Isabel Jahr, Enkelin von Verleger John Jahr, sichtet Verkaufspferde in Elmshorn und ersteigert bei der Auktion in Neumünster einen Hengst aus Lutzhorn

Elmshorn/Neumünster. Das Angebot war vielfältig, das Interesse groß. Pferdeliebhaber aus Australien, Mexiko, den USA, Türkei und sieben weiteren Ländern haben über den Hauptsitz der Holsteiner Zucht in Elmshorn den Weg nach Neumünster eingeschlagen, um bei der Elite-Auktion von 29 Reitpferden zu bieten und den Zuschlag zu bekommen. Zuvor hatten die potenziellen Käufer zwei Wochen lang Gelegenheit, die Pferde und deren Fähigkeiten an der Westerstraße in Elmshorn zu testen. Sie ersteigerten am Ende 65 Kör-Anwärter für einen Inklusivpreis von insgesamt rund 3,1 Millionen Euro.

Je nach Zeitaufwand startet sie bei Turnieren bis hin zur Klasse M

Eine der neuen Pferdebesitzerinnen ist Isabel Jahr. Die Enkelin des großen Hamburger Verlegers John Jahr ist leidenschaftliche Pferdesportlerin. Auf der Anlage des Holsteiner Verbandes in Elmshorn hat die 45-Jährige sieben unterschiedliche Reitpferde genauestens studiert. In Neumünster ersteigerte sie jetzt den Hengst Chronos von einer Besitzerin aus Lutzhorn für 45.000 Euro. „Bis er bei mir im Stall stehen wird, kostet er mit Steuern und Gebühren etwa 57.500 Euro“, sagt Isabel Jahr.

Der Hengst Chronos, ausgebildet von Janne Friederike Meyer (Schenefeld), ist Pferd Nummer 46 im Stall. Eng wird es deshalb nicht. Isabel besitzt ein weitläufiges Gelände. Der Hof liegt 50 Kilometer nördlich von Hamburg am Lauf der Stör mitten in der Marsch. Das Gestüt ist von 120 Hektar Land mit Marschboden umgeben. Ihr Vater Alexander Jahr hatte den Hof im Jahre 1956 erworben. Der kaufte 1958 zwei Holsteiner Kutschpferde, womit die Pferdezucht eine Basis erhalten hatte.

Der Pferdebestand bewegt sich heute zwischen 40 bis 50 Vierbeinern, die aufgezogen, ausgebildet und hin und wieder verkauft werden. „Ernsthaft habe ich mich mit dem Pferdesport erst mit 18 Jahren befasst“, sagt sie. „Heute bin ich je nach Zeitaufwand bei Turnieren bis hin zur Klasse M** unterwegs. Mit zehn Jahren war ich erstmals mit Zuchtstuten meines Vaters unterwegs.“

Später merkte die Amazone, dass sie unbedingt aufs Pferd wollte, um weiterzukommen. Dafür steht sie schon früh auf. Ihre Tochter Ellen sei allerdings noch wesentlich engagierter. Die Schülerin trainiert mit der Rellingerin Sarah Stut de Boer in Schenefeld, und auch die Ziele dieser beiden sind klar definiert.

Der Start in den Tag erfolgt um 6 Uhr, kurz danach werden die Pferde gefüttert. Gemeinsames Frühstücken und Teambesprechung sind regelmäßig angesagt, dann werden um die 45 Pferde versorgt oder trainiert. „Der Alltag ist von morgens bis in die Nacht verplant, denn Pferde halten sich nicht an Bürozeiten“, so Jahr. Jetzt bekommt hier auch Hengst Chronos sein neues Zuhause.

Vorstellung von einem Olympiapferd bringt Isabel den besonderen Kick

Die Auktion war nicht der einzige Grund für Isabel Jahr, in die Holstenhallen zu fahren. Vor der Auktion körte eine sechsköpfige Kommission auch Hengste, die besonders gut für die Zucht geeignet sind. Bei der Körung bekam auch Isabel Jahr mit Hengst Barc-ley die Lizenz für die Zucht. Gute Gene, Bewegung und Ausstrahlung eines Pferdes sind der Grundstock.

„Für mich ist es ein großer Erfolg, zum dritten Mal hintereinander einen gekörten Hengst zu präsentieren.“ Alle Züchter wünschen sich ja ein Nachwuchspferd für die Olympischen Spiele. Diese Hoffnung und der Kick motivieren die Holsteinerin enorm. „Viele ersteigern Pferde auf Masse, ich achte auf Qualität“, entgegnet Jahr.

Weil Barcley gekört wurde, sperrte ihn seine Besitzerin für die nachfolgende Auktion, obwohl der Wert des Pferdes aufgrund der Körung deutlich stieg. Von 65 Hengstanwärtern standen übrigens 29 nicht zum Verkauf. Züchter wollen sichtlich nicht mehr das schnelle Geld, sondern wertvolles Genmaterial für den Zuchtbetrieb. Jene Zuchtstrategie hat zum Ziel, dass Spitzen-Vererber nicht ins Ausland verkauft werden. Für den Klassehengst Diarado haben drei Käufer im Jahre 2007 jeweils 300.000 Euro auf den Tisch geblättert.

Ihr neues, ungekörtes und damit vergleichsweise preisgünstiges Pferd Chronos wird die Pferdeexpertin nicht zur Zucht einsetzen. Ein lohnendes Geschäft könnte er trotzdem sein. Der Hengst ist jetzt fünf Jahre alt. Zwischen acht und zehn Jahren dürfte er auf der Höhe seiner Leistungsfähigkeit sein. Das nächste Ziel soll das Bundeschampionat in Warendorf 2015 sein. „Ich habe also mindestens drei Jahre Zeit, um Chronos zu trainieren“, sagt Isabel Jahr. „Wenn ich Erfolg habe, kann ich ihn vielleicht gewinnbringend verkaufen.“

In Elmshorn bekamen Käufer wieder einmal ausreichend Gelegenheit, Reitpferde zu begutachten und vor allem zu testen. In Neumünster fand nur die Auktion statt, Interessenten konnten hier nicht springen. Logistisch gesehen ist diese Variante sinnvoller und für die Pferde in der neuen Umgebung stressfreier.