Itzehoe. Studenten schildern vor Gericht schreckliche Szenen im Regionalzug. Verteidiger fordert andere Unterbringung für Ibrahim A.

Sieben Monate nach den tödlichen Messerattacken im Regionalzug von Kiel nach Hamburg hat das Itzehoer Landgericht die Beweisaufnahme fortgesetzt. Zwei weitere Tatzeugen sagten am Freitag aus.

Die Studentin und der Student berichteten, wie der Angeklagte Ibrahim A. im Bahnhof Brokstedt im stehenden Zug eine junge Frau verfolgte und mit dem Messer auf sie einstach. Eine dritte Zeugin blieb dem Verfahren unentschuldigt fern. Sie soll nochmals geladen werden.

Brokstedt-Prozess: 27-Jähriger Student hörte Schrei einer Frau

Ein 27 Jahre alter Student aus Kiel berichtete, dass er den Schrei einer Frau wahrnahm. Als er sich umdrehte, habe er den Angeklagten gesehen. Dieser habe das Messer in der rechten Hand hoch erhoben und dann auf die vor ihm flüchtende Frau im Schulter-Halsbereich eingestochen.

Er selbst sei mit anderen Fahrgästen weggerannt und habe den Notruf gewählt. Noch im Zug sah habe den Angeklagten hin und her gehen sehen, als würde der Mann überlegen und ein neues Opfer suchen, sagte der Student. Dann sei der Täter im Zug weitergerannt.

Bluttat: Studentin aus Hamburg berichtet unter Tränen

Die zweite Zeugin, eine 30-jährige Studentin aus Hamburg, hatte gelesen und Musik gehört, als sie einen heftigen Schrei einer Frau hörte. In etwa zwei, drei Meter Entfernung habe sie dann eine Frau mit blondem Haar gesehen, die vor einem Mann mit einem Messer zu flüchten versuchte, sagte sie. Dann weinte die Zeugin und brauchte einige Minuten, um sich wieder zu fangen.

„Ich hab richtig gesehen, wie er reingestochen hat“, sagte die Studentin und zeigte auf die Schulter nahe dem Hals: „Es war eine Stichbewegung von oben mit einem langen Messer“, das der Mann in der rechten Hand gehalten habe.

Brokstedt-Prozess: Zeugin glaubte an Beziehungsdrama

Wie der Zeuge vor ihr dachte auch sie zunächst an ein Beziehungsdrama. „Ich schrie Nein, Nein, Stopp! Stopp!“, sagte die 30-Jährige vor Gericht. Doch der Mann habe zugestochen. Als alle riefen: „Weg, weg“ sei auch sie losgelaufen. Dabei ließ sie ihr Handy im Zug zurück. Draußen auf dem Bahnsteig habe sie andere Verletzte gesehen - und auch den Täter mit dem Messer, als er von Polizisten gehalten wurde.

Der 34-Jährige wurde auch am elften Verhandlungstag in Hand- und Fußfesseln und in Kleidung eines Untersuchungshäftlings in den Saal geführt. Beide Zeugen blickte der Angeklagte kurz eindringlich an.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem staatenlosen Palästinenser vor, am 25. Januar 2023 im Regionalzug beim Bahnhof von Brokstedt mit einem Messer zwei junge Menschen im Alter von 17 und 19 Jahren getötet und vier schwer verletzt zu haben. Die Anklage lautet auf zweifachen Mord und vierfachen Mordversuch.

Bluttat Brokstedt: Verteidiger fordert andere Unterbringung

Verteidiger Björn Seelbach kündigte am Freitag an, er bereite Haftbeschwerde beim Oberlandesgericht in Schleswig vor. Damit wolle er die Unterbringung seines Mandanten in der geschlossenen Psychiatrie statt in Untersuchungshaft erreichen.

Nach Auffassung des Verteidigers stand der laut vorläufigem Gutachter offenbar psychisch erkrankte Angeklagte zum Tatzeitpunkt unter einem akuten psychotischen Schub und sei somit vermutlich schuldunfähig.

Seelbach warf dem Gericht vor, diese Frage nicht ausreichend direkt über den psychiatrischen Gutachter zu klären, der im Gerichtssaal sitze und direkt befragt werden könne, sondern nur aus den Akten.