Das neue Geschäft mit Georthermie läuft immer besser. In Drochtersen bohrt eine Spezialfirma mit Hydraulik bis zu 80 Meter in die Tiefe.

Drochtersen. Vorsichtig senkt Torsten Kühn den Bohrer der vollhydraulischen Bohranlage in das Erdreich. Über einen Schlauch wird bei dieser Spülbohrung Wasser in das Loch gegeben, damit die abgetragene Erde an die Oberfläche gedrückt wird. In Drochtersen bohrt die Spezialfirma aus Neetze im Kreis Lüneburg drei Löcher à 80 Meter. Ihr Ziel: Ein Einfamilienhaus, das am Schulsteig gerade gebaut wird, soll komplett mit Erdwärme versorgt werden.

Firmen-Chef Sven Hansen ist zufrieden mit der Tiefbohrung in Drochtersen. Der Brunnenbaumeister hatte den Betrieb für Wasser- und Brunnenbautechnik im Jahr 1995 gegründet und beschäftigt mittlerweile bis zu sieben Mitarbeiter. Die Firma hat sich unter anderem auf Erdwärmebohrungen spezialisiert. Das Geschäft mit der Geothermie läuft gut. "Wir bauen jede Woche eine Anlage", sagt Hansen.

Wie tief gebohrt werden muss und wie viele Löcher erforderlich sind, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Einer davon ist die Größe des Hauses, ein zweiter die Wärmedämmung. Entscheidend ist auch die Beschaffenheit des Bodens. Vorab muss geklärt werden, wie viele unterschiedliche Schichten die Arbeiter erwarten und wie wärmeleitfähig diese jeweils sind. Dazu greifen sie auf die Daten vorheriger Bohrungen in der Region zurück.

Am Schulsteig in Drochtersen entsteht ein Haus mit knapp 340 Quadratmetern Wohnfläche. Berechnungen haben ergeben, dass in diesem Fall Löcher für Erdwärme-Sonden mit einer Gesamttiefe von 240 Metern erforderlich sind, um das Haus und das dafür notwendige Wasser komplett mit Erdwärme zu heizen. Bohrt das Unternehmen tiefer als 99 Meter, gilt in Deutschland das Bergbaurecht mit einem verschärften Antragsverfahren. Bis zu dieser Tiefe ist die Untere Wasserbehörde, in diesem Fall der Landkreis Stade, für die Genehmigungen zuständig.

In Drochtersen werden drei Löcher mit einer Tiefe von jeweils 80 Metern gebohrt. Dafür hat das Unternehmen eine Bohranlage mitgebracht, die bis zu 150 Meter tief bohren kann. Hansen besitzt noch eine größere Anlage, die es auf eine Tiefe von 250 bis 300 Meter schafft und eine Raupenbohranlage für Löcher bis 50 Meter. Sein Bohrer bewältigt alle gängigen Bodenklassen von eins bis sieben, wobei in Drochtersen nur die Klassen eins bis fünf vorkommen. "Bei sechs und sieben handelt es sich zum Beispiel um Felsen, Klasse fünf kann Ton sein", erklärt Hansen.

Während der Bohrung gehen die Spezialisten äußerst vorsichtig vor. Alle drei Meter werden Bodenproben genommen, um die Wärmeleitfähigkeit an diesen Stellen festzustellen. Am besten geeignet, um Wärme zu leiten, ist laut Hansen nasser Sand. Hat der Bohrer die gewünschte Tiefe erreicht, wird die Erdwärmesonde eingelassen. Anschließend wird ein zementähnliches Glykolgemisch zugegeben, wodurch das Wasser der Spülbohrung verdrängt wird. Dieser sogenannte Dämmer ist Pflicht. "Da gibt es auch keine zwei Meinungen", sagt Hansen. Schließlich werde dadurch das Grundwasser geschützt.

Die Arbeit der Firma ist beendet, wenn zwei Rohre ins Gebäude führen, ein Vor- und ein Rücklauf. Dann übernimmt ein Fachmann für Haustechnik. Hier ist es das Himmelpfortener Unternehmen Stöver. Im Keller des Hauses in Drochtersen befindet sich das Herzstück der Anlage, die Wärmepumpe, etwa so groß wie ein Kühlschrank.

Durch die Sonde wird ein etwa sechs Grad kaltes Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel tief in die Erde geleitet. Dort herrscht immer eine gleich bleibende, höhere Temperatur. 80 Meter unter Drochtersen sind es etwa zwölf Grad Celsius. Das Gemisch erwärmt sich und wird zurück nach oben in die Wärmepumpe im Keller des Hauses geleitet. Der Verdampfer der Wärmepumpe entzieht dem Gemisch die Wärme: Das flüssige Kältemittel der Wärmepumpe verdampft, das Gemisch kühlt ab und wird wieder in die Erde geführt. Der entstandene Kältemitteldampf wird "mittels eines Kompressors verdichtet und erhitzt", so Dietmar Groß, Fachplaner für Energieeffizienz und erneuerbare Energien bei der Firma Stöver.

Dann heizt der Kältemitteldampf das Heizwasser im sogenannten Verflüssiger auf. Dieser gibt die Wärme an den Pufferspeicher ab. "Dort kann sie für mehrere Tage gespeichert werden", sagt Groß. Aus dem Pufferspeicher gelangt die Wärme in die Heizkreise und wird im Haus verteilt, beispielsweise über eine Fußbodenheizung. Der Dampf kondensiert und fließt zurück in die Wärmepumpe. Ein Entspannungsventil verringert den Druck des flüssigen Kältemittels. Es kühlt ab und kann dann im Verdampfer wieder Wärme aus dem Gemisch aufnehmen, das durch die Sonden aus der Erde kommt. Der Kreislauf beginnt von vorn.

Doch warum lohnt sich der Umstieg auf eine Erdwärme-Heizung? Zum einen werden mit dem Einsatz von erneuerbaren Energien Ressourcen und damit die Umwelt geschont. Außerdem wirkt es sich im Geldbeutel aus. So kann man bei einem Neubau mit Erdwärme im Vergleich zu einer Pelletheizung bis zu 50 Prozent der jährlichen Kosten sparen. Verglichen mit einer Gas- oder Ölheizung schneidet die Erdwärmeheizung sogar noch besser ab. Wer umsteigen möchte, muss jedoch genau rechnen. "Jedes Haus ist anders", sagt Dietmar Groß. Mögliches Einsparpotenzial müsse deshalb in jedem Fall individuell ausgerechnet werden.