Pinneberg. Pinneberger Geschwister Pia und Leon Lindemann starten bei WM in Portugal. Warum dies für die Nationalkaderkämpfer eine teure Ehre ist.

Welcher Wettkampfsportler, welche Athletin träumt nicht insgeheim davon, in der eigenen Disziplin für so gut befunden zu werden, dass dich der entsprechende deutsche Verband in den Nationalkader deiner Sportart beruft? Es ist schließlich eine große Ehre, der eigenen Leidenschaft im Zeichen des Bundesadlers nachgehen zu dürfen. Doch diese Ehre kann auch gewaltig kostspielig werden, wie auch Kickboxerin Pia Lindemann in den vergangenen Jahren erfahren durfte.

Kickboxen: Das vergangene Wettkampfjahr hat Pia Lindemann über 6000 Euro an Eigenleistung gekostet

„Wenn ich das vergangene Wettkampfjahr Revue passieren lassen, dürfte ich wohl zwischen 6000 und 7000 Euro für Turnier- und Meisterschaftsteilnahmen bezahlt haben“, sagt die Pinneberger Kampfsportlerin. Im ersten Moment ist dies eine überraschende Aussage, steht einem die 28-Jährige als aktuelles Kadermitglied doch im schwarz-rot-goldenen Nationaldress gegenüber.

Sollte da nicht der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sämtliche Wettkampfkosten seiner Athletinnen und Athleten übernehmen? „Unser Verband die WAKO ist zwar Mitglied im DOSB, allerdings werden die Kosten der Teilnahme wie Anreise, Hotel und Qualifikation nicht vollständig vom Verband getragen“, erläutert die Speditionskauffrau aus Pinneberg. Denn ihre Sportart selbst, das Kickboxen, sei halt noch nicht olympische Disziplin.

Im Jahr 2004 finden die Geschwister den Weg zum Kampfsport

Ein Umstand, der für Pias zwei Jahre jüngeren Bruder Leon (26) in gleichem Maß zutrifft. Der „kleine“ Bruder weist mit rund 19 Jahren sogar die deutlich längere Kampferfahrung als seine Schwester auf. „2004 habe ich in Pinneberg beim Vorgängerverein der heutigen Golden Lions begonnen, dort bin ich jetzt auch Kinder- und Jugendtrainer“, sagt Leon Lindemann.

Gleichzeitig mit Schwester Pia. „Aber ich bin erst seit zwei Jahren wieder komplett im Turniergeschehen drin“, ergänzt die große Schwester. „Ich hatte vorher sechs Jahre Kampfunterbrechung, weil ich meine Ausbildung in Frankfurt absolviert und danach auch außerhalb im Schichtdienst gearbeitet habe. Da hatte es einfach keinen Sinn gemacht.“

Pia Lindemann (28) und Leon Lindemann (26) haben in rund 19 Jahren Kampfsport eine erstaunliche Zahl an Trophäen gewonnen. 
Pia Lindemann (28) und Leon Lindemann (26) haben in rund 19 Jahren Kampfsport eine erstaunliche Zahl an Trophäen gewonnen.  © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Die Geschwister freundeten sich in Pinneberg bei den Golden Lions schnell mit dem Tae Kwon Do an, wollten sich aber bald weiterentwickeln. Mittlerweile trainieren sie in Hamburg-Bramfeld beim Feuersports e.V., dem Fachsportverein für Kickboxen. „2009 habe ich dann auch mit Kickboxen angefangen“, berichtet Pia Lindemann über ihren Erstkontakt mit dem Sport, der ihr seitdem kaum noch zählbare Erfolge, Pokale und Meistertitel beschert hat. Pia Lindemann ist in ihrer Disziplin, dem Kick light mit Lowkicks, zurzeit Weltranglistendritte, aktuelle Deutsche und Internationale deutsche Meisterin und hat beim World Cup in Italien Platz zwei belegt.

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Nicht minder beeindruckend die bisherige Bilanz von Leon. Der 26-Jährige, der bei Hamburg Wasser arbeitet und in der Nähe zum Drosteipark wohnt, ist bereits mehrfacher deutscher sowie Internationaler deutscher Meister und hat mehrere Platzierungen auf den World Cups erreicht. In diesem Jahr holte er Bronze beim World Cup in Österreich und Silber beim World Cup in Ungarn.

Wenig überraschend, dass das Geschwisterpaar in den deutschen Nationalkader der nun beginnenden Kickbox-Weltmeisterschaft der WAKO im portugiesischen Albufeira berufen worden ist. Am 17. November besteigt das Duo seinen Flieger Richtung Faro. Die Tickets? Selbst bezahlt, was sonst.

Pia Lindemann hat einen Online-Spendenaufruf zur Deckung der Reisekosten gestartet

Aber vielleicht bleiben die Lindemanns dieses Mal ja nicht auf den Restkosten ihrer Meisterschaftsteilnahme sitzen. Pia Lindemann hat auf der Internetplattform Gofundme einen Spendenaufruf gestartet, damit die Geschwister einmal nicht für ihren Anteil an Kosten für Flug und Unterkunft aufkommen müssen. Bislang haben sich 16 Spender erbarmt, gut die Hälfte der angepeilten 1200 Euro sind schon zusammengekommen. „Vielleicht klappt es ja noch“, sagt Pia Lindemann. „In jedem Fall sagen wir allen Unterstützern vielen, vielen Dank.“

Die Spendenseite für Pia und Leon Lindemann im Internet.