Kreis Pinneberg. Nach Vorstößen im Wedeler Rathaus und der IG Metall fordert Nordmetall-Chef Nico Fickinger: Nicht weniger, sondern mehr Arbeit!

Es sei der falsche Vorschlag zur falschen Zeit: Nachdem das Rathaus in Wedel angekündigt hat, seinen mehr als 400 Angestellten im öffentlichen Dienst ab Mitte des Jahres eine Viertagewoche ermöglichen zu wollen und auch Gewerkschaften wie die IG Metall eine Viertagewoche in die aktuelle Diskussion bringen, kritisiert Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer von Nordmetall, diese Vorstöße als „Debatte zur Unzeit“.

Fickinger, gleichzeitig Chef des Allgemeinen Verbandes der Wirtschaft Norddeutschlands (AGV Nord), sagt: „In Zeiten des Fachkräftemangels brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Arbeitsvolumen, um uns aus der Krise heraus zu arbeiten und die Herausforderungen der ökologischen Transformation zu meistern.

Arbeitszeit: Viertagewoche: Für Arbeitgeberchef eine „Debatte zur Unzeit“

Der Arbeitgebervertreter meint auch, dass Firmen ein Belastungsmoratorium und nicht eine zusätzliche Verteuerung des Faktors Arbeit durch einen wie auch immer gearteten Lohnausgleich benötigen. „Die Debatten über globale Arbeitszeitverkürzungen stammen aus einer Zeit, in der hohe Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt herrschten“, so Fickinger.

Inzwischen hätten sich die Zeiten umgekehrt, es bestehe ein eklatanter Mangel an Personal, der sich wegen der demografischen Entwicklung weiter verschärfen werde. „Deshalb müssen Rezepte auch in die andere Richtung gehen. Mit einer Wochenarbeitszeit von 35 Stunden und einem Durchschnittseinkommen von 60.000 Euro rangieren insbesondere die Metall- und Elektroberufe an der obersten Spitze der Attraktivität für die Beschäftigten.“

Fickinger: „Wir brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Arbeitsvolumen“

Aufgabe müsse es sein, „die Produktion in Deutschland auch attraktiv für die Arbeitgeber zu halten, um eine schleichende Deindustrialisierung und eine Verlagerung ins Ausland zu verhindern“, so Fickinger. Ähnlich hatte sich auch Gerhard Erdmann, Vorstand des Arbeitgeberverbands Stahl, geäußert.

Demgegenüber steht aber nicht nur das neue Arbeitszeitmodell im Wedeler Rathaus. Wie berichtet, wagt die Verwaltung der Stadt im Kreis Pinneberg diesen bundesweit einmaligen Schritt. Die Stadt will noch in diesem Jahr die Viertagewoche für alle Verwaltungsmitarbeiter einführen – ohne Lohnkürzung. Schon im Sommer soll das neue Arbeitszeitmodell an den Start gehen. Ein Novum im öffentlichen Dienst des Landes.

Viertagewoche: Gerade jüngere Arbeitnehmer fordern das ein

Auch die IG Metall will in den nächsten Tarifverhandlungen im November eine Viertagewoche an. Zudem haben mehrere Studien ergeben, dass vor allem für junge Arbeitnehmer Flexibilität und Agilität ganz oben auf der Agenda stehen – inklusive weniger Arbeitszeit. Das Karrierenetzwerk Xing hatte mehrere Studien in Auftrag gegeben, durchgeführt vom Umfrageinstitut Forsa.

Dabei wurden mehrere Tausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Wechselabsichten oder zur Freude am Job befragt – vor allem die sogenannte Generation Z. Der „Generation Z“ werden überwiegend junge Menschen zugeordnet, die zwischen Mitte der 1990er-Jahre und 2010 zur Welt gekommen sind.

Unternehmen stünden vor neuen Herausforderungen, etwa bei der Mitarbeiterbindung, heißt es. Die auf dem Arbeitsmarkt immer präsenter werdenden Mitglieder der sogenannten Generation Z wünschten sich häufig Arbeitserleichterungen, darunter etwa auch eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. Zudem stehen die Möglichkeit zum Sabbatical, Homeoffice und zu sogenannten Workation-Optionen – also einer Kombination aus Arbeit und Urlaub – hoch im Kurs.