Thomas Tribius gönnte sich wie die meisten Teilnehmer des fünften 24-Stunden-Laufs keine Ruhepause. Er lief 191, 163 Kilometer.

Schenefeld. Als Usain Bolt mit seinen Staffel-Teamkollegen aus Jamaika bei den Olympischen Spielen in London zu Gold über 4 x 100 Meter sprinten, war Thomas Tribius schon einige Stunden zu Fuß unterwegs. Und als dann am späten Abend Deutschlands Hockey-Herren die Niederlande im Finale mit 2:1 besiegen, da läuft Thomas Tribius immer noch im Kreis herum. Auch als gegen vier Uhr morgens die Queen Mary 2 in den Hamburger Hafen dampft, joggt Thomas Tribius immer noch.

Erst als manche Langschläfer mit einem späten Frühstück beginnen, hat es der Hamburger wie alle übrigen Teilnehmer des 24-Stunden-Laufes im Schenefelder Stadion Achter de Weiden fast geschafft: Um Punkt 12 Uhr mittags ist endlich Schluss. Hinsetzen oder hinfallen, wo Mann oder Frau, Einzelkämpfer oder Staffelläufer sich gerade auf der 400-Meter-Runde im Stadion Achter de Weiden befindet. Nun ist die Zeit der Kampfrichter gekommen, die mit Maßbändern die zurückgelegten Entfernungen akribisch ermitteln.

Geburtstagskind stützt sich nach 191, 163 Kilometern schwer auf Walking-Stöcke

Später stützt sich Thomas Tribius schwer auf Walking-Stöcke. Er ist müde, geschafft, schlicht kaputt. "Los, setz dich hin", fordert ihn sein kleiner Sohn auf, der einen Campingstuhl angeschleppt hat. Aber Thomas Tribius will erst nicht, denn: "Dann komme ich nicht mehr hoch." Schließlich aber nimmt er doch Platz, nachdem er zuvor doch 191,163 Kilometer zurückgelegt hatte, massiert im Sitzen kurz sein rechtes Knie und sieht dabei trotz aller Strapazen glücklich aus.

+++ Einmal wie ein Profi strampeln +++

Er wirkt wie ein Geburtstagskind, das im Kreise zahlreicher Gratulanten feiert und ein wirklich tolles Präsent bekommen hat. Und tatsächlich ist Thomas Tribius in der Nacht des 24-Stunden-Laufes im Schenefelder Stadion Achter de Weiden in sein 49. Lebensjahr hinein gelaufen. "Es war ein schönes Geschenk", sagt Tribius, obwohl er direkt nach dem Rennen um mehr als nur ein Jahr gealtert erscheint.

Womöglich hätte er sich noch mehr Freude bereitet, wäre er das Rennen nicht zu schnell angegangen. 24 Stunden können denn doch sehr lang werden - vor allem dann, wenn man schon nach vier Stunden die erste Krise bekommt. "Insofern bin ich froh, dass ich durchgelaufen bin", sagt Thomas Tribius. Etwas habe bei ihm mit der Energiezufuhr nicht gestimmt, berichtet er, schließlich sei das eine komplexe Sache, wenn man so lange laufe. "Die Menge entscheidet, denn der Magen ist bei so einer Belastung nicht darauf vorbereitet. Isst man zu wenig, fehlt es an Kraftstoff, isst man aber zu viel, schafft das der Magen nicht", erläutert er, während er das kleine Geschenk auspackt, das er von den Veranstaltern bekommen hat: Es handelt sich um Schokolade.

Ein paar Campingstühle weiter streckt derweil Sieger Norbert Ebbert die Beine von sich. 53 Jahre ist er alt und eigens aus Hessen gen Norden gereist, um in Schenefeld 207,675 Kilometer zurückzulegen. Nun ist er voll des Lobes für den Veranstalter, die Leichtathletik-Abteilung von Blau-Weiß 96: "Das haben die Organisatoren hier sehr schön gemacht."

An langes Verschnaufen ist für Norbert Ebbert aber nicht zu denken: Ende September wird er in Griechenland auch noch den Spartathlon laufen, jenes 246 Kilometer lange Rennen von der Akropolis in Athen bis nach Sparta, das seit 1983 Lauf-Verrückte aus aller Welt anlockt. Schenefeld war daher eine Art Vorbereitung für den Ultra-Langstreckenläufer.

Thomas Tribius seinerseits ist der Auffassung, dass der 24-Stunden-Lauf eine faszinierende Disziplin sei. "Da kann man sehen, aus was man gemacht ist", stellt der Akademiker fast philosophisch fest.

Achter-Staffel der LG Wedel-Pinneberg verbessert Veranstaltungsrekord

Nicht alle sind so harte Kerle wie der Hamburger. Manche versuchen es deshalb lieber gleich als Team. Konstantin Albrecht, Timo Hörburger, Kevin Wädt, Moritz Rummelhagen, Thomas Oertl, Eugen Wittner, Nils Heinsohn und Hannes Hettfleisch haben sich diesen Tag geteilt und nach 24 Stunden einen Veranstaltungsrekord aufgestellt: 356,883 Kilometer haben sie zusammen zurückgelegt.

Dabei hat Hannes Hettfleisch es sich nicht nehmen lassen, zwischendurch eine Stunde komplett allein zu laufen, wo doch sonst nach maximal zwei Kilometer gewechselt wurde. Zwischen fünf und acht Uhr morgens sei die schwerste Zeit gewesen, räumt Heinsohn ein. Kein Wunder, ist dies doch in der Regel die frühe Stunde, zu der die Nachtschwärmer nach Hause kommen und einfach ins Bett fallen statt Athleten beim Laufen anzufeuern. Im Stadion Achter de Weiden war die Laufparty zu dieser Zeit noch in vollem Gange.