Fußballer fliegen 2022 zur WM nach Katar, die Reitsportler sind schon da. Der Scheich lädt zum Finale der Global Champions Tour

Wenn der Scheich von Katar etwas will, spielt Geld keine Rolle. Tamim bin Hamad Al Thani, 34, will den Holsteiner Hengst Casall aus Elmshorn bei seinem internationalen Turnier in dem Scheichtum an diesem Wochenende springen sehen. Rund 20.000 Euro lässt sich der Multimilliardär allein den Transport des Spitzenhengstes in den Wüstenstaat kosten. Es ist eine Reise der exklusiven Art.

Am frühen Morgen startet in Katars Hauptstadt Doha das private Cargo-Flugzeug des Herrschers. An Bord des Airbus A380 ist nur die Besatzung. Die Maschine landet nach rund sieben Stunden im belgischen Lüttich. Dort ist inzwischen auch Casall aus Elmshorn eingetroffen. Gemeinsam mit fünf weiteren Sportpferden und deren Betreuern wird der Hengst in den Privatflieger verladen – der Beginn einer Luxusreise. Casall steht in einem klimatisierten Boxencontainer. Dort werden normalerweise drei Pferde untergebracht. Der Scheich hat für die Tiere jedoch Businessclass angeordnet.

Den Hengst im Auge zu behalten, ist für Celia Rijntjes sehr wichtig

Nur zwei Pferde teilen sich die Box, es ist ein nobles Doppelzimmer mit einem Fußboden aus Spänen und Stroh. Wie bei Spitzensportlern ist eine Rundum-Betreuung sichergestellt. Zwei Tierärzte sind jetzt mit an Bord, um Casall kümmert sich zusätzlich die ihm seit neun Jahren vertraute Tierpflegerin Celia Rijntjes, 37. „Für mich ist es wichtig, Casall immer im Blick zu haben“, sagt die gebürtige Holländerin.

Wie läuft eine Flugreise für ein Pferd eigentlich ab? Was gibt es zu bedenken, damit Vierbeiner wohlbehalten das weit entfernte Ziel erreichen? Wieviel kann man den Tieren zumuten?

Vom Check-in – Ex- und Importpapiere samt Pferdepass müssen bei Hin- und Rückflug vorliegen – bis zum Verladen vergeht ungefähr eine Stunde. Höchste Priorität hat eine schnelle Abwicklung im Interesse der Tiere. „Wartezeiten werden von uns Pflegern mit verschiedenen Tricks überbrückt“, sagt Celia Rijntjes. „Wir können die Pferde nach Bedarf im Hanger bewegen.“ Wenn die Pferde in der Box mithilfe einer Hebebühne an Bord der Cargo-Maschine gebracht worden sind, ist die Hauptarbeit bereits erledigt. Wichtig: Der Flieger erreicht die Flughöhe aufgrund seines größeren Gewichtes wesentlich langsamer, damit ist auch der Anflug bei der Landung um einiges seichter und für Pferde angenehmer.

Während eines Fluges hat die jeweilige Pflegerin die Aufgabe, das Pferd auf längeren Strecken mit Wasser und Futter zu versorgen. Wenn Probleme, z.B. in gesundheitlicher Hinsicht, auftreten, sind zwei Tierärzte zur Stelle – das geschieht auf Anordnung des Veranstalters. Üblicherweise ist ein Arzt an Bord. Sollte unterwegs wegen schlechten Wetters eine unruhige Flugphase entstehen, ist der Pilot angehalten, die Flugroute zu ändern.

„Wenn die Cargo-Maschine erst mal in der Luft ist, sind Pferde ausgesprochen entspannt“, sagt Helle Kristoffersen vom Stallmanagement Bo Kristoffersens. Beide sind oft auf der Anlage des Holsteiner Verbandes in Elmshorn am Start anzutreffen. „Auf deutschen Autobahnen ist es ja nicht stressfreier. Bis zu Turnieren nach München oder Wien beispielsweise stehen die Pferde noch viel länger auf dem Transporter als bei einer Flugreise.“

„Es ist verrückt, wie viel Geld in eine solche Reise investiert wird“, sagt Benedikt Wasmer, Pferdespediteur aus Gütersloh, der auch häufig nach Elmshorn kommt. Ein Linienflug der normalen Cargo-Lufthansa kostet rund 6000 Euro. Hier summieren sich der private Leerflug, Landegebühr, Wartegebühr, Startgebühr und die Kosten für Doppelboxen und Personal auf locker 20.000 Euro pro Pferd. Casalls Pflegerin Celia Rijntjes weiß den Aufwand zu schätzen. „Es fehlt Casall an nichts“, sagt sie.

Scheich Al Thani hat eigens für das Finale neue Boxen errichten lassen, die mit jeweils mehr als 15 Quadratmetern Fläche ungewöhnlich groß sind und wie auch die Trainingshalle vollklimatisiert sind. Eine weitläufige Galopprennbahn stehen Pferd und Reiter zur Verfügung. Araberzucht mit modernster Technik gibt es direkt nebenan. Durch künstliche Bewässerung wird für eine dekorative Bepflanzung der Anlage gesorgt.

In Katar geht beim Finale der Global Champions Tour am Sonntag um 15 Uhr (Ortszeit) ausschließlich die internationale Elite an den Start. Die mehr als 60 besten Springpferde der Welt haben sich bei zuvor 13 Turnieren weltweit für das Formel 1-Finale unter den Pferdesport-Events qualifiziert. Stationen waren unter anderem Shanghai, Monaco, Paris, London, Wien – und Hamburg. Scheich Tamin bin Hamad Al Thani lockt die Elite mit einem Preisgeld von mehr als 1,7 Millionen Euro. Das reizt natürlich auch den Elmshorner Rolf-Göran Bengtsson, der einer der besten Springreiter der Welt ist. Der 52-Jährige wird mit Casall die Hürden in Doha nehmen. „Der Hengst liebt die großen Turniere dieser Welt.“

Vier Tage sind für Eingewöhnung und Umstellung der Pferde einkalkuliert. Der Tagesablauf ist genau auf die Gegebenheiten in der Wüste abgestimmt. „Morgens und 7 Uhr werden Casall und die anderen Pferde gefüttert, dann geputzt“, sagt Tierpflegerin Celia Rijntjes. „Schritt führen ist vor dem lockeren Reiten Pflicht.“ In der Mittagshitze bleibt der Elmshorner Edelhengst in dem klimatisierten Stalltrakt. Erst am frühen Nachmittag wird er noch einmal im Schritt geführt, bevor am frühen Abend die Prüfungen anfangen, wenn die Sonne tiefer steht.

Der für den Reit- und Fahrverein Elmshorn antretende Topreiter zählt derweil schon die Stunden, bis es in Doha endlich losgeht. Er gehört mit zur Spitzengruppe, kann das Finale absolut gewinnen. „Mein Hengst ist in bester Verfassung.“

Der frühere Olympiasieger Ludger Beerbaum aus Riesenbeck stimmt dieser Einschätzung zu: „Casall hat bislang eine unglaubliche Konstanz bewiesen.“