Heidgrabener SV will Verlust von Platz- und Hallenkapazitäten mit Bau eines Kunstrasens begegnen. Auffällig gute Talentförderung.

Heidgraben. Wer Manfred Langer in diesen Tagen zuhört, könnte meinen, der Mann befinde sich noch in Silvesterstimmung. Vom "größten Knaller der letzten 30 Jahre" spricht der Vorsitzende des Heidgrabener SV und spielt damit nicht auf ein Riesenfeuerwerk in der 2400 Einwohner starken Gemeinde Heidgraben zum Jahreswechsel an. Langer, 52, spricht vom Kunstrasenplatzprojekt seines Vereins.

Unter dem Motto "365 Tage Fußball in Heidgraben" will der Verein das 500.000 Euro teure Vorhaben stemmen. "Wir haben dabei das Wohl aller Mitglieder im Blick", sagt Langer. Was zunächst wie ein Widerspruch klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als schlüssig. Die Grundschule Heidgraben wird vom neuen Schuljahr an eine offene Ganztagsschule, der dritte Rasenplatz des Vereins an der Hauptstraße muss 46 Eigenheimen weichen. Weniger Spielfläche für die Fußballer, weniger Hallenzeiten für alle Abteilungen - spätestens im Winter, wenn die Kicker und die neu gegründete Rugbyabteilung wegen gefrorener Plätze nur in der Halle trainieren können, droht allen Sparten ein massives Platzproblem. Ein stets bespielbarer Kunstrasenplatz soll Abhilfe schaffen.

In Heidgraben wuchsen viele erfolgreiche Sportler auf

Der liebenswerte "kleine HSV" kann für sein Projekt zusätzlich sportliche Argumente ins Feld führen. Der Verein ist eine wertvolle Talentschmiede. Saskia Schippmann, Torhüterin des Hamburger SV in der Regionalliga, lernte das Fußballspielen in Heidgraben. Sie brachte es sogar auf zwei Bundesligaeinsätze "und ist immer noch Mitglied bei uns", sagt Vereinsboss Langer. Heidgraben förderte starke Leichtathleten wie Ulf Papenfuß und Dennis Repenning ebenso wie eine ganze Reihe lokal bekannter Fußballer wie beispielsweise Florian Härter, Jan-Niclas Galke (beide Blau-Weiß 96) und Helge Kahnert (TSV Uetersen), die allesamt in der Landesliga aktiv sind. Langer selbst ist Sportjunkie, bringt es auf 45 Marathonteilnahmen, nahm sogar am Ironman in Roth (Franken) teil. Diese Erfahrung kommt den Leichtathleten zugute. "Ich kenne natürlich einige Leute in der Szene. Einem Sprinttalent würde ich die LG Elmshorn empfehlen, einem Ausdauertalent die SV Halstenbek-Rellingen oder LG Wedel-Pinneberg."

Das Stichwort heißt "empfehlen". Nicht nur im Leichtathletik-Bereich, wo zudem eine Kooperation mit dem TSV Uetersen und dem TuS Esingen besteht, geht Heidgraben auf Nachbarvereine zu, wenn sich ein außergewöhnliches Talent in den von qualifizierten Trainern betreuten eigenen Reihen befindet. Letztlich, sagt der Vorsitzende, sei der Heidgrabener SV eine kleine Nummer im Vergleich zur Größe und Finanzkraft der Konkurrenz. Deshalb sei die Zusammenarbeit untereinander sehr sinnvoll. Heidgraben wolle seine Talente bestmöglich fördern, ihnen aber keine Steine in den Weg legen, wenn sie eben zu gut für Heidgraben geworden sind.

Die Erfolge der Fußballabteilung bei der Talentförderung bestätigen das Konzept in besonderem Maße. Dafür tun die Verantwortlichen viel. In diesem Sommer wird zum zweiten Mal die HSV-Fußballschule zu Gast sein. "Vier HSV-Trainer trainieren bis zu 60 Kinder eine Woche lang", sagt Abteilungsleiter Ingo Höhns. Für die Teilnahme ist eine Vereinsmitgliedschaft keine Voraussetzung. Schon viermal war das DFB-Mobil auf Visite an der Uetersener Straße. Zwei ausgebildete DFB-Trainer gaben den Kindern einen Nachmittag lang Tipps, ein weiterer Coach schulte die Heidgrabener Trainer. "Darüber hinaus schicken wir unsere Trainer natürlich auch auf Ausbildungen des Hamburger Fußball-Verbandes", erklärt Höhns. Außerdem hat jedes Team einen Co-Trainer, meist aus der C- oder B-Jugend. Auch zwischenmenschlich stimmt es. Im Sommer verankerte die Fußballabteilung in Eigenregie eine Maulwurfsperre im Erdreich rund um das Stadion. "Sie wirkt", freut sich Höhns. "Trotzdem würde uns ein Kunstrasenplatz sehr entlasten" - ebenso wie die anderen Abteilungen. Die gute Gemeinschaft betonen auch diese, beispielsweise die Volleyballer, die mit ihrem Mixed-Team vor dem Aufstieg in die A-4-Klasse stehen oder die Tennis- und Tischtennisspieler (jeweils 1. Bezirksklasse).

KSV-Geschäftsführer Tiedemann steht dem Club beratend zur Seite

Bleibt die Frage, wie der kleine Verein nun sein großes Ziel Kunstrasenplatz verwirklicht. "30.000 Euro an Eigenmitteln haben wir zurückgelegt. Weitere Projekte wollen wir anschieben, um unseren Beitrag zu leisten", sagt Langer. Auf bis zu zehn Prozent der Gesamtsumme darf der Heidgrabener SV vom Landessportverband Schleswig-Holstein hoffen, auf bis zu 15 Prozent vom Kreis Pinneberg und auf 25 Prozent von der Gemeinde Heidgraben. "Die Bürgschaft für einen Kredit haben wir von Bürgermeister Udo Tesch bereits erhalten", sagt Langer. Es ist ein Geben und Nehmen. Bei der offenen Jugendarbeit entlastet der Klub die Gemeinde, führt Veranstaltungen und Betreuungsmaßnahmen durch.

"Ich hoffe", ergänzt Karsten Tiedemann, Geschäftsführer des Kreissportverbandes Pinneberg, "dass die Gemeinde noch ein wenig mehr helfen kann." Schließlich habe der "kleine HSV" eine wichtige Funktion in Heidgraben und verliere im Gegenzug auch Platz- und Hallenkapazitäten. Tiedemann berät den Verein und gibt wichtige Tipps, um Fallstricke zu vermeiden. Es müsse unbedingt eine Beschlusslage der Mitglieder über den Kostenrahmen herbeigeführt werden. Der Verein dürfe auf keinen Fall bauen, bevor alle Bewilligungsbescheide da seien. Und die Gemeinde solle sich für die baufachliche Abwicklung an das Amt Moorrege wenden. "Dort sitzen im Bauamt die Fachleute für solche Projekte", sagt Tiedemann. Vereinschef Langer ist ihm dankbar. Bald will er die Mitglieder befragen. "Wir machen aber alles ruhig, sachlich und vernünftig", erklärt er. Kurzfristige Knalleffekte sind seine Sache nicht.