Joachim Dipner, Spielausschussvorsitzender des Hamburger Fußball-Verbandes, wehrt sich nach erneuter Generalabsage gegen die Kritik der Amateurclubs an der Terminplangestaltung.

Pinneberg. Nach der dritten Generalabsage in Folge trifft den Hamburger Fußball-Verband die geballte Wut der Amateurfußballer und Funktionäre. Der Vorsitzende des Spielausschusses, Joachim Dipner, bezieht im Abendblatt Stellung zur Kritik der Vereine an den Spielansetzungen und spricht über Lösungsvorschläge während der erneuten Wintermisere im Amateurfußball.

Hamburger Abendblatt: Herr Dipner, Elmshorns Präsident Helge Werner Melzer hat die jüngste Generalabsage scharf kritisiert. Die Saison werde zur Farce, der Verband sei bekloppt. Was meinen Sie?

Joachim Dipner: Ich wäre froh, wenn ein Elmshorner Verantwortlicher beim Ausspracheabend für die Oberligisten am 4. März erschienen wäre, zu der zwölf Vereine kamen. Die Wettermisere war abzusehen, und dort redeten Vertreter der Vereine und Verbände miteinander. In der Sache kann ich die Kritik nicht nachvollziehen.

Warum nicht? Laut Melzer greifen Sie zugunsten von Eintracht Norderstedt in den Oberliga-Aufstiegskampf ein. Norderstedt darf mit einer Ausnahmegenehmigung trotz Generalabsage am Montag gegen Curslack antreten.

Dipner: Paragraph 30, Absatz 3 unserer Spielordnung bietet diese Möglichkeit für alle Partien. Wenn beide Mannschaften den Platz trotz einer Generalabsage für bespielbar halten, können sie spielen. Sie müssen sich nur einigen, wir genehmigen dann den Antrag. Stimmt der Schiedsrichter zu, wird die Partie angestoßen.

Ein klarer Vorteil für Norderstedt. Dort gibt es einen Kunstrasenplatz, in Elmshorn nicht.

Dipner: Was glauben Sie, was passiert, wenn wir alle Kunstrasenplätze bei einer Generalabsage automatisch sperren würden, ohne die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung? Dann stampft das Sportamt das Programm für Kunstrasenplätze doch gleich wieder ein. Wir müssten uns von den Politikern anhören: Wieso wird dort nicht gespielt? Wofür haben wir da investiert?

Fakt ist, dass auf Vereine ohne Kunstrasenplatz wie Elmshorn, Pinneberg oder Halstenbek-Rellingen ein Riesenpensum wartet, wenn Schnee und Eis weg sind. Das ist doch Wettbewerbsverzerrung.

Dipner: Es gibt eine Zweiklassengesellschaft, da stimme ich zu: Vereine mit Kunstrasenplatz und Vereine ohne Kunstrasenplatz. Deshalb existiert ja der Druck auf die Politik, mehr Kunstrasenplätze zu bauen. Wir als Verband können aber nur an die Vereine, gerade in den Randgebieten, appellieren, sich um viele Ausweichplätze zu bemühen.

Könnte der Spielausschuss mehr tun?

Dipner: Was denn zum Beispiel?

Wie wäre es mit einer Saisonverlängerung für die Oberliga?

Dipner: Wir sind in einer Ausnahmesituation. Eine Saisonverlängerung ist trotzdem nicht geplant. Fallen nächste Woche erneut Spiele aus, werden wir uns die Lage erneut anschauen. Der Vorschlag einer Saisonverlängerung in den Juni ist ja nicht neu. Wir können aber nicht in den Juni hineinspielen.

Pinnebergs Trainer Michael Fischer sprach sich erst neulich wieder dafür aus.

Dipner: Einige Vereine wollen dann wegen Urlaubs nicht antreten. Anfang Juni werden die Plätze neu eingesät. Zudem beginnen Ende Juni die meisten Klubs mit der Vorbereitung. Ich möchte nicht die Reaktionen hören, wenn die Spieler bis Mitte Juni spielen und zwei Wochen später in die neue Spielzeit starten. Außerdem starten die Regionalliga-Aufstiegsspiele Anfang Juni.

Ein weiterer Lösungsvorschlag von Fischer lautet: Englische Wochen im August und September. . .

Dipner: Im August gibt es bereits drei Englische Wochen wegen der Pokalspiele. Machen wir damit im September weiter, starten die Oberligisten, die alle vier Pokalrunden schaffen, mit sieben Englischen Wochen in die Saison. Das ähnelt dann von der Spielanzahl der Lage, in der wir jetzt sind. Außerdem sind dafür die Platzkapazitäten nicht da. Es gibt ja bei jedem Verein nicht nur die Ligamannschaft. Solche Vorschläge werden übrigens ebenfalls auf den Ausspracheabenden besprochen. Pinneberg fehlte dort genauso wie Elmshorn.

Können Sie nicht wenigstens die Ansetzungen Anfang Februar abschaffen?

Dipner: Wann sollen wir die Nachholspiele sonst durchführen? Und mal fürs Protokoll: Hätten die Clubs im August, als fast 50 Pokalspiele ausfielen, nicht so glänzend mitgespielt und mit uns gemeinsam die zügige Durchführung der Nachholspiele gestemmt, würden wir jetzt noch darunter leiden. Verband und Vereine sitzen in einem Boot.

Das ist schön, aber es hört sich an wie: Wir können eben nichts machen.

Dipner: Es gibt eine Lösung, aber die trifft nicht die Zustimmung der Vereine. Wir könnten die Oberliga auf 16 Clubs verkleinern. Von der Landesliga bis zur Kreisliga gibt es ja 16er-Staffeln. Dort können wir schon Ende November mit der Hinrunde aufhören, mit der Saison Mitte Mai. Das würde auch in der Oberliga alles entspannen.

Warum sträuben sich die Oberligisten?

Dipner: Sie sagen, wir bezahlen unsere Spieler zehn Monate, also wollen wir auch spielen. Wir brauchen die Einnahmen aus unseren 17 Heimspielen. Außerdem solle die Oberliga als Vorzeigeliga 18 Clubs haben. Ich verstehe diese Argumente gut. Nur bleibt es dann eben bei den jetzigen Problemen.

Verstehen Sie die Klagen von Spielern und Funktionären eigentlich auf einer emotionalen Ebene?

Dipner: Natürlich. Es ist hart, bald so oft spielen zu müssen. Andererseits habe ich gerade im Abendblatt gelesen, dass manche Eishockeyspieler in vier Tagen viermal spielen müssen. Da fragt keiner nach, ob sie überfordert sind.

Sollte der Fußball radikal umdenken und seine Spielpläne dem Kalenderjahr anpassen?

Dipner: Das wäre ein Traum. Das würde so gut wie alle Probleme mit einem Schlag erledigen. Ich weiß, dass die Urlaubszeit im Sommer dagegen spricht. Doch alle Vereine wären gleichermaßen davon betroffen.