Westerland. Auf Sylt ist Blumen Hansen eine Institution. Dank Imke Matthiesen ist das Geschäft auch weit über die Insel hinaus bekannt.

Lila Nelken, rote Rosen und blaue Disteln: Wer Imke Matthiesens Laden gleich hinter dem Bahnhof in Westerland betritt, fühlt sich auch jetzt, im verschneiten Dezember, wie im siebten Blumenhimmel. Ein menschengroßer Kranz aus Tannengrün und Weihnachtskugeln ziert den Eingangsbereich. Überall stehen drapierte Kerzen und Laternen.

„Moin, fühl dich herzlich Willkommen“, ruft Matthiesen ihren Kunden liebevoll von hinten aus ihrem Büro zu – ohne zu sehen, wer da eigentlich ihren Laden betritt. Doch so ist die 47-Jährige, die ihr dunkelbraunes schulterlanges Haar zu einem Zopf gebunden hat: unerschrocken und nahbar. Und das scheint nicht nur auf Sylt gut anzukommen. Denn der Blumenladen der Schleswig-Holsteinerin wird mittlerweile von Kunden aus ganz Deutschland angesteuert. Auch aus Österreich und der Schweiz kämen sie.

Über 40.000 Follower: Wie eine Sylter Floristin zur Influencerin wurde

Manchmal, so Matthiesen, müsse sie ihre Kunden sogar bitten, draußen zu warten, weil die gelernte Floristin und ihr zwölfköpfiges Team anders nicht hinterherkämen. Und wenn Matthiesen einen neuen Dekoartikel im Sortiment hat, präsentiere sie diesen oftmals etwas zeitversetzt in ihrem Online-Shop, weil es meist nur Minuten dauere, bis auch dieser ausverkauft sei. Doch was ist das Geheimnis, das Kunden über Hunderte Kilometer bis auf die Insel zu Blumen Hansen treibt?

Dass es allein die Auswahl ihrer Blumen ist, ist zu bezweifeln. Auch wenn Matthiesen zweimal die Woche um zehn Uhr abends losfährt, um pünktlich um halb eins am Hamburger Blumengroßmarkt zu stehen und sich die schönsten und frischesten Schnittblumen heraussucht, kann dies bei der Anzahl an Sylter Floristen nicht der einzige Grund sein. Vielmehr ist es wohl die Tatsache, dass sich Matthiesen während der Pandemie einen Instagram-Account erstellt hat und ihre Follower seitdem mit in ihren Alltag als Floristin nimmt.

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„Während der Pandemie wurde Sylt komplett dicht gemacht und ich war mir nicht sicher, wie es weitergehen soll. Dann habe ich einfach mal sporadisch mit einem Instagram-Account angefangen, um wenigstens online ein bisschen etwas verkaufen zu können.“

Und damit hat die 47-Jährige anscheinend einen Nerv getroffen: Über 40.000 Personen sind es mittlerweile, die Matthiesen auf der Plattform folgen. „Ich zeige auf dem Kanal echt alles. Auch, dass wir Bestellungen mal an die falsche Adresse liefern oder die kleinen Drecksecken hier im Laden.“ Eine Kundin habe mal gesagt, es sei ein bisschen wie bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, sagt Matthiesen und lacht. Und tatsächlich: Auch an diesem Freitag klappt die tägliche Überfahrt mit dem Autozug nach Westerland mal wieder nicht so wie geplant. Abgesehen von der Zeit, die Matthiesen dadurch verliert, „ist dies für unsere Frostempfindlichen Blumen nicht unbedingt von Vorteil“, erzählt die 47-Jährige in einer ihrer Instagram-Stories. „Ich habe kurz überlegt, ob ich jetzt die Augen zumache, oder euch mit auf den Autozug nehme und euch die Aussicht auf die Schneelandschaft zeige“, heißt es in der nächsten Story.

Gewinnerin des Oscars für die Grüne Branche

Matthiesen sagt, ihr sei es wichtig zu zeigen, dass auch sie und ihr Team "nur mit Wasser kochen". Doch die Floristin hat es mit ihrem Reality-Format nicht nur in die Herzen ihrer Follower geschafft. Erst im vergangenen Jahr gewann sie in den Kategorien „Floristin des Jahres“ sowie „Kreativ durch die Krise“ den sogenannten Taspo Award – eine Art Oscar für die Grüne Branche.

Unter ihren Followern befinden sich laut Matthiesen rund 4500 Floristinnen, weshalb sie bereits auf Blumen-Exkursionen in die Schweiz sowie nach Kolumbien eingeladen wurde. Dort besichtigte die 47-Jährige etwa andere Blumengeschäfte sowie Hortensien- oder Rosenfarmen. „Instagram war sozusagen mein Tor zur Welt.“

Darüber hinaus ist die Kommunikation über die Plattform für Matthiesen aber auch Verarbeitung von dem, was die gebürtige Niebüllerin aktuell beschäftige. „Wenn es mir schlecht geht, merken meine Follower das direkt. Oftmals erhalte ich dann ganz viele liebe Nachrichten.“ Das sei es, was die Floristin so motiviere. "Es ist wie eine Art Gemeinschaft, nur ohne politisch zu werden." Denn das klammere Matthiesen bewusst aus.

"Mir gefällt die Ästhetik der Bildsprache auf Instagram und die Positivität im Gegensatz zu Facebook", so Matthiesen. Und weil die Floristin ihre Reichweite für etwas Gutes einsetzen wollte, veranstaltet Matthiesen in diesem Jahr eine große Verlosung von regionalen Produkten. Der Erlös geht dabei an den Förderverein "Gesucht Gefunden Sylt", der ein Anlaufpunkt für alle Sylter in Sorge oder Not ist. Auch die 2500 Lose seien innerhalb von wenigen Minuten ausverkauft gewesen. "Ich bin wahnsinnig stolz, dass wir gemeinsam so schnell so viel Geld zusammen bekommen haben."

Für die Zukunft plant die Floristin ihren Instagram-Kanal so weiterzubetreiben. Ihren Onlineshop wolle Matthiesen aber nicht weiter ausbauen, um den lokalen Einzelhandel auf Sylt nicht zu gefährden. Matthiesens Geschäft solle schließlich immer noch der Hauptanlaufpunkt bleiben.