strenge Winter mit tiefen Frösten. Sie liebt kalkhaltige Böden, steht aber auch gern in feuchten Bereichen, etwa an Flüssen und Bächen. Gerade an diesen Standorten jedoch sind die Bäume besonders gefährdet. Brunkhorst: "Die Esche braucht ein Gebiet mit hohem Nährstoffgehalt."

Um das Problem flächendeckend in Deutschland zu analysieren, bittet die NW-FVA alle Förster und Waldbesitzer darum, Auffälligkeiten umgehend zu melden. "Wir wissen, dass das Eschensterben von Polen und Litauen ausging und mittlerweile in Deutschland weit verbreitet ist. Es gibt viele Meldungen aus dem Norden, Osten und aus Bayern. Nur aus Hessen bisher keine", sagt Expertin Dr. Gitta Langer, die als Mykologin bei der NW-FVA arbeitet.

Weil die Fachleute bislang nicht wissen, wie sich der Pilz verbreitet, kennen sie auch keine möglichen Gegenmaßnahmen. "Es ist unmöglich, alle Eschen zu fällen", sagt Bezirksförster Heiko Brunkhorst. Zumindest sei der Pilz für andere Baumarten ungefährlich. Bei Neuanpflanzungen hofft der Beamte aus Schwinge darauf, dass die Baumschulen Eschen ohne Befall liefern. Ein frühes Sterben sei sehr ärgerlich - nicht nur, da jede neu gepflanzte Esche einen Wert von etwa 100 Euro habe.

Die befallenen Eschen sind aber nicht das einzige Problem. Schließlich vernichtete ein Schlauchpilz vor ein paar Jahren fast den gesamten mitteleuropäischen Ulmenbestand. Heiko Brunkhorst blickt zudem sorgevoll auf Erlen, denen ebenfalls Parasiten zu schaffen machen. "Bestände von Erlen brechen großflächig zusammen", so der Forstoberinspektor. Michael Stall, fachlicher Leiter Waldbau des Stadtforstamtes Lüneburg, zieht daher ein besorgniserregendes Fazit für die Bäume der Region: "Der Patient Wald ist geschwächt."

www.nw-fva.de