Früherer Handball-Bundestrainer besucht Johannes-Brahms-Schule . Lehrer bereiten Übungseinheit auf Pausenhof vor

Pinneberg . Die Rock'n'Roll-Highschool wurde schon besungen, ebenso der komplette Ausfall des Unterrichts, wie etwa im Alice-Cooper-Klassiker "School's out". Dass aber der Pausenhof für einige Stunden zum überdimensionalen Handballfeld umfunktioniert wird, gab es zumindest in der Geschichte des Pinneberger Johannes-Brahms-Gymnasiums noch nicht.

Am Mittwoch, 22. Mai, wird genau das am Fahltskamp geschehen. "Handball-Stars go school" heißt das Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Handball-Bundes, der Handball-Bundesliga und eines japanischen Automobilkonzerns, das zurzeit durch Deutschland tourt und in Kürze auch in Pinneberg Station macht.

Schirmherr der Aktion ist Heiner Brand, 60, dem es als erstem gelang, als Spieler (1978) und Trainer (2007) den Weltmeister-Titel zu holen. Pinneberg ist nur einer von fünf Schauplätzen, an denen der heutige DHB-Manager für die Bereiche Nachwuchsförderung und Sponsoren den Ball selbst ins Spiel bringt. Begleitet wird der frühere Kreisläufer mit dem markanten Walrossbart von Daniel Stephan. Der 39 Jahre alte Rückraum-Akteur spielte in seiner 26 Jahre andauernden Bundesliga-Karriere nur für zwei Clubs (OSC Rheinhausen, TBV Lemgo), 1998 wurde er zum Welthandballer gewählt.

Die Vorbereitungen für den außergewöhnlichen Unterricht in Pinneberg laufen derzeit auf Hochtouren. Die Fäden der Organisation laufen bei zwei Pädagogen zusammen, die viel Handball-Sachverstand und Erfahrung als Trainer einbringen, Klaus Häfele, 37, und Christian Petersen, 32. Während letzterer, der das Handballspielen beim Sportzentrum (SZ) Ohrstedt (Kreis Nordfriesland) erlernte, am Johannes-Brahms-Gymnasium neben Englisch auch Sport unterrichtet, hat sich Häfele auf die Fächer Mathematik, Physik und Informatik spezialisiert.

Studienrat Klaus Häfele begann als Sechsjähriger in Ellerbek mit Handball

Handballer aber ist der gebürtige Ludwigshafener durch und durch. Als Zweijähriger übersiedelte Häfele mit seiner Familie in den Kreis Pinneberg, zunächst nach Rellingen und von dort nach Ellerbek. Im neuen Wohnort schloss sich der Rechtshänder im Alter von sechs Jahren dem TSV Ellerbek an. Allein zwölf Spielzeiten in der Regional- und Oberliga absolvierte der Spielmacher und Siebenmeter-Spezialist für seinen Club, nachdem er sich nach Abitur und Zivildienst zunächst für ein Studium der Elektrotechnik in Darmstadt eingeschrieben hatte und für die TSG Friesenheim in der 2. Bundesliga Süd spielte. Dafür pendelte der Rechtshänder mehrmals pro Woche 60 Kilometer zwischen Hochschule und Trainingsstätte.

Das Johannes-Brahms-Gymnasium ist eine von 25 Gewinner-Schulen

"Mein Vater, der selbst Pädagoge ist, hatte mich vor einem Lehramtsstudium gewarnt", sagt Klaus Häfele, der diesen Rat aber letztlich ignorierte und seit mittlerweile neun Jahren am Johannes-Brahms-Gymnasium unterrichtet. Seine Handball-Laufbahn ausklingen lassen möchte der Studienrat beim FC St. Pauli, mit dem er gerade den Klassenerhalt in der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein schaffte.

Besonders erfreut sind Häfele und Petersen darüber, dass ihr Gymnasium neben der Auguste-Viktoria-Schule in Itzehoe als einzige Lehranstalt des nördlichsten Bundeslandes Besuch von Heiner Brand & Co. bekommt. Bundesweit wurden 25 Gewinnerschulen ermittelt. "Unsere Bewerbung muss wohl überzeugt haben, zudem sind wir das viertgrößte Gymnasium in Schleswig-Holstein", sagen die Pädagogen. Ein Übriges dürften die jüngsten Erfolge der JBS-Schulteams bei Jugend trainiert für Olympia getan haben. Vom Training in der Schule profitieren auch die mit dem Gymnasium kooperierenden Clubs TSV Ellerbek und HSG Pinnau, die Spielgemeinschaft von TSV Prisdorf und VfL Pinneberg. "Die Region hat enormes Handball-Potenzial, aus jeder Jahrgangsstufe schließen sich im Laufe des Schuljahres mindestens zehn Kinder und Jugendliche einem Verein an", sagt Klaus Häfele.

Los geht es am Mittwoch mit einer zweistündigen exklusiven Übungseinheit für die Gewinner-Klasse, geleitet von Heiner Brand und Daniel Stephan. "Mitmachen dürfen maximal 40 Interessierte, wahrscheinlich müssen wir die Teilnehmer auslosen", sagt Petersen. Zum Abschluss des Trainings gibt es einen Wettbewerb, bei dem die Schule mit dem besten Ergebnis eine Klassenreise zum Super-Cup der Handball-Bundesliga am 20. August in Bremen gewinnen kann. Um 10 Uhr dürfen dann alle Brahms-Schülerinnen und -Schüler zum Ball greifen. An verschiedenen Stationen werden die Geschwindigkeit von Würfen, Dribblings sowie Läufen mit und ohne Ball ebenso erfasst wie die Treffsicherheit der Akteure.

Insgesamt erwarten die Organisatoren mehr als 1000 Teilnehmer und Schaulustige. Auch ein Team des NDR-Fernsehens will dabei sein, um Handballlehrer Heiner Brand bei einer Sportstunde der besonderen Art über die Schulter zu schauen.