Wedel

Saisonstart im Hamburger Yachthafen – Boote ins Wasser

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Alexandra Schrader
An Deck muss noch einiges getan werden, bis es ins Wasser geht: Jan-Malte Bettien (l.) und Daniel Armbruster bringen ihr Vereinsschiff für die Segelsaison auf Vordermann.

An Deck muss noch einiges getan werden, bis es ins Wasser geht: Jan-Malte Bettien (l.) und Daniel Armbruster bringen ihr Vereinsschiff für die Segelsaison auf Vordermann.

Foto: Alexandra Schrader

Noch sind nicht alle Liegeplätze in Wedel besetzt. Aber die Vorbereitungen für die Premierentouren laufen.

Wedel. Graue Wolken hängen über dem Hamburger Yachthafen in Wedel. Noch kommen nur einige Sonnenstrahlen durch, lassen das Wasser glitzern. Besonders belebt wirkt der Hafen nicht. Doch es ist schon einiges in Bewegung, denn die diesjährige Yachtsaison hat begonnen. Und wenn das Wetter besser wird, wollen alle mit ihren Booten raus.

In einer der Hallen frischen deshalb die Segler die Farbe ihrer Schiffe auf, neben dem Hafenbecken bereiten einige Männer die Schiffsmasten vor und auf dem Wasser liegen schon mehrere Yachten, an denen nur noch die Segel fehlen.

„Das sind aber lange noch nicht alle“, sagt Vorstandsmitglied Svante Fink und deutet mit dem Finger auf die vielen freien Liegeplätze im Hafen „Wir haben hier Platz für 2000 Boote, jetzt, am Anfang der Saison liegen vielleicht 60 bis 80 im Wasser.“ Vor zwei Wochen seien die ersten Boote nach der Winterpause zu Wasser gelassen worden.

Svante Fink ist seit zehn Jahren im Vorstand der Hamburger Yachthafen-Gemeinschaft und für Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Schon als Kind sei der Waldenauer ständig am Hafen gewesen und habe früh das Segeln gelernt. „Auf einem Schiff zu sein, ist für mich der Inbegriff von Freiheit“, so der 48-Jährige „dabei können wir dem Alltag entfliehen.“ Gerade in Zeiten der Pandemie sei das ein großer Gewinn.

Auch der Geschäftsführer des Hamburger Yachthafens, Ulf Hansen, ist leidenschaftlicher Segler. „Das hier ist mein Traumjob“, sagt er. Dabei sei ihm das Hafenteam besonders wichtig. „Wir haben hier drei Betriebstechniker, drei Hafenmeister, drei Damen in der Administration und einige andere, ohne die nichts laufen würde“, so der 54-Jährige. Seit September leitet er den größten Yachthafen Deutschlands und ist besonders bedacht darauf, den Besuchern noch mehr Service zu bieten. „Wir möchten den Leuten durch kleine Dinge wie zum Beispiel den Fahrradverleih, mehr Komfort bieten und das Konzept persönlicher gestalten“, sagt Hansen.

Segeln sei zudem ein Hobby, das auch die jüngere Generation immer mehr anspreche. Hansen hofft, dass dieser Trend sich fortsetzen wird. „Hier sind mittlerweile auch viele 16-Jährige, Studenten und andere junge Menschen“, so der Hafen-Chef.

In den Köpfen vieler Leute habe Segeln immer noch das Image des Exklusivsports. Dabei gehe es auch günstig, zum Beispiel mit kleineren Booten. „Und wenn man die Kosten für Flug und Hotel bei einem ,normalen’ Urlaub zusammenrechnet, lohnt sich so ein Bootskauf schon“, sagt Hansen. Zudem sei Urlaub auf einem Segelboot ziemlich nachhaltig.

Svante Fink bestätigt das und fügt hinzu: „Mit meinem elf Meter langen Schiff verbrauche ich im Jahr 40 Liter Diesel.“ Im Vergleich zu Flugreisen sei das sehr wenig. Dadurch, dass meistens Wind die Energie bringt, sei der Verbrauch insgesamt gering. „In See stechen“ wollen die beiden Bootsbesitzer auch in diesem Jahr wieder. Statt nach Polen, Schweden oder Dänemark jedoch „nur“ auf die heimische Nordsee - je nachdem, was die Coronabeschränkungen zuließen. Bis alle Yachten auf dem Wasser seien, dauere es noch einige Wochen, so Ulf Hansen.

Er erklärt: „Um ein Schiff ins Wasser zu lassen, gibt es zwei Wege.“ Der typische sei mit Hilfe eines Krans. „Dieser hebt die Yacht mit am Bug und am Heck angebrachten Gurten von einem Gestell und lässt sie anschließend ins Wasser “, so Hansen. Hafenmeister Kay Sörensen ist auch Kranführer. Mit Betriebstechniker Dominik lässt er an diesem Tag einige Yachten ins Elbwasser gleiten. Viel Zeit von ihrer Beschäftigung zu erzählen, haben die beiden nicht, schließlich muss alles schnell gehen.

