Christopher Kirsch, Turnierveranstalter auf Gut Aspern, trainiert in Argentinien mit der Weltelite. Beeindruckende Impressionen aus Südamerika

Groß Offenseth/Aspern . Die Bilder wecken Träume bei Millionen Menschen, erst recht in diesen frostigen Tagen. Ein Mann mit offenem Hemd und wehendem Haar galoppiert auf seinem Pferd dahin, über weites, grünes Land, der Abendsonne entgegen. Diesen uralten Menschheitstraum von unbegrenzter Freiheit auf dem Pferderücken gönnt sich Christopher Kirsch mindestens jede Woche - jetzt, an den oft drückend warmen Sommerabenden in Argentinien. Dann sattelt er eines seiner Polopferde und lässt für ein bis zwei Stunden alles hinter sich. Dann ist der Sportsmann von Gut Aspern in Groß Offenseth ein einsamer Gaucho auf seinem Pferd in dieser unendlichen Weite der argentinischen Landschaft.

Christopher Kirsch, Team-Kapitän der deutschen Polo-Nationalmannschaft, hat den Winter in Deutschland aus seinem Lebenskalender gestrichen. Seit zehn Jahren bereits ist für ihn, dessen Leben sportlich und geschäftlich im Polo-Business verankert ist, immer Sommer - ob hier oder im Süden.

"Muchas Saludas des de Argentina", meldet sich seine Stimme am Telefon. "Also, schöne Grüße nach Pinneberg. Ich war mit der Familie zwischendurch einige Tage in Aspern. Der Frost dort, die Anreise alleine, das waren fast 50 Grad Temperaturunterschied an einem Tag für uns. Mein kleiner Sohn und meine Freundin freuen sich, wenn sie wieder in der Nähe von Buenos Aires in der Sonne sind. Aber ich muss dann wieder bei 30 Grad im Schatten im Sattel sitzen und im starken Galopp die Schläge trainieren." Am Abend findet dann oft noch ein Trainingsspiel im Club statt. Da sehnt sich Kirsch manchmal schon nach einer steifen Brise wie auf den Wiesen in Schleswig-Holstein.

Christopher Kirsch, sein vierjähriger Sohn, der auch Christopher heißt, aber Juny gerufen wird und dessen Mutter Valeria Cetraro leben in Pilar, etwa 50 Kilometer von Buenos Aires entfernt in einem Haus in der Stadt. Sein sportlicher und damit auch beruflicher Mittelpunkt aber ist der Centauros Polo Club.

Wie soll man beschreiben, welchen Klang und welche Bedeutung dieser Club im weltweiten Polosport genießt? Sollte man ihn mit Real Madrid oder Bayern München im internationalen Fußball vergleichen? Nicht einmal das würde reichen.

Versuchen wir es so: Die Leistungsstärke und der internationale Rang im Polosport wird in einer Zahl, dem sogenannten Handicap, gemessen. Das allerhöchste, was ein Weltklassespieler erreichen kann, ist das Handicap plus 10. Zurzeit gibt es überhaupt nur sechs Stars, die das erreicht haben. "Und alle sechs sind Mitglieder in unserem Verein", sagt Christopher Kirsch stolz. Es gibt noch einen Maßstab, der die überragende Bedeutung des Centauros Polo Clubs unterstreicht. Das weltweit bedeutendste Turnier sind alljährlich die Palermo Open. Palermo wiederum ist der mondäne und für Touristen attraktivste Stadtteil von Buenos Aires. Und die "La Catedral de Polo" in Palermo ist die Kathedrale (Stadion) des einst königlichen Ballspiels hoch zu Ross.

