Nach der Trennung von Coach Özhan Gürel ist der SC Rist wenige Wochen vor Saisonbeginn in der 2. Bundesliga auf Trainer- und Spielersuche.

Wedel. In den vergangenen fünf Spielzeiten gab es für die Basketballer des SC Rist sportlich nur eine Richtung: nach oben. Der Aufstieg in die 2. Bundesliga Pro B in der Saison 2008/09, der Klassenerhalt in den beiden darauf folgenden Jahren und die erstmalige Teilnahme an den Aufstiegs-Playoffs zur Pro A, die zweithöchste deutsche Spielklasse - all diese Erfolge gelangen den Wedelern mit Headcoach Özhan Gürel auf der Bank. Doch die Tätigkeit des 32 Jahre alten Trainers aus Ankara, der in seiner Heimat als Spieler Erfahrung in der ersten türkischen Liga sammelte, für den Wedeler Klub endete jetzt abrupt: Einen guten Monat vor Beginn der Pro-B-Spielzeit 2012/13 trennte sich der Klub von dem Mann, der seit 2003 zunächst als Spieler und anschließend als Trainer tätig war.

Mangelnder sportlicher Erfolg war denn auch nicht die Ursache dafür, dass Coach und Verein künftig getrennte Wege gehen. "Die Auffassungen, wie man Profibasketball in Wedel realisieren kann, gingen immer weiter auseinander", sagt stattdessen Rist-Vorstandmitglied Gernot Guzielski. Özhan Gürel sei ein Profi-Trainer, der hohe Anforderungen an Strukturen und Spieler stelle, aber: "Diese optimalen Voraussetzungen können wir in Wedel aufgrund einer budgetär eingeschränkten Situation aktuell nicht bereitstellen."

Rist-Herren kalkulieren in der Pro B mit vergleichsweise niedrigem Etat

In der Tat kalkulieren die Rist-Herren in der dritthöchsten Basketball-Spielklasse mit einem vergleichsweise niedrigen Etat im mittleren fünfstelligen Euro-Bereich. Andere Pro-B-Klubs sind da finanziell wesentlich besser aufgestellt, geradezu als Gegenentwurf kann der SC Rasta Vechta gelten, der 2011/12 mit dem ehemaligen Rist-Headcoach Patrick "Pat" Elzie den Aufstieg in die Pro A schaffte. Im Oldenburger Münsterland deckt ein Sponsor nicht nur den erforderlichen Etat für die Teilnahme am Spielbetrieb der zweithöchsten Liga ab (mindestens 350 000 Euro), sondern ermöglichte zudem den Bau einer neuen Heimspielstätte (Rasta-Dome), der 1900 Zuschauern (geforderte Mindest-Kapazität: 1500) Platz bietet. Ebenfalls Vorteile gegenüber dem SC Rist haben Mannschaften, die Kooperationspartner eines Bundesliga-Teams sind, wie etwa die Baskets Braunschweig.

Bislang jedoch war es dem SC Rist stets gelungen, diese Nachteile wettzumachen, etwa durch den Einsatz talentierter Nachwuchsspieler oder die Verpflichtung spielstarker, aber nicht allzu teurer externer Akteure. Özhan Gürel ist denn auch sicher, dass er für die kommende Saison erneut einen konkurrenzfähigen Kader zusammenbekommen hätte. Die Entlassung durch den Vorstand sei für ihn überraschend gekommen, zudem vermisse er eine schlüssige Begründung dafür. Dass das Wedeler Aufgebot für die kommende Spielzeit in der 2. Bundesliga Pro B Nord derzeit nur knapp zehn Akteure umfasse, sei nicht seine Schuld: "Ich habe mich ständig um neue Spieler bemüht." Bitter sei es für ihn, sich nicht umgehend nach einem neuen Trainerposten in der Pro B umsehen zu können. "Mein Studium in Hamburg endet erst Anfang kommenden Jahres."

Das Training der Wedeler Pro-B-Basketballer hat derweil zunächst interimistisch Rist-Jugendkoordinator Sebastian Gleim übernommen. Der 28 Jahre alte gebürtige Hesse kam 2009 aus Bremerhaven, um Özhan Gürel als Co-Trainer des Pro-B-Teams zu assistieren. Unvergessen dürfte den Fans des SC Rist die Breakdance-Einlage sein, die Gleim nach dem letzten Zweitliga-Spiel der Saison 2010/11, dem Sieg im dritten Playdown-Vergleich mit den Baskets Konstanz - und dem damit verbundenen Klassenerhalt - im Mittelkreis der Steinberghalle zeigte.

Jetzt ist Sebastian Gleim nicht abgeneigt, erneut Verantwortung beim Topteam des SC Rist zu übernehmen, nachdem der Vorstand auf ihn zugekommen sei ("Der Verein liegt mir am Herzen."). Noch in dieser Woche wolle er sich mit den Veramtwortlichen des Wedeler Klubs zusammensetzen, "um die aktuelle Kadersituation zu analysieren und zu schauen, was möglich ist".

Zu bedenken gibt Gleim dabei allerdings, dass er in Sachen Basketball schon jetzt nahezu ausgelastet ist. Zu den Pflichten als Vereins-Jugendkoordinator kämen die als Trainer der zweiten Herrenmannschaft (2011/12 Vizemeister der 2. Regionalliga Nord) und des U16-Jugend-Bundesligateams Piraten Hamburg sowie die Leitung eines Schulprojekts des SC Rist, das Kinder und Jugendliche für Basketball im Verein begeistern soll.

Trotz dieser Fülle von Aufgaben würde er aber versuchen, einstweilen oder auch über einen längeren Zeitraum bei der Zweitliga-Mannschaft zu engagieren, die für ihn absolute Priorität besitzt: "Von der Pro-B-Zugehörigkeit hängt alles ab, auch die Projeke der Jugend-Bundesligen NBBL, JBBL und WNBL."

Um weiter Leistungsnbasketball in Wedel zu garantierten, muss aber zunächst einmal der Kader der Pro-Mannschaft aufgestockt werden. Welche Akteure noch kurzfristig zum Aufgebot stoßen könnten, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Verfügbarkeit der Spieler und von deren finanziellen Vorstellungen.

Eines allerdings steht schon jetzt vollkommen außer Zweifel: Allzu viel Zeit bleibt den Wedelern nicht mehrt, sich auf dem Spielermarkt umzuschauen. Schon am 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit) steht bei Aufsteiger Oldenburger TB (Basketball-Akademie Weser/Ems) das erste Pro-B-Punktspiel der Saison 2012/13 an.