Der Kieler Ministerpräsident Peter Harry Carstensen legt die schwarz-gelbe Erfolgsliste vor - Opposition nennt Präsentation Selbstbeweihräucherung.

Kiel. Für Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) ist die politische Zukunft bald Vergangenheit. Nach zwei Jahren schwarz-gelber Regierung legte er gestern mit Blick auf die Neuwahl im Mai 2012 eine vorzeitige Abschlussbilanz vor. Auf die Habenseite buchte er neben der Wirtschafts-, Finanz- und Schulpolitik auch die Zusammenarbeit mit Hamburg, die trotz des Streits um die Windmesse "natürlich" weitergehen werde. "Wir haben viel erreicht und viel bewegt", sagte Carstensen und strich dabei insbesondere die Leistung von Wirtschaftsminister Jost de Jager heraus, der die CDU in die Wahl führt. SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig konterte prompt: "Unser Land kann mehr, als die amtierende Regierung wahrhaben will und zulässt."

+++Sorge um die Gesundheit und eiserner Wille+++

Und der Grünen-Fraktionschef Robert Habeck erinnerte CDU und FDP an ihren Startslogan: "Von der Koalition des Aufbruchs ist keine Rede mehr." Dafür nerve die Regierung damit, sich ständig selbst zu beweihräuchern.

Unumstritten ist, dass Carstensens zweite Amtszeit unter einem schlechten Stern steht.

Schon am Morgen nach der Wahl im September 2009 geriet er mit dem Rücken an die Wand, weil CDU und FDP ihre Mehrheit im Landtag nicht der Wählergunst, sondern dem umstrittenen Wahlrecht verdankten. Im Sommer 2010 zog das Landesverfassungsgericht die Notbremse, kassierte das Wahlrecht und ordnete eine Neuwahl an. Gleichwohl konnten Carstensen & Co. einige Akzente setzen.

Landesfinanzen

Die schwarz-gelbe Koalition leitete mit ihrem radikalen Sparhaushalt 2011/12 die Kehrtwende zu einer solideren Finanzpolitik ein. Carstensen verteidigte die harten Einschnitte, übte aber auch Selbstkritik. Die Regierung sei manchmal "übers Ziel hinausgeschossen", sagte er mit Blick auf die Pläne zur Abwicklung der Uni Lübeck. Die Hochschule war nach Massenprotesten verschont worden.

"Das Verdienst dieser Koalition besteht darin, den Konsolidierungspfad beschritten zu haben", lobte selbst die SSW-Fraktionsvorsitzende Anke Spoorendonk. Sie warf Carstensen allerdings zugleich vor, nach dem Motto "Geiz ist geil" gespart und dabei keine Perspektiven für den nötigen Umbau des Landes entwickelt zu haben.

Das Fehlen eines solchen Masterplans wird auch in der Koalition beklagt. So ist unklar, wie Schleswig-Holstein die weiteren Sparvorgaben bis 2020 erfüllen und zugleich etwa bei den Standards im Schulbereich den Anschluss etwa an Hamburg nicht verlieren will.

Wirtschaft

In Schleswig-Holstein sind erstmals seit mehr als 15 Jahren weniger als 100 000 Menschen erwerbslos. Carstensen bucht die Quote von 6,7 Prozent (Hamburg 7,4 Prozent) auch auf sein Konto. Das Gleiche gilt für die wachsende Zahl von neuen Jobs und die steigenden Steuereinnahmen, obwohl diese Trends bundesweite sind. Wirtschaftsminister de Jager wird derweil nicht müde, auf seinen Einsatz für Verkehrsprojekte wie etwa die Autobahn 20 zu verweisen. Zur Baureife hat der Minister bisher allerdings keinen der restlichen Abschnitte der A 20 gebracht.

Schule

Die schwarz-gelbe Koalition zettelte trotz des versprochenen Schulfriedens einen neuen Bildungsstreit an. Nach dem reformierten Schulgesetz hat ein gutes Dutzend Gymnasien entschieden, ganz oder teils zum Langsam-Abi (G9) zurückzukehren. Carstensen sieht Schleswig-Holstein damit an der Spitze einer bundesweiten Bewegung. Die umstrittene Reform geht auf das Konto der FDP. Die anderen Parteien, mit Abstrichen auch die CDU, sehen die Entwicklung kritisch. Unter Dauerbeschuss steht Schulminister Ekkehard Klug (FDP) zudem, weil die Regierung viele Lehrerstellen einspart.

Hamburg

Die Zusammenarbeit mit Hamburg trug zuletzt wenig Früchte, auch weil sich in der Metropole das politische Karussell schnell drehte. Mit Bürgermeister Ole von Beust geplante Projekte kamen unter Christoph Ahlhaus (ebenfalls CDU) nicht voran und wurden nach dem SPD-Wahlsieg von Olaf Scholz teils gestoppt. Carstensen will dennoch weiter um Hamburg werben. "Jeder weiß, dass beide Länder aufeinander angewiesen sind." Die Metropole brauche ihr Umland, so Carstensen.

Stolz präsentierte Carstensen weitere schwarz-gelbe Erfolge, etwa den Landesentwicklungsplan, der einen Ausbau der Windenergie ermöglicht oder die Öffnung des Sparkassengesetzes, das der Hamburger Sparkasse den Einstieg auch in öffentlich-rechtliche Sparkassen im Norden erlaubt.

Ins Stocken kam Carstensen bei seiner Lobesarie nur, als er gefragt wurde, warum Schwarz-Gelb trotz der angeblich "tollen Bilanz" in den Wahlumfragen weit hinter Rot-Grün liegt. "Wir müssen unsere Erfolge deutlicher darstellen", sagte Carstensen und erinnerte dann an die unpopuläre Sparpolitik. "Das ist eine Situation, die bei den Bürgern nicht unbedingt zu Jubelstürmen Anlass gibt."