Reitsport-Experte Carsten Sostmeier moderiert Dressur-Turnier in Appen-Etz. Für den erfahrenen TV-Mann ein Besuch der besonderen Art auf dem Land

Appen. Er ist die Stimme des Reitsports. Kaum ein TV-Sportreporter prägt die Berichterstattung im Fernsehen seit vielen Jahren so wie Carsten Sostmeier – ein absoluter Experte in Sachen Pferdesport. Fachmännische und launige Kommentare sind sein Markenzeichen. Der 54-Jährige aus Heidenau (Nordheide) war selbst als Springreiter bis hin zur S-Klasse aktiv. Aus gesundheitlichen Gründen musste er seine Karriere jedoch schon mit 21 Jahren beenden. Bei ländlichen Turnieren begann er später als Sprecher. Seit 1991 ist Sostmeier bei ARD und ZDF am Mikrofon im Einsatz. Für seine Live-Moderation bedeutender Spring- und Dressur-Ereignisse in der ganzen Welt erhielt Sostmeier 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen den Deutschen Fernsehpreis. Nun führte er auch auf dem Anakenenhof mit Witz und Charme durchs Programm. Das Abendblatt sprach mit dem TV-Mann während der Turniertage in Appen-Etz.

Hamburger Abendblatt:

Was verschlägt einen Herrn Sostmeier in die Provinz nach Pinneberg?

Carsten Sostmeier:

Lust auf Cola light, fettige Pommes und Plattdeutsch – nein, ein Scherz. Das Dressurturnier auf dem Anakenenhof ist ein wahres hippologisches Kleinod. Hier gibt es ein tolles Ambiente zum Ausspannen, nette Leute und vor allem guten Sport.

Während der Fernsehübertragungen gehen Sie bei großen Turnieren ja stets mit hoher Emotionalität und Fachkenntnis zu Werke, was auch in der Medienlandschaft längst bekannt ist.

Sostmeier:

Ende August hatte ich die Ehre und Freude, aus Nordfrankreich von der Reit-WM zu berichten. Deutschland wurde Weltmeister in der Dressur und Vielseitigkeit. Emotional tauche ich als Kommentator automatisch wiederholt ein in ein Wechselbad der Gefühle mit der Hoffnung auf eine emotionale Wohlfühltemperatur zum Ende des Wettbewerbs.

Lassen sich solche unterschiedlichen, in ihrer Bedeutung abweichenden Termine und Events überhaupt miteinander vergleichen?

Sostmeier:

Auf jeden Fall. Der Sport war bei der WM teilweise besser. Die Toiletten, das Essen, das Ambiente, das Wetter und die Herzlichkeit waren besser in Appen.

Was war für Sie denn das Highlight der Veranstaltung?

Sostmeier:

Die Grand Prix Kür mit toller Kulisse, ein begeistertes Publikum und mitreißende Auftritte von Pferd und Reiter am Abend. Die heimlichen Stars aber waren die Kinder im Alter von drei bis acht Jahren in ihrem „Grand Prix“, der Führzügelklasse am Schlusstag. Hier wird vor allem der gute Sitz bewertet. Eine der jüngsten Teilnehmerinnen saß auf dem kleinsten Pferd. Ein Zwergshetland-Pony mit passendem Namen: Herkules. Dieser kleine, kecke Bursche hatte einen Sitzkomfort wie ein Presslufthammer. Es war wirklich nicht leicht für die junge Dame, seine Bewegungen auszusitzen. Aber beide sahen verdammt cool aus.

Sie selbst stehen dem Springsport sehr nah. Wie könnte man mehr Begeisterung für den Dressursport hervorrufen, wo Deutschland ja seit Jahren eine führende Nation ist?

Sostmeier:

Zugelassen werden nur noch mega-attraktive junge Damen und Herren zwischen 18 und 35 Jahren in Bikini und Badehose, statt in Frack und Zylinder. Heidi Klum wird das Ganze kommentieren, und Thomas Gottschalk belohnt jeden Reiter und sein Pferd nach dem Auftritt mit Gummibärchen. Okay, mal ernsthaft. Dressursport ist ein Kulturgut mit uralter Tradition. Genauso wie die Musik von Bach, Beethoven und Mozart. Könnten Sie sich eine „Zauberflöte“ von Mozart aufgepeppt mit Lady Gaga vorstellen, in der Hoffnung, dass dann die Kids die Opern stürmen? Der Dressursport ist faszinierender, als es manche Menschen glauben. Dressurreiten ist Kultur. Deshalb geht auch Fußballnationalspieler Thomas Müller dorthin.

Wie wichtig ist die Nachwuchsförderung? Muss mehr getan werden?

Sostmeier:

Die Nachwuchsförderung muss grundsätzlich unterstützt werden. Damit meine ich allerdings nicht nur die Förderung der Reiter, sondern auch die der Pferde und deren Zucht. Wesentlich ist auch der Erhalt der Turniere in unserem Land. Allerdings sehe ich Verbesserungspotenziale in der Turnierstruktur. Eine Orientierung an populäreren Sportarten wie z.B. Fußball könnte dem Reitsport im öffentlichen Interesse und Verständnis weiterhelfen, wenn es auch hier Liga-Zuordnungen geben würde.

Wenn es Ihnen möglich ist, würden wir uns über Ihr Gesamtfazit von der Veranstaltung auf dem Anakenenhof freuen.

Sostmeier:

Es ist ein Dressurturnier zum Entspannen auf einem herrlichen Areal, das jedem Besucher kostenlos offensteht. Und wer nach dem Betrachten tanzender Pferde selbst Lust auf Bewegung bekommt, kann dies in der Partynacht zur Livemusik voll ausleben. Was soll ich sagen – Besuch macht klug.