Kiel/Neumünster. Nun also auch in Schleswig-Holstein: Polizisten müssen wegen Zweifeln an Verfassungstreue Dienst quittieren. Es geht um Äußerungen.

In Schleswig-Holstein laufen straf-, dienst- und disziplinarrechtliche Ermittlungen gegen vier Beamte der Landespolizei. Darüber informierte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Mittwoch den Innen- und Rechtsausschuss des Landtages. Die mittlerweile suspendierten Beamten hätten sich nach bisherigen Erkenntnissen in unterschiedlicher Konstellation in WhatsApp-Chats rechtsex­tremistisch, rassistisch und menschenverachtend geäußert. In zwei Fällen sei im Zuge von Durchsuchungen auch Munition sichergestellt worden. Hinweise auf ein rechtsextremes Netzwerk gebe es aber nicht, sagte die Ministerin.

Alle vier Beamten sind mittlerweile nicht mehr im Dienst. Sie kamen aus den Polizeidirektionen Kiel und Neumünster. Es handle sich weder um Angehörige der Spezialkräfte noch um Auszubildende, sagte Sütterlin-Waack. Die Polizisten seien im Dienst nicht in negativer Weise auffällig gewesen, vielmehr seien sie „fleißige Beamte“ gewesen.

Was den Polizisten vorgeworfen wird

In den Chats seien Sätze zu finden wie „Alle an die Wand – fertig!“ oder mit Bezug auf einen gewalttätigen Angriff auf einen Politiker: „Was für widerwärtige Untermenschen. Aber die fühlen sich durch die Medien vollkommen legitimiert“. Eine Foto von Adolf Hitler beim Hitlergruß habe die Unterschrift getragen: „Aufgrund von Corona wird wieder normal gegrüßt.“ Die Ministerin führte noch weitere ähnliche Beispiele an.

Sütterlin-Waack und Landespolizeidirektor Michael Wilksen betonten, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus würden in der Polizei nicht toleriert. Die Handys würden weiterhin ausgewertet. Allein bei der bisherigen Auswertung eines Handys seien 23.000 Nachrichten, 55.000 Bild- und mehr als 3000 Videodateien gefunden worden.

Die beiden Ermittlungsverfahren werden mittlerweile in einer Sonderdienststelle geführt, die nur im Bedarfsfall gebildet wird und zum Einsatz kommt: die Dienststelle für interne Vorgänge und Ermittlungen. Es ist eine unabhängige Ermittlungseinheit, die aus der regulären Polizeiorganisation her­ausgelöst und an die Polizeiabteilung im Innenministerium angebunden wird. Sie hat den Auftrag, den Ermittlungskomplex unter dem speziellen Blickwinkel „rechte Netzwerkstrukturen“ zu untersuchen.

Rechtsextrem? Um welche Fälle es sich handelt

Die Ermittlungen haben vor wenigen Monaten begonnen. In einem Fall handelt es sich nach Angaben der Kieler Staatsanwaltschaft um einen Polizisten aus dem Bereich der Polizeidirektion Kiel. Gegen diesen Beamten habe es den Verdacht des Verrats von Amtsgeheimnissen gegeben. Über seinen Dienstcomputer habe er mehrfach auf Polizeidateien zugegriffen. Bei einer Hausdurchsuchung wurde dieser Verdacht bestätigt. Außerdem wurden zahlreiche Nazidevotionalien gefunden, zum Beispiel Uniformteile der SS-Division „Totenkopf“. Ein im Haus gefundenes und offenbar mit einer Foto-Software bearbeitetes Bild zeige den Polizisten zusammen mit Adolf Hitler vor dem Pariser Eiffelturm.

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Den zweiten Fall hat laut Staatsanwaltschaft eine Online-Anzeige ins Rollen gebracht. Dem Polizisten, der in seiner Freizeit als Sondengeher unterwegs ist, wurde darin vorgeworfen, einige dabei gefundene Kulturgüter nicht an die Behörden abgeliefert zu haben. Auf dem deshalb sichergestellten Handy des Mannes wurden dann die rassistischen und fremdenfeindlichen Chats mit zwei weiteren Polizisten gefunden.

Der SPD-Fraktionschef Ralf Stegner forderte „lückenlose Aufklärung“: „Das Fehlverhalten der Beamten zeigt uns, wie wichtig es ist, auch den öffentlichen Dienst auf solche Vorfälle zu überprüfen. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder Rechtsextremismus haben in der Polizei nichts zu suchen.“