Einige Boote würden auch über eine Rampe ins Wasser gelangen, so Geschäftsführer Hansen. Dieser Vorgang nenne sich „Slippen“. „Die Yacht kommt dann auf einen Autoanhänger, ein Auto fährt mit dem beladenen Anhänger rückwärts die Rampe (Slipanlage) herunter, bis das Boot Auftrieb bekommt“, erläutert Svante Fink. Dabei komme es manchmal vor, dass die Autos „baden gingen“, weil das Gewicht des Schiffs sie in Richtung Wasser ziehe.

Die kleine Yacht „Luna“ des Schenefelders Dieter Gribbohm ist zehn Tage nach Saisonbeginn bereits im Hafenbecken. „Es fehlen nur noch der Mast und die Segel“, sagt er. Er freue sich sehr, dass die Segelzeit wieder beginne. „Dieses Jahr habe ich Glückstadt und Cuxhaven als Ziele angepeilt“, so Gribbohm. Wenn die Häfen, wie letztes Jahr, teilweise geschlossen würden, müsse er allerdings umdenken. Auslandsreisen mit dem Boot plane er dieses Jahr gar nicht erst. Der 84-Jährige verdanke es seinem sportlichen Lebensstil, dass er im hohen Alter noch segeln könne. „Im Jahr fahre ich 6000 Kilometer Fahrrad“, sagt er stolz.

Auf der Steganlage im Hafen steht Betriebstechniker Kai Weidenhammer, in der Hand eine Rohrzange. Er ist dafür verantwortlich, dass die Hafenanlage technisch in Schuss bleibt. „Durch den Frost in den ersten Monaten dieses Jahres sind einige Auftriebskörper der Steganlage beschädigt worden“, so der 50-Jährige „Auch die Wasserleitungen müssen wir teilweise wieder in Stand setzen.“ Da die Saison bereits begonnen habe, müsse das jetzt rapide gehen. Schließlich sollen sich alle Mitglieder und Gäste wohlfühlen.

Manche Mitglieder der Yachthafen-Gemeinschaft sind noch ganz in den Vorbereitungen, damit die Yacht am nächsten Tag zu Wasser gelassen werden kann. Etwa Daniel Armbruster (40) und Jan-Malte Bettien (36) vom Akademischen Segelverein Hamburg. Das Vereinsboot steht noch auf dem Trockenen, auf einem Gestell in einigen Metern Höhe. Das riesige Steuerrad hält Student Bettien lose in der Hand. Gleich soll es angebracht werden. „Morgen ist hoffentlich alles bereit und wir können das Schiff zu Wasser lassen“, sagen die Segelkameraden.

Geplant seien für dieses Jahr vor allem Fahrten auf der Ostsee. „Drei Wochen sind für die Segelschein-Ausbildungen angedacht“, erklärt Daniel Armbruster. Der Name des Vereins habe heutzutage übrigens nichts mehr mit den Aufnahmevoraussetzungen zu tun. „Bei uns kann jeder mitmachen, ob Akademiker oder nicht“, sagt Armbruster.

Doch nicht alle Hafenbesucher sind vor Ort, um selbst die Yachtsaison einzuläuten: Radfahrer Martin Gandt kommt aus Hamburg-Othmarschen. Er sitzt auf einer Bank neben dem Hafenbecken, eine Zigarette in der Hand und beobachtet, wie der Betrieb gegen Mittag langsam in Gang kommt. „Ich bin heute hergekommen, um einfach mal zu gucken, wie es hier läuft und ob der Segelbetrieb wieder beginnt.“ Durch Corona sei das ja keine Selbstverständlichkeit.

Auch er sei Segler, und das schon seit 51 Jahren. Dieses Jahr wolle er sich mit seiner Frau wieder ein kleines Boot kaufen, das alte hätten sie verkauft. „Wenn irgendwann die Kräfte nachlassen, ist ein kleineres Boot besser zu bedienen“, so der 64-Jährige. Der Plan sei, das Schiff in Frankreich oder England zu kaufen und zu einem Liegeplatz im dänischen Sonderburg zu segeln.

Gegen Nachmittag ist schon etwas mehr Betrieb: Auf den Booten schrauben, werkeln oder entspannen einige Leute, ein Paar rollt zwei voll bepackte Handwagen vor sich her. Wenn die Sonne noch etwas mehr Kraft entwickelt, dürfte es richtig voll werden. Der Saisonstart ist nur eine Frage von Tagen.

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