Naturschützer von Nabu und BUND boykottieren das bundesweit einzigartige Gesprächsforum zur Fehmarnbelt-Querung in Eutin.

Eutin. Die Schlichtungsgespräche über das größte Bauprojekt in Nordeuropa, den Fehmarnbelt-Tunnel, beginnen heute mit einem Eklat. Nach dem Nabu (Naturschutzbund) sagte am Sonntag auch der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) seine Teilnahme am "Dialogforum" ab, das am Abend in Eutin erstmals tagt und das Tunnelprojekt gegebenenfalls bis zur geplanten Einweihung 2020 aktiv begleiten soll.

"Das Forum ist eine reine Alibiveranstaltung", sagte die BUND-Landesvorsitzende Sybille Macht-Baumgarten dem Abendblatt. In dem Gremium gehe es nicht mehr um das "Ob", sondern nur noch um das "Wie" der Beltquerung. Zudem habe die Kieler Regierung alles vorgegeben, die Geschäftsordnung des Gremiums, die Mitglieder und nicht zuletzt den Schlichter, den früheren deutschen Botschafter in Dänemark, Christoph Jessen. "Er ist bekanntermaßen ein Verfechter des Bauprojekts."

Kiels Verkehrsminister Jost de Jager (CDU) wies die Kritik zurück. "Das Dialogforum entscheidet eigenständig und selbstverantwortlich." Das Ministerium habe nur Vorschläge gemacht. Unbestritten ist, dass mit dem Dialogforum in Deutschland ein neues Kapitel von Bürgerbeteiligung aufgeschlagen wird. Das Forum kann zwar nicht frei über die Querung entscheiden, weil sie in einem Staatsvertrag zwischen Dänemark und Deutschland vereinbart wurde, aber bereits im Planungszeitraum Einfluss nehmen und nicht erst wie bei "Stuttgart 21" in der Bauphase.

Zur Auftaktsitzung eingeladen wurden gut zwei Dutzend Belt-Experten aus Politik, Wirtschaft und der Region. Mit am Tisch sitzen Befürworter wie der Projektdirektor von Femern A/S , Claus Dynesen, die Nordbevollmächtigte der Deutschen Bahn, Ute Plambeck, und der Hauptgeschäftsführer der Hamburger Handelskammer, Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Die Riege der Kritiker wird nach der Absage von Nabu und BUND von gleich vier Vertretern des Aktionsbündnisses gegen eine feste Beltquerung angeführt, darunter deren Sprecher Malte Siegert. Dabei sind auch der Landesnaturschutzverband und die Bürgermeister von Fehmarn und einigen Urlaubsorten an der Lübecker Bucht, die vom geplanten wie umstrittenen Ausbau der Bahntrasse betroffen sind.

"Ich gehe mit einem sehr guten Gefühl da rein", sagte Ex-Botschafter Jessen dem Abendblatt. Die Kritik an seiner Person wies er zurück: "Ich bin unabhängig." Das Forum organisiere sich selbst, werde zum Auftakt über seinen Fahrplan diskutieren. Dabei drängt die Zeit. Femern A/S hat nach der Grundsatzentscheidung für eine Untertunnelung des knapp 18 Kilometer breiten Belts mit ersten Planungen begonnen. Im nächsten Jahr soll sich das dänische Parlament mit dem Baugesetz befassen, es 2013 verabschieden. Beginnen soll der Tunnelbau 2014. Bis dahin muss auch die deutsche Seite ihren Planfeststellungsbeschluss unter Dach und Fach haben. Parallel dazu wird der Ausbau der Bahntrasse zwischen Puttgarden bis Lübeck geplant. Derzeit läuft noch das von der Kieler Regierung eingeleitete Raumordnungsverfahren.

Das Forum, das von der Landesregierung (50 000 Euro) und Femern A/S (über die Summe wird noch verhandelt) finanziert wird, hat bei seinen Beratungen einen großen Spielraum. Jessen stellte zwar klar, dass der Querungs-Staatsvertrag selbst "nicht zur Disposition" stehe, wies aber zugleich darauf hin, dass natürlich über alle Artikel des Vertrages diskutiert werden könne. Das schließt den Artikel 22 ein, in dem ein möglicher Ausstieg aus dem gut sieben Milliarden Euro teuren Projekt geregelt wird.

Auf diese Ausstiegsklausel setzen Tunnelgegner wie etwa das Aktionsbündnis. "Es muss eine komplette Neubewertung des Projekts geben", forderte Bündnissprecher Siegert. Glücklich ist er mit dem Forum nicht. "Wir gehen erst einmal hin und entscheiden dann, ob es Sinn macht." Von der Runde erhofft Siegert sich "einen Erkenntnisgewinn". Gemeint sind Zahlen und Fakten, mit denen das Jahrhundertprojekt später beklagt werden kann. Verkehrsminister de Jager hat derweil die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass auch Nabu und BUND in den Dialog einsteigen: "Ihre Stühle bleiben reserviert."