"Bei den Palermo Open ist das Stadion mit mehr als 25.000 Besuchern überfüllt", klärt Christopher Kirsch auf. Die Spiele werden in ganz Lateinamerika, zum Teil auch in die USA live übertragen. Diesmal standen sich im Finale alle sechs Handicap-10-Spieler unseres Clubs gegenüber. Es siegte die Polo-Dynastie der Pieres. "Allein hier in der Region Pilar, man kann sie mit dem Kreis Pinneberg vergleichen, gibt es weit über 100 Poloplätze", berichtet Christopher Kirsch vom anderen Ende der Erde. "Ich lebe hier sozusagen mitten im Paradies des weltweiten Polosports." Allerdings genießt Kirsch das nur gelegentlich mit seinem kleinen Sohn in der Hängematte. Den Sommer in Argentinien nutzt der Besitzer von Gut Aspern, um junge Pferde zu kaufen und sie im Aufbautraining für seinen Sport in Deutschland und in Europa vorzubereiten. "Momentan habe ich sechs Ponys im Aufbautraining", sagt er. "An sechs Tagen der Woche arbeite ich mit ihnen. Bis zu viermal pro Woche bestreiten wir dazu Trainingsspiele".

Dann kämpft der Amateurspieler aus Schleswig-Holstein Seite an Seite mit den Größten seines Sports, die in den USA und in Großbritannien bis zu 500.000 Dollar pro Turnier kassieren. "Das zwingt mich, im Sattel sehr schnell zu denken und schnell zu entscheiden. Jedes dieser Duelle ist auch eine große körperliche Herausforderung für mich. Ohne das Training mit den stärksten Profis der Welt würde ich bei unseren Turnieren in Deutschland wohl nicht mehr zu den Besten gehören", sagt der Kapitän des Nationalteams, der das Handicap 4 hat. "Immerhin spüre ich meine 44 Jahre inzwischen."

Christopher Kirsch stand vor seiner mündlichen Abiturprüfung, als er 1988 das erste Mal für drei Wochen ins Land der Pferde reiste, um sein Spanisch zu verbessern. Seit 2002 verbringt er regelmäßig den deutschen Winter in diesem Land der Gauchos und Polo-Enthusiasten. "Für meine Freunde und Kollegen bin ich inzwischen einer der ihren", sagt der Mann, der mit seiner Agentur Pegasus in Deutschland auch einer der wichtigsten Turnier-Organisatoren ist. Von den sieben Veranstaltungen der German Polo Tour, der großen Veranstaltungsserie, organisiert er sechs mit seinem Team.

In den vergangenen Jahren hat Christopher Kirsch dafür gesorgt, dass auch Gut Aspern mit seinem Polo-Club eine feste Größe in der nationalen Polo-Szene geworden ist - neben Hamburg und Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München. Vom 31. Mai bis 2. Juni wird die Anlage in Groß Offenseth wieder im Mittelpunkt des exklusiven Sports mit den Draufgängern im Sattel und ihren pfeilschnellen Pferden stehen. Aus Hamburg und Düsseldorf, aus Berlin und München reist die feine Gesellschaft an und genießt die ländliche Idylle und landschaftliche Schönheit.

Im Polo-Paradies von Pilar und seinem Centauros Polo Club knüpft Christoph Kirsch die Kontakte zu argentinischen Profis und auch zu den internationalen Sponsoren, die seine Turniere sportlich und gesellschaftlich attraktiv machen. Er selbst musste in der Zwischenzeit einen doppelten Bänderriss im Knie ausheilen.

"Daher kann ich erst jetzt einige Turniere in Argentinien spielen", sagt er. "Im März werde ich entscheiden, wie viele Nachwuchspferde ich mit nach Gut Aspern bringe. Das ist auch eine Kostenfrage, denn das Flugticket für ein Tier kostet heute 7000 Dollar." Die 20 Fohlen, Stuten und Hengste zu Hause in Deutschland hat er den Winter über sozusagen in die Ferien auf einen Bauernhof in Westerhorn geschickt. Mit denen wird er nach der Rückkehr im März das Training wieder aufnehmen.

Mit einem "hasta luego" beendet Christopher Kirsch das Telefonat. Bis später also, vielleicht im Mai beim Polo-Turnier auf Gut Aspern.